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! BILDER !
2009

16. INTERNATIONALES FILMFEST OLDENBURG

Highlights (Langfilme):
- Life is Hot in Cracktown (R: Buddy Giovinazzo, USA 2009, 102 min)>
- Polytechnique (R: Dennis Villeneuve, CAN 2009, 77 min)
- Distanz (R: Thomas Sieben, D 2009, 82 min) --- !!! JURYPREIS !!! ---
- Last Stop 174 (R: Bruno Barreto, BRA 2008, 110 min)
- Make Yourself at Home (R: Soopum Sohn, USA/ROK 2008, 90 min)
- Vengeance (R: Johnnie To, HK/F 2009, 108 min)
- Dirty Mind (R: Pieter Van Hees, B 2009, 102 min)
- Don't look back (R: Marina de Van, F/ITA/LUX/B 2009, 110 min)

- Pontypool (R: Bruce McDonald, CAN 2008, 96 min) ... bereits auf dem Fantasy Filmfest gesehen

Highlights (Kurzfilme):
- nur einen KF gesehen und der war nix

Annehmbar (Langfilme):
- Uncertainty (R: Scott McGehee, David Siegel, USA 2008, 106 min)
- Made in China (R: Judith Krant, USA 2009, 86 min) --- !! PUBLIKUMSPREIS !!! ---
- Dolan's Cadillac (R: Jeff Beesley, UK/USA 2009, 89 min)
- Staten Island (R: James DeMonaco F/USA 2009, 95 min)
- Stay Cool (R: Michael Polish, USA 2009, 110 min)
- MR73 (R: Olivier Marchal, F 2008, 120 min)
- I sell the Dead (R: Glenn McQuaid, USA 2008, 85 min)

Flops (Langfilm):
- NO-DO: The Beckoning (R: Elio Quiroga, ESP 2009, 94 min)
- Colour from the Dark (R: Ivan Zuccon, ITA 2008, 92 min)
- Must Love Death (R: Andreas Schaap, D 2009, 90 min)
- Offspring (R: Andrew van den Houten, UK 2009, 100 min)

- Wüstenblume (R: Sherry Horman, D/A/F 2009, 120 min) ... bereits auf einer PV gesehen

Flops (Kurzfilm):
- Liminal (R: Stephen Keep Mills, USA 2008)

ohne Bewertung, da nicht komplett gesehen (Langfilm):
- Dona Flor and her two Husbands (R: Bruno Barreto, BRA 1976, 110 min) ... Filmkopie ohne Untertitel !
- Snow White and Russian Red (R: Xawery Zulawski, PL 2009, 108 min) ... Die ersten 20 Min verpasst wegen techn. Problemen in anderem Kinosaal und dadurch verursachter Überschneidung mit Startzeit des polnischen Films; dann minutenlange Tonstörung !

Statistik:
Internationale Reihe: 19 Filme (darunter sieben deutsche Produktionen)
Independent Reihe: 13 Filme (darunter fünf deutsche Produktionen)
Tribute Siegel / McGehee: 04 Filme
Retrospektive Bruno Barreto: 07 Filme
Midnite Xpress : 05 Filme
Dokumentarfilm : 03 Filme


Macht summa summarum 51 Langfilme (plus 25 Kurzfilme), die beim diesjährigen Filmfest gezeigt wurden.



>> FILMFEST-BLOG <<

Nach zwei Jahren Pause war es an der Zeit dem Filmfest im Norden mal wieder einen Besuch abzustatten. Und es hat sich kaum etwas verändert. Ok, es gibt nun ein paar Abspielort mehr - in der Kulturetage mittlerweile zwei (CineK und Ullmanns-Lounge-Kino). Ansonsten die JVA (der Knast), die Exerzierhalle, das Banken-OLB-Kino und das Multiplex Cinemaxx mit seinen vier vorgesehenen Kinosälen. Man liest die Namen der Gästeliste und sieht die Gesichter von vielen Bekannten wie Peter Lohmeyer, Seymour Cassel, John Gallagher oder RP Kahl. Das mutet dann fast schon wie ein jährliches Klassentreffen an. Und bei 51 Langfilmen und Werken nicht nur aus den USA und Deutschland verspricht auch das diesjährige Programm einen lohnenswerten Zeitvertreib und interessante Filme. Und viele Partys gibt es auch. Wer aber sowohl als auch im persönlichen Fahrplan unterbringen will braucht viel Kondition. Denn die Müdigkeit lauert überall ... insbesondere bei langweiligen Filmen.

16.09.09 - Tag 1: Wüstenblume eröffnet das Festival (Bilder)
Ein Menschenauflauf vor dem Oldenburger Staatstheater. Zunächst einmal viele Journalisten, die mit High-Tech-Blitzapparaten bewaffnet am roten Teppich warten um die Ehrengäste abzulichten, die in schwarzen Limousinen vorfahren werden. Schon normal, dass sich ein paar Demonstranten dazugesellen um die Medienaufmerksamkeit auch für sich zu nutzen (diesmal wollten sich die Bühnenarbeiter des Staatstheaters selbst Gehör verschaffen). Doch sobald der erste VIP-Shuttle vorfährt ist alles andere nebensächlich und das Ringen um Knipspositionen geht los. Geduldig stehen die Gäste bereit um sich dem Blitzlichtgewitter auszusetzen, vermutlich wohlwissend, dass die Hälfte der Fotografen keine Ahnung hat, wen sie da ablichten. Who cares, it's still fun. Ja beim Independent Film geht's anonymer zu. Sally Hawkins kennt man aus "Happy-Go-Lucky. Sie ist im übrigen nicht da. Regisseurin Sherry Hormann muss ihren Film alleine vorstellen. "WÜSTENBLUME" ist ein mitunter recht melodramatischer Film um eine ernstes Thema: Die Beschneidungspraktiken von jungen Mädchen. Die Geschichte beruht auf den Erlebnissen des Topmodels Waris Diries. In Venedig lief der Film bereits, auch die Pressevorführungsrunde ist schon abgeschlossen. Schließlich ist der Film ab 24.09. bundesweit in den Kinos zu sehen.

17.09.09 - Tag 2: Zwei gute, zwei schlechte und die erste Panne
Die erste Pressevorführung ist um 11.00h angesetzt. Auf dem Plan steht ein Film aus der Retrospektive Bruno Baretto. Der brasilianische Regisseur landete 1976 mit "DONA FLOR AND HER TWO HUSBANDS" einen Riesenhit im Heimatland. In der Hauptrolle Sonia Braga, die 1985 durch "Der Kuss der Spinnenfrau" auch international bekannt wurde. Leider wurde die Filmkopie von "Dona Flor" ohne Untertitel geliefert, d.h. wer des portugiesischen nicht mächtig ist beschränkt sich auf die Bilder oder streicht die Segel. Ärgerlich zudem, dass die erstaunlich gut erhaltene 35mm-Kopie falsch projiziert wurde. Mit halb angeschnitten Köpfen lässt sich kein Film genießen (eine Ersatzkopie mit englischen oder deutschen Untertiteln konnte im übrigen nicht aufgetrieben werden). Insgesamt sieben Filme von Baretto stehen im Festivalplan, angeblich soll "The Story of Fausta" auch ohne Untertitel gescreent worden sein. Schade.

Die zweite Pressevorführung mildert den holprigen Start ins Festival, denn "LIFE IS HOT IN CRACKTOWN" ist ein packender Film mit mehreren Handlungssträngen, der verschiedene Personen bei ihrem Alltagskampf im Drogensumpf begleitet. Direkt und kompromisslos beschreibt Regisseur Buddy Giovinazzo (hat auch schon diverse "Tatort"-Folgen gedreht) die widrigen Lebensumstände unter denen sich seine Protagonisten von Tag zu Tag hangeln. Schon die Vergewaltigungsszene zu Beginn des Films macht deutlich, dass es hier um keine verklärte Ghettoromantik geht. Gewalt ist allgegenwärtig in diesem Porträt von Los Angeles. Doch die Figuren, die in ihren nebeneinander montierten Episoden agieren sind nicht eindeutig einer Seite zuzuordnen. Selbst der von Evan Ross verkörperte junge Kriminelle Romeo, der mit seinen Freunden über hilflose Menschen herfällt, sie misshandelt, demütigt und beraubt zeigt Verhaltensweisen, die ihn als Menschen und nicht nur als gnadenlosen Streetgangster zeigen. Einen Hoffnungsschimmer auf ein besseres Leben gestattet uns Giovinazzo aber doch in Gestalt eines Jungen, der mit seiner kleinen Schwester an der Hand aktiv den Ausweg aus der Misere sucht. Kein Film für Zartbeseitete.

Der reguläre Filmfestbetrieb beginnt für manche in der Justizvollzugsanstalt um 15.00h mit dem Screening von "Der verlorenen Sohn". Interessanter erscheint aber das kanadische Thrillerdrama "POLYTECHNIQUE", das gerade erst auf dem Fantasy Filmfest zu sehen war. Gelegenheit also eine Lücke zu schließen. Die Geschichte beruht auf einem tatsächlichen Amoklauf, der 1989 in einer Technischen Hochschule in Montreal stattfand. Regisseur Dennis Villeneuve liefert aus Respekt gegenüber den Opfern und Überlebenden kein punktgenaues Dokudrama lässt aber den Kern des schrecklichen Ereignisses unverändert. Ein Frauenhasser stürmt schwerbewaffnet die Hochschule und schießt ohne Vorwarnung. Neben dem Killer sind ein Student und eine Studentin Zentrum des Geschehens und werden inhaltlich auch entsprechend hervorgehoben. Die verstörend-schockierenden Vorkommnisse werden in schwarz-weiß-Scope-Bildern von einer sich elegant durch die Gänge und Säle schlängelnden Kamera eingefangen. Ein Vergleich mit Gus Van Sants "Elephant" muss Villeneuve nicht scheuen auch wenn Van Sants Film noch etwas bedrückender wirkt.

Die Spanier und ihre Geistergeschichten Teil 567. Was einmal funktioniert hat wird endlos wiederholt. Nicht immer ist das auch spannend. "Das Waisenhaus" konnte qualitativ schon nicht an "Devil's Backbone" oder "The Others" heranreichen. Jetzt versucht sich Elio Quiroga an einem Genrefilm, der die katholische Kirche gar nicht gut aussehen lässt. "NO-DO - THE BECKONING" oder auf DVD bei Eurovideo "Delicium - Im Namen des Herrn" heißt der mühsam und einfallslos vorankriechende Thriller in dem eine Familie in die Ex-Residenz eines verstorbenen Kirchenmannes einzieht und grausame Entdeckungen macht. Genauer gesagt ist es die junge Mutter, die zwischen Wahnvorstellungen, Visionen und Realität nicht mehr unterscheiden kann insbesondere sie ihre tote Tochter vor Augen hat. Außerdem geht es um Kinder, die in der Vergangenheit als Heilsbringer verehrt wurden aber von einigen Priestern einer wenig menschenfreundlichen Überprüfung unterzogen wurden. Die Handlung ist recht konfus wird aber optisch sehr ansprechend verkauft. Insbesondere die Übergänge zu den Flashbacks und altem (gefaktem) Archivmaterial hat seinen visuellen Reiz. Ansonsten ist dieser Fantasy-Geister-Horror-Thriller überflüssig und vergessenswert.

Doch es wird noch schlimmer beim Filmkunst-Horror-Experiment aus Italien. Ivan Zuccon heißt der Macher dieses unsäglichen, digital gefilmten Independentwerkes, das den Teufel aus dem Wasserbrunnen zieht. "COLOUR FROM THE DARK" sei von Lovecraft inspiriert liest man im Pressetext. Die Muse hat Zuccon aber wohl nicht geküsst und Lust auf seine anderen Filme macht das zu vormitternächtlicher Stunde begutachtete Werk auch nicht. Das Setting ist Italien auf dem Lande im Jahre 1943. Eine Jüdin und ein Nazi tauchen im Verlauf der Handlung auf um den zeitlichen Hintergrund zu etablieren. Mehr als History interessiert Zuccon aber das Übernatürliche und importiert dafür die Kanadierin Debbie Rochon als vom Dämon besessene Frau, deren Libido stimuliert und Tendenzen zur (Selbst)Verstümmelung verstärkt werden. Andere Auswirkungen des ländlichen Teufelswassers sind ein geheiltes Bein und außerdem die Wandlung vom stummen zum sätzesprudelnden Kinde.

Vor eineinhalb Jahren gedreht schwärmt Festivalgast Rochon nach dem Screening von ihrer Dreherfahrung, die sie körperlich und emotional sehr forderte. Lob für Zuccon schüttet sie kübelweise aus und bedankt sich bei dem deutschen Lizenzinhaber, weil der den DVD-Release extra verschoben hat um Oldenburg den Premierentitel zuzugestehen. Rochon ist redegewandt und man hört ihr gerne zu und wüsste man es nicht besser, wäre man glatt versucht bald einen Gang in die Videothek zu machen. Doch ein Film mit unterdurchschnittlichen Darstellerleistungen, miesen Spezial-Effekten (Ausnahme: Der Gesichtssplatter im Bett) und einem langweilig inszenierten Plot kann man selbst dem devoten Horrorfan nicht empfehlen. Verleugnen die Darsteller bei der Verkörperung von Italienern (!) ihren irischen und englischen Akzent zudem nicht dann ist das nur lachhaft und Hopfen und Malz verloren. Aber Zuccon musste ja unbedingt auf englisch drehen. Die Gurke des Festivals also früh am späten Abend ausgegraben. Schlimmer kann es ja nicht werden. Oder ?

18.09.2009 - Tag 3: Sechs Filme geplant und eine Kröte ausgespuckt
Ken Duken produziert und spielt. Und das ziemlich gut. "DISTANZ" heißt das geradlinige Porträt eines emotional verkümmerten Einzelgängers, der im Botanischen Garten von Berlin Pflanzen hegt und pflegt, privat aber destruktiv vorgeht und Steine von Brücken auf Autos wirft oder Parkbesucher erschießt. Warum er das macht ist rätselhaft. Regisseur Thomas Sieben lädt uns, den Zuschauer, zum Beobachten ein ohne Erklärungen zu liefern. So wie auch der von Duken verkörperte wortkarge Todesengel Daniel seine Vergangenheit vor den Arbeitskollegen geheim hält. Viele Worte hingegen verliert Jana, gespielt von Franziska Weisz. Sie verliebt sich in Daniel, auch wenn sie den harten Kern scheinbar nicht knacken kann. Es treffen zwei Personen aufeinander, die sich innerlich von der Gesellschaft entfremdet haben, beim Zusammensein, wenn auch nur sporadisch, etwas Lebensglück empfinden. Dank der differenzierten Spielweise von Duken und Weisz ist ein schnelles Urteil über die Figuren nicht möglich. Wie auch bei Giovinazzos Epsiodendrama "Life is hot in cracktown" ist hier nicht alles schwarz und weiß sondern grau. Das Leben hat nicht immer Erklärungen parat und Liebe ist kein Allheilmittel. Sehenswertes Drama aus deutschen Landen (Anm.: Der Film wurde am Sonntag von der internationalen Jury mit dem German Independence Award - Bester deutscher Film gekürt. Preisgeld: 8.000 Euro).

Wie die Kindheit das spätere Leben prägt zeigt der brasilianische Film "LAST STOP 174" von Bruno Barreto. Darin wird bezug genommen auf eine Busentführung im Jahre 2000 durch einen 17jährigen jungen Mann. Bis der Film aber dahin kommt ist bereits ¾ der Spielzeit vergangen, denn Baretto und Drehbuchautor Mantovani interessieren die Hintergründe der Tat. Zunächst werden zwei Handlungsstränge separat geführt und die Geschichte von zwei Jungen erzählt - Alessandro und Sandro. Der eine wurde seiner cracksüchtigen Mutter schon als Baby entrissen, der andere verlor seine Mutter in jungen Jahren als die bei einem Raubüberfall ermordet wurde. Beide landen auf der Straße, dem Knast, sind erst Feinde, dann Freunde und machen als Kleingangster Karriere - bis Sandro merkt, dass es nicht das Leben ist das er will. Außerdem erhält er die Chance bei einer Frau unterzukommen, die ihn irrtümlich für den vermissten Sohn hält. Wer "City of God" und "Tropa de Elite" gesehen hat, beide aus der Feder von Mantovani, der kann schon erahnen, dass auch "Last Stop 174" kein Favela-Märchen ist sondern recht überzeugend und äußerst packend die Geschehnisse in den von Kriminalität beherrschten Armutsvierteln Rio de Janeiros wiedergibt. Leider wurde der Film in Oldenburg nicht als 35mm-Filmkopie sondern als Digitalprojektion mit deutschen Untertiteln gezeigt. Das liegt wohl daran, dass der Film im Rahmen der Filmfest-Nacht im Staatstheater gezeigt wird. Da sind die technischen Möglichkeiten begrenzt. Ärgerlich für die Filmfans. Die deutsche DVD demnächst von Eurovideo.

"MAKE YOURSELF AT HOME" bedeutet nicht Rumlümmeln im Foyer des Oldenburger Staatstheaters sondern der Titel des Langfilmdebüts vom in New York lebenden Koreaner Soopum Sohn, der seine Mischung aus Culture-Clash, Thriller, Liebesdrama, Komödie persönlich vorstellt und dazu auch noch seinen Darsteller Arno Frisch mitbringt. Es geht um eine Koreanerin (Song Hye-kyo, MyGirl and I), die ihrem Ehemann ins fremde Amerika folgt und Schwierigkeiten hat sich an ihren neuen Lebensort und herrschende Gepflogenheiten zu gewöhnen. Ihr Mann und dessen Mutter sind längst etabliert und das Nachbarehepaar von nebenan gute Freunde. An die klammert sich dann auch unsere Protagonistin und nimmt die Gastfreundschaft viel zu wörtlich als ein Drogenvorfall die fragile Eingewöhnungszeit erschüttert. Ungewöhnlich aber interessant gestaltet sich der weitere Handlungsverlauf, der sich weitgehend in den Räumen der beiden benachbarten Häuser abspielt. Sohn scheut die Untertitel nicht, denn neben Englisch wird auch Koreanisch gesprochen, was in manchen Momenten auch äußerst komisch wirkt, weil Mimik und Sprache inhaltlich nicht zusammenpassen. Als Storygerüst wird das religiös-magische Phänomen des Schamanismus bemüht, was dem Ganzen eine besondere Note gibt. Seelenwanderung als Möglichkeit den eigenen toten Körper gegen einen lebendigen auszutauschen. Spooky! Das Q&A mit dem Regisseur war eher mühsam, da sprachliche Barrieren auf beiden Seiten wohl so manchem Zuschauer die Zunge lähmten. Interessanterweise war es aber für Sohn, der auch selbst am Drehbuch mitschrieb, einfacher sein Script auf Englisch zu schreiben.

Ein Gangsterfilm von Hong-Kong-Regiemeister Johnnie To auf dem Festivalplan zu entdecken weckt hohe Erwartungen. Nicht alles was To anfasst wird zu Gold, doch wenn er sich ins kriminelle Milieu begibt, dann macht er meist alles richtig. Schon 2004 war Tos Medienkritik "Breaking News" auf dem Oldenburger Filmfest zu sehen. Jetzt also ein Wiedersehen mit seinem neuesten Werk "VENGEANCE", in dem er dem altbekannten vielfach verwendeten Rachethema einige interessante und amüsante Aspekte abgewinnen kann. Außerdem holt er den französischen Altstar und Rockmusiker Johnny Hallyday (seit den 60ern über 70 Platten veröffentlicht!) aus der internationalen Filmversenkung und gibt ihm die Möglichkeit mehr als nur Gesichtsfalten zu zeigen. Seine Figur nennt sich Costello, er ist Ex-Killer (vor 20 Jahren!), jetzt Chefkoch und besitzt ein Nobelrestaurant an der Champs-Élysées. Doch das bedeutet ihm alles nichts mehr als seine Tochter mit dem Tode ringt, Schwiegersohn und die beiden Enkelkinder bereits im Leichenschauhaus liegen. Fremd in Macau und der Sprache nicht mächtig engagiert er drei ortskundige chinesische Profikiller, die die Schuldigen samt Auftraggeber finden und aus dem Weg räumen sollen. Wie auch in Tos "Exiled" finden sich hier gestylte Shoot-outs, lakonischer Humor und Gangster mit Stil, die keine Schlächter sind sondern noch Ganovenehre kennen und Zeit haben für ein gepflegtes gemeinsames Mittagessen. Mit dabei altbewährte Kräfte aus zahlreichen To-Filmen wie Anthony Wong, Lam Suet und Simon Yam. Nicht Tos bester Film aber ein verdammt guter.

Ein Problem, das schon von früheren Festivaljahrgängen bekannt ist, ist die z.T. schlechte zeitliche Abstimmung zwischen den Filmstarts. Die Hauptschiene des Programms ist mit 13.00 / 15.00 /17.30 / 20.00 / 22.00 / 00.00 Uhr bestückt, doch nicht immer ist die Filmauswahl bzgl. der Filmdauer glücklich gewählt. Zum anderen weichen allein im Spielort Cinemaxx jeden Tag mindestens 4 Filme davon ab und beginnen später oder früher. Ist dann noch ein Kurzfilm mit im Programm und wird nicht pünktlich mit der Vorstellung begonnen, dann sieht es für den gewählten Anschlussfilm mit verbundenem Kinowechsel schlecht aus. Da nutzt es dann auch nichts, wenn man sich während des Festivals nur auf den Besuch des Cinemaxx beschränkt. Besonders bekommt man das an diesem Freitag zu spüren als Tos "Vengeance" inklusive Kurzfilm vorneweg erst um 22.10h mit dem Abspann beginnt. Den spart man sich gezwungenermassen. Und Johnnie To weilt vermutlich eh' noch in Toronto. Angekündigt war er ohnehin nicht. Also raus aus dem Saal und rüber zur Vorstellung vom belgischen Beitrag "Dirty Mind", der für 22.00h gebucht war aber dank technischer Probleme beim Vorgängerfilm erst 22.50h beginnt. Diese Verzögerung hat natürlich Auswirkungen auf den 0.00h Film. "SNOW WHITE AND RUSSIAN RED" aus Polen beginnt zwar auch später aber läuft schon 20 Minuten als "Dirty Mind" mit dem Abspann beginnt. Das folgende Q&A mit Regisseur Pieter Van Hees wäre mit Sicherheit die bessere Option gewesen, denn gerade als man versucht sich mit der durchgeknallten Handlung des polnischen Films anzufreunden (der glatzköpfige Protagonist spricht auch mal eindringlich mit seinem Geschlechtsteil !) beginnt eine Tonstörung, die sich minutenlang hinzieht und dem abwesenden Filmvorführer natürlich nicht auffällt. Bis der aber gefunden ist ist die Lust auf den Film vergangen. Später hat sich die Tonstörung dann noch mal wiederholt. Ein ärgerlicher Abschluss des Filmtages.

Doch zurück zu "DIRTY MIND", denn dieser Film verdient es gesehen zu werden. Was man so in letzter Zeit aus dem BeNeLux-Eck zu sehen bekommt ist überhaupt äußerst interessant, man denke an "Loft" und "Nothing To Lose". Pieter Van Hees war letztes Jahr mit seinem Beitrag "Left Bank" in Oldenburg und präsentiert jetzt Teil 2 einer inhaltlich nur vage zusammenhängenden Trilogie. Es geht um den Durchschnittstypen Diego, der als Techniker im Stuntteam von Bruder Cisse im Hintergrund arbeitet, die Mädels daher kaum Notiz von ihm nehmen. Das ändert sich als er bei einem Stunt einspringt und - daneben springt. Statt gebrochenen Knochen und einer Gehirnerschütterung, die bis zum Lebensende anhält, wird Diego zu Tony T. dem halsbrecherischen Actionhelden und Hengst im Bett, dem die Frauen zu Füssen liegen - selbst die neue Freundin seines Vaters schmeißt sich unverblümt an ihn ran. Absurd, grotesk, witzig und völlig durchgeknallt wird die Geschichte umso mehr als Wissenschaftler versuchen ihn wieder zum alten Diego zu machen und den "umgelegten Hirnschalter" am besten gleich patentieren wollen. Dazu begleitet ihn zur Evaluation die hübsche Doktorin Jaana bei seinen Alltags- und Berufshandlungen und versucht dem rauen Charme des Stunthelden zu wiederstehen. Das Umfeld des zum Egomanen mutierten Tony/Diego findet das alles aber nicht mehr so lustig. Als 35 mm-Kopie wird uns der Film im Scope-Format präsentiert, das grobkörnige Bild lässt aber vermuten, dass es sich hier um ein 16mm-Blow-up handelt. Spaß macht der einfallsreiche Film aber auf jeden Fall.

To be continued...
Markus Klingbeil. 21./23.09.09
 
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih