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2011
Bilder © Sony
** Wer ist Hanna ?
joe wright


Ein desertierter CIA-Agent kommt nach 16 Jahren aus seinem Versteck in der Einöde um Rache am Mord seiner Frau zu nehmen. Seine Teenagertochter Hanna hat er zu diesem Zweck zur perfekten Mordwaffe ausgebildet.

Wieder einmal muss das starke Motiv der Rache als Antriebsfeder für tägliche Schindereien und knochenharte Ausbildung herhalten. Unter Anleitung des Briten Joe Wright kämpft sich dafür ein Mädchen durch verschiedene Klimazonen um ausgerechnet in Berlin zum finalen Todesschuss anzusetzen. Die deutsche Filmförderung lockt gerne internationale Produktionen ins Land und macht den Regierungssitz, wie zuletzt im öden Liam-Neeson-Thriller "Unknown Identity" gesehen, zum Schauplatz hektischer Aktivitäten. Dass nun ausgerechnet Joe Wright, bekannt für seine international erfolgreichen Romanadaptionen "Stolz und Vorurteil" und "Abbitte", sich als Actionregisseur versucht mag zunächst überraschen, hat aber auch damit zu tun, dass Saoirse Ronan die Hauptrolle spielt. Mit der damals 12-jährigen drehte er vor vier Jahren "Abbitte" was ihr eine Oscarnominierung als beste Nebendarstellerin einbrachte.

Auch als Killerin macht Ronan eine gute Figur, überzeugt als kampfstarkes Mädchen, das ihre Kindheit in der Einsamkeit Finnlands ohne Kontakt zur Außenwelt verbracht hat und in kurzer Zeit mit den Eindrücken einer nicht immer zivilisierten Welt zurecht kommen muss. Den großen Vorteil den sie gegenüber anderen Einsiedlern oder fernab von jeglichen kulturellen Einflüssen aufgewachsenen Romanfiguren hat ist die Gegenwart der von Ex-Hulk Eric Bana gespielten Vaterfigur, der alle Überlebenstricks kennt und als intelligente Tötungsmaschine der USA viele Jahre seines Lebens bestritten hat. Er weiß genau wie er das Kind formen muss. So wie Nicolas Cage wusste wie er Chloe Moretz in "Kick-Ass" fit für Vergeltung macht. Statt mit Barbiepuppen zu spielen und für irgendwelche Boygroups zu schwärmen gehört die Wildjagd mit Pfeil und Bogen, Lektionen in Waffenkunde und das tägliche Nahkampftraining neben Lektüre des Wissenslexikons zur Grundausbildung des gnadenlosen Hanna-Supergirls, wie sie sich im Verlauf des Handlungsgeschehens präsentieren wird.

Anders als in Luc Bessons "Leon - Der Profi" mit Natalie Portmann wird der Ansatz des kindlichen Killers hier aber leider durch zu viele plakative Szenen, so virtuos sie auch inszeniert sein mögen, und einem überraschungsarmen Drehbuch fast völlig gegen die Wand gefahren. Denn wie Angelina Jolies Figur Evelyn Salt im Agentenfilmactioner "Salt" wird auch Saoirse Ronans Hanna als unbezwingbare, immer ihren Häschern entkommende (rennende!) Lola-Heldin inszeniert, mag die Situation noch so ausweglos sein - z.B. kann das Entkommen aus einem Hochsicherheitsverhörbunker in der Wüste Marokkos nur ungläubiges Kopfschütteln auslösen. Dass Hanna Menschen tötet, und nicht nur die Bad Guys sondern auch Regierungsbeamte, die ihr einfach nur im Weg stehen, will Wright uns aber nicht im Detail zeigen, lässt es bei Andeutungen, fürchtet er wohl, dass die Sympathie des Publikums zur Protagonistin Schaden nehmen könnte.

Stattdessen werden als Ausgleich geraffte Elemente des Coming-of-Age-Films integriert - eine englische Hippiefamilie, die auf Urlaubsreise mit dem Campingwagen unterwegs ist, muss als Bild einer normalen Welt mit familiären Glücksmomenten herhalten und Begehrlichkeiten in Hanna wecken, die ja ein Leben zum Zweck des Tötens nicht freiwillig gewählt hat. Gut funktionieren tut dieser Mix aus Thriller, Action und Kindheitsdrama aber nicht wirklich insbesondere da mit Cate Blanchett (Elizabeth, Robin Hood) als zahnfixierte CIA-Agentin, deren Leichen im Keller sich plötzlich wieder regen, eine Jägerin auf der Bildfläche auftaucht, die zwar als Kombination aus George W. Bush, einer rothaarigen Hexe und einer Grundsschullehrerin des Regisseurs beschrieben wird (so will es jedenfalls Joe Wright) aber in ihrer Nebenrolle ebenso wie ihr australischer Landsmann Eric Bana keinen bleibenden Eindruck macht. Darstellerisch überstrahlt Saoirse Ronan zwar alle, der nervige Auftritt von Tom Hollander (Der Solist, Operation Walküre - Das Stauffenberg-Attentat) als schlechtgekleidetes Abziehbild eines Killer bleibt aber trotzdem als besonderes Ärgernis hängen.

Was die formale Inszenierung angeht kann man Wright nichts vorwerfen schafft er es doch wie in seinen vorigen Filmen mit ausgedehnten Kamerafahrten ohne Schnittunterbrechung visuelle Highlights zu setzen. Bemerkenswert ist da vor allem die aus der Zeitnot (straffer Drehplan!) geborene Sequenz, wenn sich Eric Bana, verfolgt von mehreren Agenten vom Bahnhofsgebäude auf dem Weg zur Metro befindet und seine Nahkampfkünste beweisen muss (Jeff Imada hat auch die Fights der Bourne-Trilogie choreographiert). Die Kamera umkreist, geht vorneweg, läuft hinterher ohne den Sichtkontakt mit dem Protagonisten zu verlieren, selbst dann nicht als der von oberirdisch nach unterirdisch wechselt. Der seit Jahren international tätige deutsche Kameramann Alwin Küchler (Morning Glory, Ratcatcher) zeigt dabei und in vielen anderen Sequenzen sein gutes Auge. Dass die Optik des Films, unterstützt durch den treibenden Soundtrack der Chemical Brothers, besonders hervorsticht scheint auch das Hauptanliegen von Wright gewesen zu sein. Auf den Inhalt der Verpackung legt er im Gegensatz zu seinen vorigen Filmen keinen gesteigerten Wert.

Teils arg hanebüchen und klischeehaft wirkt Joe Wrights erster Ausflug ins Actiongenre. Auch eine gute Hauptdarstellerin, so manche interessante Location oder die feine Kameraarbeit können die zunehmend langweilende Geschichte eines sich emanzipierenden, killenden Teenagers nicht zum positiven Gesamteindruck drehen.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 19.04.2011

Wer ist Hanna ?

(Hanna)

USA/UK/GER 2011. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 111 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 08.04.2011 (USA) 26.05.2011 (D). Budget: 30 Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: Joe Wright. Buch: Seth Lochhead. Screenplay: Seth Lochhead, David Farr. Kamera: Alwin H. Küchler. Schnitt: Paul Tothill. Musik: The Chemical Brothers. Darsteller: Saoirse Ronan, Eric Bana, Cate Blanchett, Tom Hollander, Olivia Williams, Jason Flemyng, Jessica Barden, Aldo Maland, Martin Wuttke.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih