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Fantasy Filmfest 2010

Genrefilme im Kino. Zum 24.Mal.
Von deftigem Horror bis spannendem Thriller.

Wie auch letztes Jahr werden knapp 40 Filme unterschiedlichster Art auf dieser Seite in den nächsten Tagen in der Kürze besprochen. Einige der gezeigten Werke sind schon an anderer Stelle aufgeführt worden und in die Zweitverwertung übergegangen. Die konnte man sich quasi als Einstimmung vorher auf DVD ansehen. Manche Kurzkritik des Festivalprogramms wird später auch in eine Langkritik umgewandelt. Impressionen von der großen Leinwand des Innenstadt-Kinos Metropol in Stuttgart gibt's ab 01. Seprember.

*FilmFestivalBlog*

Vorspiel:

TAG 1 (Mittwoch, 01.09.2010)

The Pack (R: Franck Richard)
Eine junge Frau nimmt einen Anhalter mit, macht Rast in einem ländlichen, etwas abgelegenen Gasthaus und fällt in die Hände einer psychopatischen Dame. Die Geschichte, die uns hier aufgetischt wird haben wir in diversen Varianten schon gesehen. Da produziert diese belgisch-französische Co-Produktion keine wesentlich neuen Ideen. Später kommt dann noch eine Wendung, die dem Film aber auch keine interessanten Impulse gibt. Eine rechte Spannung kommt nie auf. Immerhin stimmt die Besetzung mit der renommierten Yolande Moreau als fieser Mutti, die alles für ihre Söhne tut, Emilie Dequenne als toughe Einzelgängerin mit Herz und tätowierten Fingerknöcheln sowie dem 71-jährigen Philippe Nahon - diesmal aber nicht als Schurke. Das Regiedebüt von Franck Richard überzeugt letztendlich nicht hat aber immerhin einen ziemlich derben Witz auf Lager, der im Gedächtnis haften bleibt.

Hybrid 3 D (R: Eric Valette)
Was für ein Murks wird uns hier serviert, wieder mal co-finanziert von Stupid German Money wie es die Amis gerne ausdrücken. Es geht um einen Bioorganismus, der mittlerweile so weit entwickelt ist, dass er sich in ein fahrtüchtiges Auto verschiedener Marken verwandeln kann. So infiltriert das Wesen eine Autowerkstatt die kurz vor der Auflösung ist. Abgelegen im Industriegebiet liegt dieses Lagerhaus und eine handvoll untalentierter Darsteller versuchen ein spannendes Duell auf Leben und Tod zu initiieren. Klappt aber nicht, denn erstens bekommt man blöde Dialoge um die Ohren gehauen und zweitens muss man mit ansehen wie sich die Protagonisten wieder mal gegenseitig das Leben schwer machen. Die Charaktere sind oberflächlich gezeichnet und wecken keinerlei Sympathie beim Betrachter. Nach und nach wird das Personal ohnehin dezimiert. Interessiert aber schon bald nicht mehr, denn ohne Suspense fehlt der Reiz am Mitfiebern. Vielmehr wirkt dieser in Kanada gedrehte Film wie ein B-Movie, das man am liebsten nach 10 Minuten wieder abschalten möchte. Für tötende Autos empfiehlt sich die erneute Sichtung von John Carpenters "Christine".


TAG 2
(Donnerstag, 02.09.2010)

The Ape (R: Jesper Ganslandt)
Ein Mann wacht eines morgens blutverschmiert in seiner Wohnung auf. Etwas schreckliches muss passiert sein doch was es genau ist erfährt der Zuschauer nur häppchenweise. Zunächst aber versucht sich der Mann, ein Fahrlehrer, mit Alltagsdingen abzulenken. Die Fahrstunde bricht er ab, geht lieber Tennis spielen aber seine innere Unruhe, seine Angespanntheit ist in seinen Gesichtszügen und in seiner Gestik deutlich zu sehen. Der Film wirkt fast wie eine Realitydokushow, denn eine Kamera verfolgt den Protagonisten auf Schritt und Tritt. Als Zuschauer wissen wir nur das was wir während des Tages bei der Begleitung des Mannes erfahren. Bei seinem zweiten Spielfilm verzichtet Regisseur Ganslandt auf Erklärungen, geht nicht auf die Motive des Mannes ein, schafft eine Spannung auch gänzlich ohne musikalische Unterlegung der Szenen. Dieser nüchterne, realistische Ansatz und der ständige Gebrauch der Handkamera dürften manchen wohl abschrecken, aber Hauptdarsteller Olle Sarri spielt den Durchschnittstyp so gut, dass man den Film nur empfehlen kann.

Hidden (R: Pal Oie)
Der Tod seiner verhassten Mutter veranlasst Kai Koss zur Rückkehr in seinen Heimatort. Dort steht auch das Haus in dem er seine Kindheit verbrachte und das er jetzt geerbt hat. Die Ortsansässigen freuen sich gar nicht über seine Anwesenheit, bald geschehen mysteriöse Dinge im verfallenen Haus und die ersten Menschen sterben. Die Frage ist jetzt folgende: Ist Kai getrieben durch seine Dämonen dem Wahnsinn verfallen, deshalb auch der Täter oder wird ihm nur übel mitgespielt ? Selbst wenn inhaltlich alles weniger überraschend ist als gewollt fällt dieser norwegische Beitrag vor allem durch seine schöne, elegante Bildsprache auf, die eine stimmungsvolle Atmosphäre schafft. Kristofer Joner, der auch in dem Thriller "Next Door" schon mit der Unterscheidung von Realität und Fiktion zu kämpfen hatte, liefert eine überzeugende Vorstellung als verstörter Heimkehrer mit mysteriöser Vergangenheit. Von der kann sich der Zuschauer nur langsam ein vollständiges Bild machen. Die Auflösung des Falles dürfte erfahrene Genrefans nicht überraschen.

Devil's Playground (R: Mark McQueen)
Eine Medikamententestphase mit 30.000 Probanten läuft schief. Zum Vertuschen ist es zu spät, denn die Teilnehmern mit unerwarteten Nebenwirkungen greifen Menschen an und töten sie - eine zwanghafte Handlung, die nur mit der Kugel im Kopf ad acta gelegt werden kann. Problem nur, dass sich immer mehr Leute durch den Biss infizieren und so gleicht London bald einem Katastrophengebiet. Wie es das Genre so will findet sich eine Gruppe unterschiedlicher Typen zu einer Notgemeinschaft zusammen und versucht gemeinsam zu entkommen. Was der Brite Mark McQueen in seinem Spielfilmdebüt zeigt ist also von der bekannten Sorte, nur sind diese zombieartigen Killer noch einen Tick schneller und akrobatischer in der Fortbewegung als im Dawn-of-the-Dead-Remake. Das gibt aber trotzdem ausführlich Gelegenheit für Brutalosequenzen mit Splattereffekt, schauspielerisch gesehen ist die Geschichte aber sehr dürftig inszeniert. Der grobschlächtige Craig Fairbrass als Leader überzeugt kaum, Danny Dyer als problembehafteter Ex-Cop ist ein Totalausfall und Jaime Murray bleibt als verwöhnte Tussi ebenfalls blass. Es riecht stark nach B-Movie, dafür liefert dieser Independentstreifen immerhin noch passable Unterhaltung.

The Last Days of Emma Blank (R: Alex von Warmerdam)
Aus den Niederlanden kommt diese herrlich schwarze Komödie von Alex von Warmerdam, der auch selbst eine der Hauptrollen in diesem Ensemblestück übernimmt. Es geht um Emma Blank, ein Miststück im gesetzten Alter, die auf den Tod wartet. Bis dahin terrorisiert sie aber ihre Hausangestellten, die mit ihr in einer riesigen Villa leben. Fünf Personen müssen springen, wenn Frau Blank ruft und einer davon spielt einen Hund (!) mit all den bitteren Konsequenzen. Warum sich diese Angestellten all dies gefallen lassen und wie sie zueinander stehen ... das herauszufinden ist ein Grund den Film aufmerksam zu verfolgen. Der zweite ist der Unterhaltungsfaktor, der sich bei dieser Aneinanderreihung skurriler Szenen automatisch einstellt. Wenn dann das Motiv endlich enthüllt ist dann geht es aber mit einigen Überraschungen noch einmal richtig rund. Den eigenwilligen Humor unserer Nachbarn muss man einfach lieben. Neben dem Regisseur selbst tritt in dieser Komödie übrigens auch seine Ehefrau Annet Malherbe vor die Kamera. Als das der Liebe nachjagenden trotzige Zimmermädchen bezaubert die 24-jährige Eva van de Wijdeven.

Detour (R: Severin Eskeland)
Aus Norwegen kommen immer wieder mal interessante Genrefilme. Ein gutes Beispiel ist "Detour" bei dem ein junges norwegisches Pärchen in die Hände einer schwedischen Familie gerät, die nicht so freundlich ist wie es den ersten Anschein hat. Hinterwälderhorror, das Grauen in abgelegenen Orten wird ja mittlerweile von Filmemachern aller Länder verarbeitet. Regisseur Eskeland macht das nach zahlreichen Horrorkurzfilmen nun auch im Langformat ist aber schlau genug nicht einen mit Ekelszenen bestückten Beitrag zum Torture-Porn abzuliefern sondern ehrlich bemüht ohne Hast eine spannende Geschichte zu erzählen. Mit Marta Cristensen und Sondre Krogtoft Larsen als sympathische Alkoholschmuggler ist dieser Horroralbtraum zudem gut besetzt, daher lohnt es sich auch Zeit in die Beschreibung der Charaktere zu investieren. Aber keine Sorge, aus Heavy Metal und Alkohol wird im letzten Drittel ein fieser blutiger Thriller mit einigen Überraschungen.

TAG 3 (Freitag, 03.09.2010)

Ip Man 2 (R: Wilson Yip)
Der Kult um den Lehrmeister von Bruce Lee geht weiter. Wir schreiben das Jahr 1950 und befinden uns in Hong Kong. Donnie Yen als freundlicher, friedensliebender Ip Man stößt auf Widerstände als er eine Martial-Art-Schule eröffnen will. Also muss sich Yen im direkten Duell mit mehreren Lehrmeistern nacheinander messen um sich als würdig zu erweisen. Bis dahin ist die Geschichte auch recht unterhaltsam, liefert einige spannende, variantenreiche Kämpfe und ein Aufeinandertreffen zweier Kampfsportschwergewichte: Donnie Yen vs. Sammo Hung. Leider nimmt der Film mit dem Auftritt eines großkotzigen britischen Kämpfers (Darren Shalavi) eine allzu patriotische Wendung, erinnert dann mehr an Rocky 4 und verliert an Substanz weil es auch bei den Kämpfen im Boxring an Finesse fehlt. Überhaupt sind alle Briten im Film miese Typen. Im Herstellungsland war der Film ein Boxofficehit auch wenn er weniger abwechslungsreich ist als der erste Teil und damit auch einen geringeren Unterhaltungswert hat. Wer also die klischeehafte dramatische Zuspitzung der Handlung verkraftet erhält ein solides Martial-Arts-Drama.

Metropia (R: Tarik Saleh)
Schwer gewöhnungsbedürftig ist das was uns hier visuell geboten wird. Denn die Menschen in diesem Sci-fi-Film-Noir-Thriller sind proportional etwas seltsam bestückt, hat doch Regisseur Saleh für sein Spielfilmdebüt eine ganz eigenwillige Form gefunden. Wie eine Collage aus Computeranimation und stilisierten Realaufnahmen wirkt diese Bildsprache, die dieser Kriminalgeschichte etwas stark Surreales mitgibt. Der Titelheld, im O-Ton von Vincent Gallo gesprochen, wirkt wie eine verzerrte Version von REM-Sänger Michael Stipe. Er ist fixiert auf die schöne Frau aus der Shampoo-Werbung. Als er die zufällig im riesigen, unberechenbaren Netz der Metro unter all den vielen Menschen trifft gibt sich nach und nach eine Verschwörungstheorie zu erkennen. In was für Probleme unser Held da hineingestolpert ist wird selbst dem Zuschauer nicht immer klar. Zwar wirkt die ganze Geschichte etwas konfus hat aber in gewissem Maße auch seinen Reiz eben durch seinen unkonventionellen Ansatz. Für experimentierfreudige Zeitgenossen einen Blick wert. In weiteren Sprechrollen: Juliette Lewis, Udo Kier, Stellan Skarsgard.

Tucker & Dale vs. Evil (R: Eli Craig)
Ein heißer Anwärter auf die Spaßgranate des Jahres ist ohne Zweifel diese unabhängig finanzierte Splatterkomödie aus Kanada, die das Subgenre des Backwoods-Horror gehörig aufs Korn nimmt. Diesmal haben wir sogenannte Hinterwäldler, die friedliche, unbedarfte Burschen sind ohne irgendwelche mörderische Absichten. Dass sie aber im Verlauf immer mehr in die Klischeerolle gedrängt werden liegt an einer Reihe verdammt komischer Zufälle, Missverständnisse und der überbordenden Fantasie einer Gruppe Collegekids, die den einen oder anderen Teil von "Texas Chain Saw Massacre" wohl zu oft gesehen haben. Je mehr sich Tucker und Dale darum bemühen das richtige zu tun umso mehr Kids verlieren alle ihre Lebensgeister. Dass sowohl die visuellen Gags wie auch die pointierten Sprüche meist prächtig funktionieren liegt an den überzeugenden Stars des Films, Tyler Labine und Alan Tudyk, beide schon seit Jahren im Filmgeschäft aber doch kaum bekannt. Als doch nicht so Klischee-Blondine fügt sich Katrina Bowden (TVs 30 Rock) prächtig ein, während sich Jesse Moss (Final Destination 3) ordentlich austoben kann. Endlich also die richtige Antwort auf Shaun of the Dead!

For the Good of Others (R: Oskar Santos)
Der erste Kinofilm von Oskar Santos ist gleich ein Fantasy/Mysterydrama mit Spaniens Superstar Eduardo Noriega produziert von Alejandro Amenábar. Noriega spielt einen Arzt, der sich auf seiner Station mit den hoffnungslosen Fällen beschäftigt. Eines abends wird er von dem Mann einer Patientin mit der Waffe bedroht und niedergeschossen. Eine Verletzung kann man aber nicht feststellen, was ist also passiert ? Diesem mysteriösen Vorfall folgt bald der zweite. Es geht einem von Noriegas Patienten überraschenderweise besser. Langsam und gemächlich führt uns der Film zu einer weiteren Frage: Hat unsere Protagonist heilende Hände ? Bis das beantwortet ist hat sich das Mysterydrama schleichend in ein Krankenhaus-Melodrama verwandelt und nur die Präsenz von Noriega und seinen guten agierenden Mitspielern retten den Film vor seinem Absturz. Etwas straffer und weniger tränenrührig inszeniert und der Film wäre mehr als nur durchschnittliche Fantasyware, die man nicht gesehen haben muss. In weiteren Rollen spielen Belén Rueda, bekannt aus "Das Waisenhaus" und "Das Meer in mir" sowie Clara Lago in der Rolle der pubertären Tochter.

TAG 4 (Samstag, 04.09.2010)

Stranded (R: Hugues Martin, Sandra Martin)
Algerien 1961. Ein französisches Platoon soll Passagiere aus einem abgestürzten Flugzeug bergen. Am Unglücksort angekommen findet sich kein Überlebender aber dafür ein metallener Koffer, der bis zum Schluss des Films zum Objekt der Begierde wird. Zum wahren Horror für die Franzosen werden dann auch nicht die algerischen Widerständler, die den Weg kreuzen sondern die Djinns, furchtbare Kreaturen der Wüste, die tapfere Machomänner manipulieren und gegeneinander aufhetzen. Spannend ist diese Horrormär aus unserem Nachbarland Frankreich nicht wirklich, Suspense wird durch das zu frühe auftreten des "Monsters" im Ansatz erstickt und die Tatsache, das Männer wahnsinnig werden, wenn sie auf engem Raum (Bunker, etc.) und ziemlich gestresst zusammenhocken ist auch nix neues. So plätschert dieser Beitrag vor sich hin und streut dem Zuschauer wie das Sandmännchen Sand in die Augen für den Schlummerschlaf.

Two Eyes Staring (R: Elbert van Strien)
Wer einen guten Film über rastlose, gequälte Geister sehen will, der ist gut beraten sich dem asiatischen Film zuzuwenden. Abstriche in Punkto Unterhaltungswert und Originalität muss man meist machen, wenn man sich die amerikanischen Remakes eben jener asiatischen Beiträge ansieht. Aus Holland kommt nun diese Mär um ein 9-jähriges Mädchen, dass vorgibt im frisch geerbten Haus einem Geist begegnet zu sein, genauer ihrer Tante, der toten Schwester ihrer Mutter. Die Aufgabe des Zuschauers besteht nun darin zu beurteilen ob sich Lisa das ganze nur ausdenkt, weil sie mehr Aufmerksamkeit haben will oder tatsächlich ein gequälter Geist Gerechtigkeit bzw. Rache fordert. Denn Lisas Mutter, die für ein Modelable Designs entwirft, hat angeblich Dreck am Stecken. Visuell ist diese Geschichte lohnenswert, denn jede Bildkomposition wirkt sorgsam ausgedacht und verhilft dem Film zu einer guten atmosphärischen Spannung. Inhaltlich wirkt viel weniger überraschend insbesondere, wenn man schon in der Vergangenheit einige dieser Geisterstreifen konsumiert hat. Solides Langfilmdebüt von Elbert van Strien, der auch selbst am Drehbuch beteiligt war.

Bedevilled (R: Jang Cheol-So)
Ein koreanisches Drama, das blutig endet passt genau ins Programm des Fantasy Filmfests. Im Regiedebüt von Jang Cheol-So begegnen uns zwei unterschiedliche Frauen, die vor vielen Jahren eine gemeinsame Jugendzeit auf einer Insel verbrachten, dann aber verschiedene Wege gingen. Die eine baute sich eine Karriere in der Stadt Seoul auf, die andere blieb auf der Insel zurück. Schon früh serviert man dem Zuschauer unbequeme Szenen, denn auf der Insel hat man von Fortschrittlichkeit und Emanzipation der Frau nichts mitbekommen. Als Sexobjekt und Arbeitskraft missbraucht platzt unserer bedauernswerten Inselbewohnerin irgendwann der Kragen und tränkt das kartoffelbestückte Erdreich mit rotem Lebenssaft. Der Weg dorthin ist mit allerhand Gemeinheiten gespickt, die Sympathien werden dabei zunächst eindeutig verteilt, beginnen aber zu bröckeln mit der kontinuierlichem Wandlung der Charaktere. Gut besetzt ist dieser Streifen und unterhält trotz logischer Ungereimtheiten bis zum grandios übertriebenen Finale.

The Wild Hunt (R: Alexandre Franchi)
Kurzfilme drehen ist eine gute Fingerübung für spätere größere Aufgaben. Dieser Beitrag aus Kanada beweist dies aufs neue. In die Welt der Rollenspiele führt uns Regisseur und Autor Alexandre Franchi. Diese Events werden nicht nur am Computer sondern auch im echten Leben ausgetragen. Da reisen Männer und Frauen aller sozialer- und beruflicher Schichten zu einem bestimmten Ort mit historischem Flair wo sie sich wie hier zu sehen in Wikingerkostüme werfen und damit in eine andere Person mit anderen Aufgaben verwandeln. Schlachten werde da mit Styropor- oder Hartplastikschwertern ausgetragen. Dumm nur dass sich manchmal Übereifer breit macht und durch Wut und Frustration aus einem Spiel auch ganz schnell Ernst werden kann. Mittendrin im Chaos ein ungleiches Brüderpaar (der eine begeisterter Anhänger, der andere hält die Spielerei für Schwachsinn) und eine junge Frau, die sich nicht zwischen zwei Männer entscheiden kann, damit drastische und unbequeme Momente kreiert. Geschickt wird an der Spannungsschraube gedreht bis der Hammer von Thor den letzten Kopf spaltet. Die Gewalt, die hier vorkommt hat durch die in der Realität verankerten Story und dem ungekünstelten Auftritt der Darsteller eine weitaus stärkere Wucht als die eines künstlichen Hollywoodactioners.

Red Hill (R: Patrick Hughes)
Ein Western made in Australia. Ryan Kwanten, populär durch seine Serienrolle im preisgekrönten Vampirdrama True Blood, ist der Titelheld dieses schön bebilderten Kriminaldramas. Wegen der schwangeren Frau aus der Stadt in ein ödes Kaff gezogen erlebt ein junger Constable mit Schußtrauma gleich am ersten Arbeitstag den Supergau. Ein gefährlicher Killer ist ausgebrochen und er ist auf dem Weg zum Polizeirevier um eine alte Rechnung zu begleichen. Inhaltlich also wenig neues und man darf sich schon wundern wie leicht sich die Schar von bewaffneten Hilfssheriffs an der Nase herum führen lässt. Da erstarren selbst alte Hasen vor Ehrfurcht vor dem durchdringenden Blick des schweigsamen Ausbrechers und vergessen dabei ihre Schusswaffen zu benutzen. Auch unser Held scheint sieben Leben zu haben, denn welche Torturen er erleidet und trotzdem nie aufgibt ist schon bemerkenswert. Unterm Strich bleibt ein ordentlicher Thriller mit schönen Bildmotiven.

14 Blades (R: Daniel Lee)
Donnie Yen zeigt mit seinen 46 Jahren dass er noch nichts von seinem Schwung verloren hat und kämpft sich munter durch dieses Actionspektakel im historischen Mantel. Als Anführer einer Eliteeinheit des Qing-Kaisers wird er in eine Falle gelockt, seine Männer getötet. Mit Hilfe einer schönen Frau, deren Vater und der Bande eines den Kampf liebenden Heißsporns will Yen seinen Namen reinwaschen und das korrupte Regime entblößen. Sein wichtigstes Hilfsmittel: ein Kasten mit 14 Klingen für alle Lebenslagen. Die braucht er auch um gegen eine Übermacht an Gegnern und der mysteriösen Killerin im Auftrag von einem ins Exil verbanntem Putschisten zu bestehen. Wer flotte Kämpfe mit /ohne Schwert ohne Einhaltung von physikalischen Gesetzen mag, der wird hier eine große Anzahl davon finden. Sammo Hung tritt hier nur in einer kleinen Nebenrolle auf, kämpft nicht sondern überlässt das neben Yen auch Kate Tsui, der Miss Hong Kong 2004. Atmosphärisch und stilistisch erinnert der Film dabei etwas an die 80er-Jahre Martial-Arts-Beiträge. Macht Spaß.

TAG 5 (Sonntag, 05.09.2010)

We Are What We Are (R: Jorge Michel Grau)
Eine Familie verliert den Ehemann, den Vater und stürzt seine Hinterbliebenen in Schwierigkeiten. Wer soll den Verstorbenen ersetzen ? Wer sorgt von nun an dafür, dass Essen auf den Tisch kommt ? Alfredo, der Älteste, der aber nie gelernt hat seine Ellenbogen einzusetzen, wenn es darauf ankommt oder Julio, der Heißsporn, dessen Frustration sich in Gewalt niederschlägt ? Am besten geeignet wäre eigentlich Sabina, die cleverste von allen aber eine Führungsrolle steht ihr nicht zu. Außerdem ist die Essensbeschaffung in schweren Zeiten eine schwere Angelegenheit. Denn Fleisch, Menschenfleisch, muss auch in der Großstadt erst gejagt werden. Dieser spannende mexikanische Beitrag ist ein Sozialdrama der besonderen Art das mit Mitteln des Horrorfilms eine spannende Überlebensgeschichte zeichnet. Ein gelungenes Spielfilmdebüt, mit tollen jungen Darstellern besetzt, darunter Paulina Gaitan, bekannt aus "Trade" und "Sin Nombre".

Corridor (R: Johan Lundborg, Johan Storm)
Frank ist Medizinstudent und hat eine Reihe Prüfungen vor sich. Als die neue Mieterin Lotte in die Wohnung eine Etage über ihm einzieht beginnt das Grauen. Ihr Freund ist laut beim Sex was Frank um den Schlaf bringt und sein Nervenkostüm angreift. Bald stellt sich heraus, dass Lottes Lover ein jähzorniger Prügelprinz ist und als sie selbst verschwindet befürchtet Frank das Schlimmste. Mit minimalen Mitteln versteht es dieser schwedische Beitrag aus einer alltäglichen Ausgangssituation einen spannenden Thriller zu schmieden, der ganz auf die Titelfigur Frank abgestimmt ist und den Zuschauer dessen Gefühlslage und Wissensstatus miterleben lässt. Als potentieller Killer tritt Peter Stomare in wenigen aber effektiv gespielten Szenen auf, einige nette Einfälle sorgen dafür, dass es keinen Stillstand gibt. Für erfahrene Thrillerfans wird sich aber die finale Wendung als nicht allzu überraschend ergeben. Trotzdem gut gemacht kann man zu dem Spielfilmdebüt des Duos Lundborg/Storm, die auch für das Drehbuch verantwortlich sind, nur anerkennend sagen.

Kaboom (R: Gregg Araki)
Ein Traum ganz in weiß mit vielen unbekannten Gesichtern und einer roten Mülltonne hinter Tür 19 - das beschäftigt das 18-jährige Collegekid Smith, ein feminin wirkender Typ, der aber jede Klassifizierung seiner sexuellen Ausrichtung ablehnt. Seine Fantasien kreisen sowohl um den Körper seines blonden, muskulösen Zimmerkollegen Thor aber er lehnt auch ein sexuelles Abenteuer mit der forschen London nicht ab. Neben Sex spielt in Gregg Arakis wildem Mix aus Sci-Fi, Drama und Thriller auch eine Reise in Smiths eigene Vergangenheit eine zentrale Rolle. Inszeniert als trashige Farce mit grellbunten Farben und einer Optik, die manchmal an die Swinging 60s erinnert werden nicht nur markige Sprüche, insbesondere von Smiths bester platonischer und lesbischer Freundin Stella abgefeuert. Männer mit Tiermasken, Menschenexperimente und der Weltuntergang werden zu elementaren Schlüsselelementen in diesem absurden, mit kuriosen Einfällen gespickten Filmbeitrag. Inhaltlich mit Schwächen aber die junge Besetzung (Thomas Dekker, Haley Bennet, Juno Temple alle um die 20 Jahre alt) überzeugt.

Brotherhood (R: Will Cannon)
Nach mehreren Kurzfilmen nun das Spielfilmdebüt von Will Canon. Ein harmloser Spaß - ein Initiierungsritual einer Studentenverbindung - geht gehörig schief und führt zu einem angeschossenen Studenten und gehörig Chaos. Viele Kerle stecken mit drin im Schlammassel und fürchten um ihre Zukunft. Die soll nicht im Knast stattfinden aber unglückliche Zufälle, nicht kalkulierbare Handlungen von Personen unter Stresseinwirkung, Uneinigkeit in der Gruppe und einfach nur Pech erschweren es Adam seinen verletzten Freund sofort ins Krankenhaus zu bringen. Cannons flotter Independentfilm sorgt für 80 Minuten spannende Unterhaltung dank dynamischer Kameraarbeit, einem guten Darstellerensemble (der bekannteste wird wohl Lou Taylor Pucci sein, der schon in Carriers, Horsemen, The Informers zu sehen war) und einer gut konstruierten Geschichte mit einem nachvollziehbaren Verlauf. Gut auch, dass keiner aus der Darstellerriege die eine oder andere Figur bis ins Extreme überzeichnet und damit Emotionen und daraus resultierenden Handlungen zum Klischeevorgang abwertet. Empfehlenswerter Thriller.

Amer (R: Hélène Cattet, Bruno Forzani)
Das ist der Film für Liebhaber, Liebhaber des italienischen Thrillerkinos der 70er, des von Mario Bava und Dario Argento geprägten Giallo. Kein Film für Ungeduldige, für Zartbesaitete, für alle die beim Filmbesuch einen stringenten Handlungsstrang erwarten, die Dialoge hören möchten. Das Spielfilmdebüt des Paares Cattet/Forzani ist ein surrealer Bilderrausch in Cinemascope, ein Erlebnis für Auge und Ohr, denn Geräusche sind hier unverzichtbarer Bestandteil dieser detailverliebten Hommage an vergangene Horrormeister, Meister des Terrorkinos die entweder nicht mehr unter uns weilen oder längst außer Form geraten sind. In drei Episoden wird die Entwicklung eines Kindes zur Frau gezeigt und ihre besonderen Erlebnisse in einer Villa irgendwo in Südfrankreich. Es knarzen die Treppenstufen, es knallt die Tür und schwere Atemgeräusche füllen den Raum wenn sich die Regisseure nicht für Auszüge von Originalmelodien aus den 70er-Jahren entscheiden. Und nie wurde der schier endlose Spaziergang zweier schöner Frauen so spannend inszeniert wie hier.

Tag 6 (Montag, 06.09.2010)

Dossier K. (R: Jan Verheyen)
Nach sechs Jahren sind sie wieder zurück, die beiden Cops Vincke und Verstuyft. Bei "Alzheimer Case" dirigierte noch Eric Van Loy , jetzt überlässt er die Regie seinem Kollegen Jan Verheyen, der aus der Romanvorlage von Jef Geeraerts einen ordentlich unterhaltenden Kriminalfilm macht. Es geht um die blutige Fehde zweier albanischer Clans, die auf belgischer Erde ausgetragen wird. Der Sohn des Opfers kommt nach Antwerpen um die Familienehre wiederherzustellen, d.h. er will den Mörder töten selbst wenn er dabei sein eigenes Leben verliert. Interne Unstimmigkeiten bei der Polizei verhindern eine schnelle Aufklärung des Falles aber Vincke lässt sich auch von seinen Chefs nicht einschüchtern. Etwas dick aufgetragen wird das Thema Ehre schon inklusive albanischer Rituale. Immerhin bleibt die Handlung nachvollziehbar und so bekommt man einen interessanten Einblick in Polizeiarbeit, bei der nicht gleich aus allen Rohren geschossen wird. Elegant gefilmt und mit guten Darstellern besetzt (Koen de Bouw, Filip Peters) lohnt sich dieser Beitrag für den Krimifan auch wenn die Geschichte über zwei Stunden ausgedehnt ein paar Kürzungen vertragen hätte.

The Killer Inside Me (R: Michael Winterbottom)
Arthouse-Filmer Winterbottom beschäftigt sich in seinem neuesten Werk mit der Psyche eines gewalttätigen Sheriffs, der einen perfiden Rachplan schmiedet um sich an einem Industriellen zu rächen. Dafür bringt er dessen Sohn und eine Prostituierte um und verändert den Tatort so, dass es nach einem Streit mit Todesfolge aussieht. Die im Texas der 50er Jahre spielende Geschichte basiert auf einem Roman von Jim Thompson und wurde bereits 1976 mit Stacy Keach in der Hauptrolle verfilmt. Die übernimmt nun Casey Affleck, der als kaltschnäuziger Killer überzeugt und seine Gedanken mit dem Publikum teilt. Der perfekten Plan gibt es aber nicht und so hat Lou Ford (Affleck) einen hartnäckigen Staatsanwalt, einen Gewerkschaftboss und seinen Industriellen-Erzfeind im Nacken, die ihm nachschnüffeln und/oder über sein erstes halb totgeschlagenes, sich im Koma befindlichen Opfers (Jessica Alba) wachen. Das spannende an der Geschichte ist nun zu beobachten ob Ford dem Druck standhält oder weitere Fehler begeht. Nichts für Zartbesaitete, denn Winterbottom zeigt wie brutal sein Protagonist mit den Frauen umgeht. Ein düsterer Thriller.

Redline (R: Takeshi Koike)
Bei diesem futuristischen Anime aus Japan geht es um schnelle Autos und nur um schnelle Autos. Da spielt die obligatorische Liebesgeschichte eine untergeordnete Rolle. Hauptfigur dieses konfusen, actiongespickten Dramas ist JP, ein junger Bursche, der aussieht wie ein Leningrad Cowboy, in Wettbetrug verwickelt war und sich nichts sehnlicher wünscht als in der A-Liga des Rennsports mitzumischen. Die Leidenschaft für schnelle Fortbewegungsmittel teilt er mit seiner Rivalin Sonoshee, einem Mädel, das er schon aus Kindstagen kennt und heimlich anhimmelt. Grellbunt, voller abgedrehter Charaktere und schriller Vehikel präsentiert uns Takeshi Koike, der sein Talent als Kreativer schon bei einer Episode von "Animatrix" als auch bei "Vampire Hunter D" unter Beweis stellte, seine erste abendfüllende Regiearbeit. Bei "Redline" tobt er sich richtig aus, kümmert sich nicht um eine interessante Geschichte sondern haut dem Betrachter einfach diverse over-the-top-Rennsituationen um die Ohren. Begleitend dazu oft ein unerträglicher Japan-Pop-Soundtrack, der den Film zusehends für ein Kinderpublikum qualifiziert. Das passt aber die entblößte Frauenbrust und ein blutiges Einschussloch im Kopf weniger dazu.

Symbol (R: Hitoshi Matsumoto)
Nach "Big Man Japan" nun der zweite abgedreht Spielfilm von Hitoshi Matsumoto, der in Japan seit den 80ern Teil eines populären Comedyduos ist und seine Exzentrik auch auf der Leinwand voll auslebt. Zwei scheinbar unzusammenhängende Geschichten werden hier parallel erzählt. Die eine handelt von einem Luchador, einem mexikanischen Wrestler, der sich auf seinen am Abend bevorstehenden Showkampf vorbereitet. Sein Gesicht sehen wir nie, es wird von seiner Maske verdeckt. Soweit läuft hier alles noch normal ab. Die irre Komponente folgt in der Parallelgeschichte. Ein Mann im bunten Pyjama wacht in einem großen, weißgestrichenen Raum auf, der keine Türen hat aber an den Wänden mit Putten, also nackten, männlichen Kindesengeln, genauer gesagt nur deren Geschlechtsteil, gepflastert ist. Drückt man den Knabenpenis dann öffnet sich plötzlich ein Fenster oder eine Tür in der Wand und liefert scheinbar nutzlose Alltagsgegenstände. Wie unser nicht ganz heller Pyjamaheld verzweifelt versucht aus seinem Gefängnis zu entkommen muss man einfach gesehen haben. Irre komisch.

The Nothing Men (R: Mark Fitzpatrick)
Firmen machen dicht und die Leidtragenden sind ihre Angestellten. So auch die Männer in diesem Thriller, die seit sechs Monaten brav ihre Zeit in der ausgeschlachteten Fabrikhalle absitzen um ihre Abfindung nicht zu gefährden. Zwei Wochen müssen sie noch durchhalten aber mit Saufen, Kiffen und Biertrinken ist plötzlich Schluss als ein neuer Kollege dazustößt den die Trupp für einen Spion der Geschäftsleitung hält. Also keine Gelegenheit geben, dass man wegen Verstoßes gegen die Regeln noch gefeuert werden kann ohne die Kohle mitzunehmen. Regiedebütant Mark Fitzpatrick verfilmt sein eigenes Drehbuch und zeigt wie brutal, eigensinnig und respektlos sich Menschen unter Druck verhalten. Vorwiegend spielt sich dieser australische Thriller in der Fabrikhalle ab und dort hat er auch seine stärksten Momente. Aber um zwei seiner irgendwie miteinander verbundenen Figuren näher zu charakterisieren werden dem Zuschauer Einblicke ins private Wohnen erlaubt. Das geht leider auf Kosten der Spannung insbesondere da der hier eingeführte dramaturgische Kniff schon im Ansatz erkennbar ist. Beim erschütternden Finale, wenn sich die Emotionen bis zum Unerträglichen hochgeschaukelt haben, kriegt Fitzgerald seine Inszenierung aber wieder in den Griff.

Tag 7 (Dienstag, 07.09.2010)

Sphinx (R: Nicolas Boukhrief)
Eigentlich heißt dieser spannende französische Krimi im Original "Gardiens de l'ordre" also Ordnungshüter. Der deutsche Verleih nennt ihn "Off Limits - Wir sind das Gesetz". Für den internationalen Vertrieb wählte man aber "Sphinx", weil sich die Geschichte um eine Designerdroge gleichen namens dreht, die reiche Kids in unerreichte Sphären beamt und sie zu einer Gefährdung für Andere macht. In Notwehr handeln daher die Cops Julie und Simon als sie einen Politikersohn niederschießen. Der Polizeibrutalität bezichtigt droht ihnen der Rauswurf doch die beiden Cops ermitteln auf eigene Faust undercover um die Verteiler von Sphinx dingfest zu machen und damit ihre Jobs zu retten. Schön fotografiert und spannend inszeniert ist es vor allem der klasse Leistung der beiden Hauptakteure Cécile de France (Public Enemy No. 1 - Mordinstinkt) und Fred Testot geschuldet dass man die Entwicklung der Geschichte gebannt verfolgt. Solche Krimis sieht man gerne.

Frozen (R: Adam Green)
Vorwiegend bei Genrefans durch seine beiden Hatchet-Splatterkomödien bekannt könnte sich Regisseur und Autor Adam Green mit seinem Survivalthriller "Frozen" einen etwas größeren Zuschauerkreis erarbeiten. Denn hier geht es nicht um irgendwelche debilen deformierten Hinterwäldler, die den Protagonisten ans Leder wollen sondern um eine Situation, die im wirklichen Leben nicht so abwegig erscheint. Drei Freunde sind zum Skifahren ins Wochenende aufgebrochen, sitzen dann aber Sonntag abends alleine im Skilift als der abgeschaltet wird, weil man sie vergessen hat. Also hängen sie mehrere Meter in der Luft und wägen ihre Möglichkeiten ab um nicht zu Erfieren. Der Kampf gegen die Natur ist hier also das zentrale Thema auch wenn gegenseitige Schuldzuweisungen erwartungsgemäß artikuliert werden. Green versteht es gut die Spannungsschraube langsam anzuziehen und den Zuschauer mit seinen bedauernswerten Figuren mitfiebern zu lassen. Auch wenn bei der ein oder anderen Aktion die Glaubwürdigkeit etwas leidet rutscht man unbequem auf dem Sessel, denn langweilig ist der Film nie. Und in manchen Situation werden ja auch ungeahnte Kräfte freigesetzt.

The Loved Ones (R: Sean Byrne)
Schon vor einem Jahr beim Toronto Film Fest 2009 sorgte dieser Mix aus Teeniedrama und blutiger Splatterkomödie für Aufsehen. Und man bekommt wirklich genug Gore für sein Geld zu sehen. Es geht hier um unerwiderte Liebe, die darin gipfelt, dass die Einladung zum Schulball ausgeschlagen wird. Aber Lola, die Verschmähte, ist keine ordinäre Stalkerin, nein sie ist ein psychopathischer Quälgeist, die mit ihrem ebenso irren Vater - er erfüllt ihr jeden Wunsch - den Jungs ihrer Schule Manieren mit Messer und Bohrer aus der Heimwerkerabteilung beibringt. Logisch, dass die gekidnappten Opfer nie wieder heim zu Mutti kommen. Nach Kurz- und Dokumentarfilmen watet der Australier Sean Byrne bei seinem Spielfilmdebüt knöcheltief in Blut und erfindet nebenbei den Teenie-Torture-Porn nach Hostel-Motiven. Byrne spart nicht mit drastischen Szenen lässt aber ein Augenzwinkern immer mitlaufen. Für den Genrefan finden sich viele bekannte Motive aber auch genug abwechslungsreiche Momente so dass der Film durchaus noch seinen Unterhaltungswert hat. Wer aber Probleme mit übertriebener Gewaltdarstellung in einem komödiantischen Kontext hat, der sollte dieses Werk besser nicht ansehen.

Monsters (R: Gareth Edwards)
Einen Sci-fi-Film, der sich mit Alienformen auf der Erde auseinandersetzen muss gab es letztes Jahr schon mit "District 9". Und thematisch verwandt ist ja auch der 2008er Hit "Cloverfield". Doch der erste Kinofilm von Gareth Edwards verzichtet auf laute Action, auf massig Monster im Gefecht mit dem Militär. Stattdessen gibt es ein Roadmovie, denn ein Fotojournalist muss die Tochter seines Chefs aus Mexiko durch die alieninfizierte Zone bis in die Vereinigten Staaten begleiten und dort bei Daddy abliefern. Dieser britische Beitrag spielt also mehr mit den Erwartungen des Publikums, deutet Gefahrensituationen vorwiegend an ohne sie in ihrer Konsequenz auszuführen. Auch wenn eine gewisse Spannung immer aufrecht erhalten wird kann die relative Ereignislosigkeit beim Zuschauer zur Frustration führen. Weniger als um außerirdische Monster mit Tentakeln geht es Regisseur Edwards wohl mehr um das Thema Abgrenzung verursacht durch vorherrschende Verschiedenartigkeit. Beispielhaft haben wird da die USA, die sich gen Süden hin einmauert aus Furcht vor "Kontamination" und die beiden Reisenden unterschiedlicher sozialer Herkunft. Aber Liebe überwindet ja alle Hürden, oder ?

Evil - In the Time of Heroes (R: Yorgos Noussias)
2005 stellte ein junger Grieche seinen ersten Spielfilm vor. Den Low-Budget- Zombiestreifen "Evil". Vier Jahre später folgte der Nachschlag, der inhaltlich genau da ansetzt wo die alte Geschichte aufgehört hat. Damit fangen die Probleme dieses Projekts gleich an, denn Regisseur Noussias kann sich nicht von seinen Protagonisten trennen sondern hievt sie gnadenlos auch in diese Fortsetzung, gibt ihnen dabei wenig zu tun und packt noch eine Vielzahl neuer Charaktere mit obendrauf. Leider bleiben die so oberflächlich, dass man sich als Zuschauer nicht für sie und ihr Schicksal interessiert. Stattdessen wird man mit vielen schnell geschnitten Szenen zugeballert, sieht abgehackte Köpfe und andere Gliedmassen die Position wechseln und muss mit einer zweiten Zeitdimension kämpfen. Noussias versucht halbherzig den Ursprung des Zombiewesens in Athen zu erklären und den findet er bei den alten Griechen der Antike. Einen merkwürdigen Gastauftritt hat US-Schauspieler Billy Zane (Titanic) als Mönch mit Kutte und übernatürlichen (Heil-)Kräften. Schade dass diese zweite konzeptlose Regiearbeit bei weitem nicht so unterhaltsam ist wie Noussias erster Versuch. Immerhin sind Optik und Goreffekte besser, wiegen aber den faden inhaltlichen Ansatz (vier Leute haben am Drehbuch herumgedoktert) nicht auf.

Tag 8 (Mittwoch, 08.09.2010)

Clash (R: Le Thanh Son)
Johnny Tri Nguyen ist ein aus Vietnam stammender Stuntman, Schauspieler, Drehbuchautor und Produzent, der auch schon in amerikanischen Produktionen mitgewirkt hat. Geläufig ist sein Name wohl den wenigsten und diese Asienproduktion wird daran auch wohl nichts ändern, dafür ist die Geschichte leider nicht so berauschend inszeniert. Es geht in "The Clash" um die energisch, fast grimmig dreinschauende Trinh, die als Killerin eines einflussreichen Gangsters arbeitet, der sie in jungen Jahren aus der Prostitutionshölle befreit hat. Zusammen mit einer Gruppe Krimineller (darunter Johnny Tri Ngyen) soll sie einen letzten Auftrag erledigen und zwar soll französischen Konkurrenten ein Laptop mit brisanten Informationen abgejagt werden. Klar ist die Geschichte nur Vorwand für ein Vielzahl an Martial-Arts-Vorführungen und Ballerparaden bei der sich insbesondere Ngyen und die schöne Than Van Ngo Rücken an Rücken kräftig austoben können. Leider wird das schweißtreibende Tempo durch langatmige wenig gelungene dramatische Momente und eine Liebesgeschichte fatal ausgebremst. Zwar ist diese Produktion für den Genrefan noch recht ansehnlich, unterhaltsamer ist aber der 2006er-Beitrag "The Rebel" der auch in den Kampfszenen abwechslungsreicher gestaltet ist.

Dog Pound (R: Kim Chapiron)
Jugendknast in Amerika - not pretty. So stellt sich das jedenfalls im Spielfilm des Franzosen Kim Chapiron dar, der sich vier Jahre Zeit ließ um jetzt mit diesem packenden Thriller seinen zweiten Kinofilm abzuliefern. Schonungslos zeigt er wie Gewalt auch trotz sorgsamer Kontrolle durch die Gefängniswärter in einem überschaubaren Umfeld immer wieder eskaliert und der Mensch einfach nicht aus seiner Haut kann. Die drei Protagonisten sind keine Unschuldslämmer, sie haben mit Drogen gedealt, geklaut oder andere lebensgefährlich verletzt. Sympathiegaranten sind das also nicht. Doch die Art und Weise wie die Neulinge von einigen Insassen behandelt, drangsaliert und verhöhnt werden verändert die Beziehung des Betrachters zu den drei straffällig gewordenen Kerlen. Die Idee zu ihrem Film haben sich Chapiron und sein Co-Autor Jeremie Delon aus Großbritannien geholt und zwar von dem damals äußerst kontrovers diskutierten TV-Film "Scum- Abschaum" (1977) von Alan Clarke. Auch heute hat das Thema nichts von seiner Aktualität verloren und Chapiron zeigt die stumpfe von Jähzorn, Hilflosigkeit und Wut motivierte Gewalt auch in all ihrer hässlichen Auswirkung. Da entscheidet dann der Zuschauer ob er diese Bilder aushält oder wegschaut. Mit Comicgewalt hat das nämlich nichts zu tun. Ein äußerst sehenswertes Jugenddrama mit überzeugenden Darstellern.

Outrage (R: Takeshi Kitano)
Es wurde auch mal wieder Zeit, dass Takeshi Kitano einen Gangsterfilm dreht. "Brother", ein Film, der sich mit der Auseinandersetzung verschiedener Gangs auf amerikanischem Boden beschäftigt, liegt schon 10 Jahre zurück. Dazwischen hat Kitano Komödien und Kunstfilme gedreht. Mit "Outrage" zeigt das mittlerweile 63-jährige Multitalent, dass er noch interessante Geschichten im Yakuza-Milieu findet und seiner Art treubleibend auch entsprechend inszeniert. Kitano führt hier nicht nur Regie, sondern produziert den Film mit seiner eigenen Firma und spielt auch eine der Hauptrollen. Viele Personen spielen hier eine wichtige Rolle, Kitano hält sich beim intriganten Spiel um die Vorherrschaft als dominierender Yakuza-Clan erst einmal zurück. Doch das Lügenspiel um Loyalitäten und eigenen Vorteil macht auch so Spaß dank vieler gewitzter Einfälle und gnadenlos konsequenter Haltung der Protagonisten. Wer aufmuckt muss weg, da wird nicht lange gequatscht. Und wer Fehler macht kann sich nur mit dem abgetrennten Finger entschuldigen. Ein starkes Gangsterdrama, das etwas bedächtig beginnt aber immer besser wird je mehr Minuten vergehen. Das lange Warten hat sich also gelohnt. Kitano ist beim Gangsterfilm immer noch in seinem Element.

Rapt (R: Lucas Belvaux)
Der CEO einer großen und wichtigen Firma wird entführt. Die Kidnapper wollen 50 Millionen Euro Lösegeld und schicken gleich einen abgetrennten Finger um zu zeigen, dass sie es ernst meinen. Zunächst sind sowohl Familie als auch Firmenvorstand erschüttert, doch als die Presse von dem Fall Wind bekommt und viele schmutzige Details vom Privatleben des Entführten ans Tageslicht kommen ändert sich die Einstellung von so einigen. Normalerweise laufen Entführungsthriller ja so ab, dass sich die Geschichte ganz auf die Jagd auf die Verbrecher konzentriert, die Polizisten im Mittelpunkt stehen und man als Zuschauer ihre Handlungen auf Schritt und Tritt beobacht. Regisseur und Drehbuchautor Belvaux verlagert aber seinen inszenatorischen Schwerpunkt auf das Umfeld des Opfers, auf seine Familie, auf die Vertrauten in seiner Firma und deren Reaktionen auf die immer wieder erfolglosen Polizeiaktionen z.B. bei der Lösegeldübergabe. Er zeigt auch wie schnell man vom schrecklichen vermissten Bestandteil eines Erfolgskonzeptes zum unerwünschten Partystörer wird. In diesem Fall sehen wir Yvan Attal mit Ballack-Syndrom. Auf jeden Fall ein interessanter Ansatz, der aber etwas zu sehr in die Länge gezogen wird. Was bleibt ist ein gut besetztes, ordentlich unterhaltendes Thrillerdrama.

Markus Klingbeil. August/September 2010. Bilder: Verleih

 
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