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2009
Bilder © E1 Entertainment
*** Harpoon: Reykjavik Whale
Watching Massacre

júlíus kemp


Ein knappes Dutzend Touristen nutzen bei ihrem Islandaufenthalt die Möglichkeit Wale in ihrem natürlichem Lebensraum zu beobachten. Dafür versammelt man sich auf einem Boot und schippert ins Meer hinaus. Die zig meterlangen Säugetiere zeigen sich allerdings nicht, dafür werden die Touristen bald selbst zur Zielscheibe.

So langsam wird einem aber wirklich die Reiselust verdorben. In der Slowakei wird man als Folteropfer missbraucht (Hostel), in Brasilien werden einem die Organe rausgeschnitten (Turistas) und in Frankreich werden junge Touristinnen gekidnappt und verkauft (96 Hours). Nun nimmt man uns auch noch den Spaß an der Natur und bestraft uns für Tierliebe. Ja, im Drehbuch mancher Autoren geht's düster zu und im Fall des aktuellen Islandabenteuers auch sehr blutig. Horror aus dem Land im hohen Norden ist man ja eigentlich nicht gewohnt, wenn dann schon mal ein Drama à la "101 Reykjavik" oder "Nói Albinói". Der Inselstaat mit seine 318.000 Einwohnern bot aber schon öfters die prächtige Kulisse für Hollywoodfilme. Clint Eastwood hat hier Segmente seines Kriegsfilms "Flags of Our Fathers" gedreht, Christopher Nolan hat seinen Batman hier trainieren lassen und auch James Bond war vor Jahren schon einmal hier.

Der für die Horrorfans aber entscheidende Fakt ist aber wohl, dass Gunnar Hansen, ein Sohn Reykjaviks, den Schlächter Leatherface in Tobe Hoopers 74er-Horrorklassiker "Texas Chain Saw Massacre" verkörpert hat. Auch wenn danach nichts vergleichbar erfolgreiches für den Schauspieler in seiner Vita zu finden ist ist der mittlerweile 63-Jährige immer gerngesehener Gast auf Horrorconventions. Der Nährwert für die Fans wird bei solchen Events weitaus höher sein als bei diesem kleinen Auftritt Hansens hier als Captain des Touristenkutters. Er muss sich aus dramaturgischen Gründen wieder früh verabschieden, sein Helfer, ein Vergewaltiger, sucht das Weite und die Passagiere schauen mitten auf dem Meer nur dumm aus der Wäsche. Gut, dass eine freundliche Familie, bestehend aus Mutti und ihren zwei Söhnen zur Stelle ist und sie auf ihrem Schiff aufnehmen.

Dumm nur, dass das Trio ziemlich sauer darüber ist, dass die Walfangtradition in Island keine mehr ist und das Töten der Tiere damit hinter dem Artenschutz zurückstehen muss. Stattdessen heißt es Wale aus Holz schnitzen und den Touris andrehen. Macht aber weniger Spaß als den arroganten Gästen selbst das Fell über die Ohren zu ziehen und so müssen Japaner, Deutsche, Franzosen, Amerikaner und Engländer folgerichtig um ihr Leben fürchten. Júliús Kemp hat schon lange keinen Film mehr als Regisseur betreut sondern sich in den letzten Jahren vorwiegend als Produzent betätigt. Produktiv ist sein erster Shlasherfilm nur bedingt, daran interessiert zu sein Spannung zu kreieren scheint er aber nicht, denn dem Genrefan sind die hier benutzten Schablonen nur allzu gut bekannt. Überraschungen entfalten also nur bedingt ihre erhoffte Wirkung. Also beschränkt sich Kemp darauf die unsympathischen Schiffsgäste einen nach dem anderen abzumurksen. Auf kreative isländische Art natürlich.

Das Killertrio gehört dabei weder zur intelligenten Sorte noch zur grenzdebilen Fraktion. Vielmehr muss man mehrmals den Geisteszustand der Touristen hinterfragen, denn die verhalten sich extrem egoistisch - hat man in der Form lange nicht gesehen - und gehen damit auch fahrlässig mit dem eigenen Leben um. Spätestens wenn sich drei Frauen um ein Handy zanken und die erste blutige Nase dabei herausspringt ist klar, dass Regisseur und Autor mit ihrem Film nichts weiter als eine sinnfreie Splatterkomödie schaffen wollten. Um Motivationen der Figuren schert man sich so gut wie nicht. Der Überlebensinstinkt kommt eben manchmal krass zum Vorschein will man uns wohl verdeutlichen und selbst Klischees werden hier veralbert. Da wird aus dem afroamerikanischen potentiell potenten Passagier statt ein Lust- ein Frustobjekt, das nicht auf Frauen steht aber deswegen vielleicht auch zum Helden wird, der den blutigen Schlamassel überlebt ?

Wer und ob hier jemand überleben wird weiß man allerdings nie genau. Ist im Grunde auch egal, da man erstens ohnehin kaum Zeit hat sich mit einem der anfangs zahlreich vorhandenen Schiffsbesucher anzufreunden und vor allem zweitens, wenn sie sich so irrational verhalten. Früher oder später haben sie alle ihre Blackouts, das wird knallhart auf der Checkliste abgehakt. Und bei dem einen oder anderen geht das Licht auch ganz bestimmt nicht wieder an. Und diejenigen, die versuchen doch mal kühlem Kopf zu bewahren haben dann eben das Pech Opfer irrationaler Entscheidungen der Mitreisenden zu werden. So ist es auch unmöglich dem schwarzen Humor zu entkommen. Selbst wenn nicht jede Pointe sitzt.

DVD (E1 Entertainment, UK, PAL, 84 min)

So dürftig wird man heutzutage selten abgespeist. Außer dem Film mit gutem 16:9-Bild (2.35:1) und DD 5.1 /DD 2.0 Originalton in isländisch/englisch-Mix mit eingebrannten englischen Untertiteln für die isländischen Passagen gibt es keine weiteren Extras auf der DVD. Ok, einen Trailer zu ".rec 2" und einen zu "Dead Snow" spendieren sie uns doch.

Ein blutiger Slasher, wie wir in schon x-Mal gesehen haben. Hat aber durch seinen Schauplatz, der Umgebung und selten dämlich-egoistischen Charakteren (das aber gut gespielt!) trotz Mangel einer echten Spannung durchaus seinen Reiz. Statt uns das Fürchten zu lehren gibt Regisseur Kemp eher einen Kurs in Schadenfreude.


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 26.08.2010

Harpoon: Reykjavik Whale Watching Massacre

(Reykjavik Whale Watching Massacre)

Isalnd 2009. Farbe. Originalsprache: Englisch, Isländisch. Länge: 84 min Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: n/a Budget: n/a Einspiel: - Regie: Júlíus Kemp. Story: Sjón Sigurdsson Kamera: Jean Noel Mustonen. Schnitt: Sigurbjorg Jonsdottir. Musik: Hilmar Örn Hilmarsson. Darsteller: Pihla Viitala, Nae, Terence Anderson, Miranda Hennessy, Aymen Hamdouchi, Carlos Takeshi, Miwa Yanagizawa, Halldóra Geirharðsdóttir, Snorri Engilbertsson, Gunnar Hansen
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih