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2013

Bilder © 20th Century Fox
** The Counselor
ridley scott


Ein Anwalt lässt sich auf kriminelle Machenschaften ein und unterschätzt die daraus resultierenden Folgen auf sein Leben und das seiner Geliebten.

Was nutzt ein Film voller berühmter Hollywoodstars, wenn kaum einer in der jeweiligen Rolle überzeugen kann ? Welche Erwartungen wecken ein anerkannter Regisseur und ein Pulitzerpreisträger/Bestsellerautor, wenn sie gemeinsam an einem Projekt arbeiten ? Die Voraussetzung für „The Counselor“ waren auf dem Papier nicht schlecht doch während man die fürs Kino gedrehte Geschichte knapp 2 Stunden über sich ergehen lässt ist ist dem verbalen Dünnschiss Tür und Tor geöffnet. „Drogen sind Scheiße“ wird der vernünftige Mensch sagen; die gesichtslose Verbrecherorganisation mit der wir es hier zu tun bekommen macht daraus ein Verpackungsprinzip um die Ware von Mexiko in die USA zu schmuggeln. Viel Geld ist bei diesem Geschäft zu machen, was auch den schockierend naiven Anwalt, der hier nur „Counselor“ genannt und von Michael Fassbender gespielt wird, anlockt. Der Ire mit deutschen Wurzeln ist seit „Hunger“ (2008) auch in Hollywood ein Begriff und hat fortan seine schauspielerischen Qualitäten in diversen kleinen und großen Produktionen unter Beweis gestellt (Shame, X-Men: Erste Entscheidung). Beispielhaft auch sein formidabler Auftritt als rassistischer Plantagenbesitzer in „12 Years a Slave“. In „The Counselor“ trägt er die Last der Hauptrolle auf seinen Schultern und bemüht sich redlich aus einer sich zäh und spannungslos dahinziehenden Story wenigstens ein paar Tränen herauszudrücken.

Verantwortlich für das Leiden nicht nur der Hauptfigur sondern auch des Zuschauers sind in erster Linie Regisseur Ridley Scott und Romanautor Cormack McCarthy. Scott, der insbesondere seit sechs, sieben Jahren verstärkt auch viele Spielfilme von Kollegen sowie TV-Serien als Produzent begleitet, hatte als Regisseur zuletzt qualitativ durchwachsene Resultate vorzuweisen. Die Rückkehr ins Alien-Genre mit dem guten „Prometheus – Dunkle Zeichen“ letztes Jahr brachte ihm kommerziell den notwendigen Erfolg um eine weitere Fortsetzung drehen zu können. „Robin Hood“ (2010) und „Der Mann, der niemals lebte“ (2008) hingegen sind sicher keine Filme jüngeren Jahrgangs, die man gesehen haben muss. Bei „The Counselor“ arbeitet Scott jetzt mit einem Drehbuch von Cormack McCarthy, der von renommierten Literaturkritikern zu den wichtigsten Romanschriftstellern unserer Zeit gezählt wird. Normalerweise überlässt der 1933 geborene amerikanische Autor die Adaption seiner Werke anderen, wie z.B. Billy Bob Thornton (All die schönen Pferde), Ethan und Joel Coen (No Country For Old Men), John Hillcoat (The Road) oder James Franco (Child of God). Für einen TV-Film hatte er aber 2011 schon mal eine Ausnahme gemacht. Scott lässt McCarthy also bei seinem ersten Originalfilmdrehbuch (ohne Romanvorlage!) gewähren und so blühen dem Zuschauer nicht enden wollende Szenen mit nicht enden wollenden Dialogen, die weder den Wortwitz eines frühen Tarantino noch die Schlagfertigkeit eines Sorkins enthalten und sich in ihrem informativen Nährwert schnell erschöpfen. Stattdessen werden Themenpunkte unnötig ausgewalzt bis es auch der letzte Zuspätkommer oder wieder Aufgewachte kapiert hat warum sich die eine Figur in die Hose macht und die andere das nicht im geringsten kümmert.

Überhaupt braucht die Geschichte viel zu lange um in Gang zu kommen, stattdessen hält es Scott für nötig ausgiebig und schwerfällig die verschiedenen Personen vorzustellen als würde in seinem Vertrag stehen, dass jeder Anflug von Hektik, Aufregung oder Mobilisation sofort zu unterbinden sei. Nur die zwei Geparde, Haustiere vom kriminellen Luxuspärchen Javier Bardem (James Bond 007 – Skyfall) / Cameron Diaz (The Green Hornet), dürfen zu deren Amüsement ihre kurzen Jagdsprints machen. Zwischen drin sind wir mal in den USA oder in Mexiko um die millionenschwere Drogenladung im Tanklaster auf den Weg zu schicken oder in Europa um Diamanten zu kaufen – der klamme Counselor ist verliebt und braucht ein Geschenk für 'nen Antrag. Seine Gespielin im Film verkörpert Penélope Cruz (Vicky Cristina Barcelona), die regelmäßig bei Almodovar aufblüht und im wahren Leben Ehemann Javier Bardem Freude macht. In diesem Film tut sie einem eher Leid, nicht nur weil sie darstellerisch völlig unterfordert ist und auch sonst ihre Figur auf ein passiv-hilfloses Mädchen reduziert wird. Ganz verschreckt reagiert sie wenn sie auf die hinterlistige Schlange Cameron Diaz und ihr sexuell aggressives Gehabe trifft. Da kuschelt es sich doch schöner unter der Bettdecke mit dem zungenfertigen Herrn Fassbender. Erschrocken ist man auch über die Sätze, die ein kaum wiederzuerkennender (nicht nur optisch) Javier Bardem absondern muss. Da vergehen viele Minuten bis er die wahnsinnig lustige Geschichte von Diaz' rutschender Vagina auf seinem Ferrari erzählt hat um auf die Frage von Fassbender nach dem „Warum erzählen Sie mir das?“ zu antworten, dass er das selbst nicht wisse (!). Man hofft inständig, dass Bardem mal wieder eine wirklich gute Performance abliefert, denn „No Country for Old Men“ und „ Das Meer in mir“ sind schon viele Jahre her.

Als fünfter im Bunde der für diesen Film unter Hollywoodprominenz geführten Mitspieler bleibt noch Brad Pitt (World War Z). Er spielt den Vermittler zwischen den Gaunereien von Bardems Wohlstandslangeweiler, dem ultragnadenlosen Drogenkartell und dem Counselor. Pitt ist es auch, der in seinen wenigen Szenen ein wenig Leben in die flache Bude bringt. So erzählt er dem cerebral überforderten und stetig unglaubwürdiger wirkenden Anwalt von den Auswirkungen, die der Einstieg in diesen Drogendeal haben und wer der Leidtragende sein wird, wenn etwas schief gehen sollte. Denn mexikanische Drogendealer, die nicht an Zufälle glauben, sind gnadenlos. Get the memo ? Langsam, ruhig und ausführlich erklärt ein selbstsicherer Pitt die Regeln des Spiels, die unser Protagonist vor lauter - noch imaginären - Dollarscheinen in seiner Brieftasche aber nicht kapieren kann/will/darf. Als Zuschauer ist man natürlich nicht unglücklich darüber, dass alle Warnungen in den Wind geschlagen werden und zusätzlich einer den anderen übers Ohr hauen will. Schließlich keimt die Hoffnung auf, dass die Dramaturgie an Fahrt aufnehmen könnte. Mit einem packend inszenierten Schusswechsel auf dem Freeway scheint diese Hoffnung weiter genährt zu werden doch Scott verfällt bei seiner Inszenierung schnell wieder in den alten Schlurftrott und bleibt bei seiner Taktik den Puls der Zuschauer mit einem andauernden Regen aus überflüssigen Worthülsen aufs Minimum zu senken. Spannung ? Nicht hier.

Auch ein, zwei weitere Gewaltexzesse bringen nichts. Vorhersehbarkeit ? Reichlich. So fade wie sich die Charaktere präsentieren und wie sie agieren ist ihr letztliches Schicksal dann auch nicht überraschend und lässt einen gänzlich unberührt. Kleine Überraschungen zieht man eher daraus, wer denn da in kleinen Nebenrollen besetzt ist. Wer kennt (noch) Rosie Perez, Bruno Ganz, Toby Kebbell, Edgar Ramirez, Goran Visnjic oder John Leguizamo ? Ok, ein dünner, brüchiger Strohhalm an den man sich eigentlich nicht klammern sollte … In Amerika ist Scotts Film nicht nur von den Kritikern verrissen worden sondern wurde auch vom Publikum abgelehnt. Am Startwochenende erbrachte dieses starbesetzte 25-Mio-Dollar-Missverständnis nur knapp 8 Mio. Dollar Einnahmen obwohl der Film in 3000 Kinos eingesetzt wurde. Jetzt muss das internationale Publikum für schwarze Zahlen sorgen.

So schnell zerplatzt der Traum vom High-Profile-Hollywood-Thriller. Uninteressante, vorwiegend dümmlich agierende Charaktere, denen selbst die Habgier kein Wiedererkennungsformat gibt. Schade, dass Dariusz Wolskis gute Kameraarbeit dabei auch etwas untergeht.

Text © Markus Klingbeil
13.11.2013

The Counselor

USA 2013. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 117 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 25.10.2013 (US) 28.11.2013 (D). Budget: 25 Mio. USD Einspiel: n/a Regie: Ridley Scott. Drehbuch: Cormac McCarthy. Kamera: Dariusz Wolski. Schnitt: Pietro Scalia. Musik: Daniel Pemberton. Darsteller: Michael Fassbender, Cameron Diaz, Javier Bardem, Penélope Cruz, Brad Pitt, Rosie Perez, Rosie Perez, Bruno Ganz.
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