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2011
Bilder © Warner Bros.
** Sucker Punch
zack snyder


Eine junge Frau wird nach dem Verlust der Mutter und dem Unfalltod ihrer Schwester vom habgierigen Stiefvater in die Psychiatrie eingewiesen. Dort flüchtet sie in eine Phantasiewelt und plant mit vier weiteren Patientinnen die Flucht.

Kreative Werbeclips und Musikvideos waren Zack Snyders Visitenkarte, die ihm den Zugang zu Hollywoods Filmwelten eröffnete. Beim sehenswerten Remake von "Dawn of the Dead" (2004), gleichzeitig sein Spielfilmdebüt, verkniff sich der mittlerweile 45-jährige Regisseur aus Wisconsin noch den visuellen Overkill an computergenerierten Effekten, doch schon beim internationalen Hit "300" war die Optik schon fast wichtiger als die Geschichte. Nachfolgewerke wie die Comicverfilmung "Watchmen" und das Animationsabenteuer "Die Legende der Wächter" waren bei der Kinoauswertung in den USA kommerzielle Enttäuschungen. Aber das Produktionsstudio Warner Brothers hielt weiter an Snyder fest und so konnte er mit "Sucker Punch" erstmalig eine von ihm selbst geschriebene Geschichte voller CGI - Extravaganzen verfilmen. Egal ob seine 82-Mio.-Dollar teure Vision letztlich Kasse macht oder nicht (das Startwochenende lief nicht so optimal) den nächsten Film für Warner Brothers bereitet er gerade vor: Superman - Man of Steel.

Bevor er aber den Mann vom Planeten Krypton die Welt retten lässt zelebriert Snyder zunächst einmal Frauenpower und dazugehörige Willensstärke. Hauptfigur in "Sucker Punch" ist die 20-jährige Baby Doll (Emily Browning, Der Fluch der zwei Schwestern), die ihre jüngere Schwester vor der Vergewaltigung durch ihren schmierigen Stiefvater schützen will. Dabei löst sich eine Kugel aus der Schusswaffe und die Schwester stirbt. Traumatisiert durch den Verlust ihrer liebsten Menschen (die Mutter verstarb kurz vorher) lässt sich eine durch Medikamente ruhiggestellte Baby Doll widerstandslos in eine Institution zur Behandlung psychisch Kranker einweisen - fünf Tage später soll sie lobotomisiert werden. Dadurch, dass Snyder seine Geschichte in den 1960ern ansiedelt bekommt das leicht heruntergekommene soziale Auffangbecken für kriminelle bzw. der Gesellschaft nicht mehr zumutbare Mädchen eine interessante Note, erinnert andererseits auch an Martin Scorseses Räumlichkeit auf "Shutter Island". Hier wie dort verschwimmen die Grenzen zwischen Realität, Fantasie, Traumvorstellung. Überschneidungspunkte, die "Sucker Punch" auch mit Christopher Nolans "Inception" teilt.

Snyder allerdings geht weitaus weniger subtil, weniger raffiniert vor, spielt lieber wie ein Besessener im Rauschzustand mit der Farbgebung seiner Bilder, stellt harte Kontraste dar, arbeitet intensiv mit dem Handwerkszeug, das ihn erst für die Produktionsstudios interessant gemacht hat. Mit seinen bildtechnischen Spielereien hält er nicht hinterm Berg; schon in den ersten Minuten wird man mit bedeutungsschwerer Zeitlupenbildästhetik und dröhnenden Pop- und Rocksongs (Remixe und Coverversionen) überwältigt. Wie ein Musicclip wirkt das, wie so viele Sequenzen, die noch folgen - ein nicht enden wollender Clip, gelegentlich unterbrochen von videospielartigen Einschüben. Denn wenn sich Baby Doll in ihrer Fantasiewelt befindet und dem deprimierenden Bordellambiente (die Psychiatrie ist nämlich nur Fassade für allerhand Schweinereien) durch Tanz entkommt, dann haben sie und ihre Freundinnen gefährliche Aufgaben zu erledigen (sprich Gegenstände einzusammeln) bei unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Ob feuerspeiende Drachen des Mittelalters, deutsche Zombiesoldaten aus dem Ersten Weltkrieg, eine Roboterarmee oder Riesenmonster in fernöstlicher Tempelumgebung - dank Tricktechnik ist man weder an Ort noch Zeit gebunden um Schaden anzurichten.

Dieses (technisch nicht immer überzeugend umgesetzte) visuelle Feuerwerk und das begleitende akustische Trommelfeuer führt allerdings schnell zur Ermüdung, denn Snyder kümmert sich wenig um eine fundierte Charakterisierung seiner Protagonisten. So kommt es zu keiner emotionalen Bindung mit dem Zuschauer und Spannung erst gar nicht auf. Snyder vermag es nicht Bedrohungssituationen zu kreieren, wir ahnen schon bevor die ersten Schlachten losgehen, dass die Powergirls alles stur kurz und klein schlagen. Da mögen sie noch so oft in knapper Bekleidung mit Fischnetzstrümpfen im Burlesque-Stil herumstolzieren oder in den Computerspiel-Levels mit schweren Geschützen hantieren und Monster zerhacken oder zerschießen. Wen interessiert das nach dem 2./3. Mal noch ? Außer Emily Browning haben nur Abbie Cornish (Ohne Limit, Bright Star) und mit Abstrichen noch Jena Malone (Saved!, The Messenger) Gelegenheit sich etwas besser darzustellen als die übrige Besetzung. Vanessa Hudgens (Beastly, High School Musical) und Jamie Chung (Kindsköpfe, Hangover 2), die das aufmüpfige Quintett vervollständigen, treten immer mehr in den Hintergrund während sich die flache Handlung voranschleppt.

In weiteren relevanten Nebenrollen agieren Oscar Isaac (Der Mann, der niemals lebte, Robin Hood) als krimineller Anstaltsleiter und Posterboy für fast alle schmierig-widerlichen Männer im Film, Scott Glenn (Das Bourne Ultimatum, W.) als der Gute, der Weise, der den Mädels ihre Aufgaben gibt und Carla Gugino (Die Jagd zum magischen Berg, Faster) als russische Psychiaterin mit eigenwilligen Methoden. Auch wenn der Grundton der Geschichte recht düster ist und das auch optisch unterstrichen wird hält sich Snyder mit der Darstellung von expliziter, blutspritzender Gewalt zurück. Um die in den USA kommerziell wichtige Altersfreigabe ab 13 Jahren (PG13) zu bekommen musste der Film mehrere male der MPAA vorgelegt werden was angeblich Kürzungen um 18 Minuten zur Folge hatte (u.a. geschnitten wurde eine Liebesszenen zwischen Emily Browning und Jon Hamm - seine Figur soll Baby Doll entjungfern). Diese PG13-Fassung wird auch in Deutschland in den Kinos laufen, aber mit einer FSK-Freigabe ab 16 Jahren. Wie bei "Watchmen" lässt es sich Warner Brothers aber nicht nehmen, den Film später in mindestens einer erweiterten, unrated Fassung auf Blu-ray/DVD zu veröffentlichen.

Zack Snyders fünfter Spielfilm will clever mit Bewusstseinsebenen spielen hat aber inhaltlich nichts bemerkenswertes zu bieten. Stattdessen setzt der US-Regisseur lieber auf ausufernde visuelle Schauwerte, die den Wow-Effekt aber verfehlen. Fans von Computerballerspielen und lärmenden Musikvideos könnten aber ihre helle Freude an der Bildästhetik haben, möglicherweise jedoch Frust schieben, weil sie nicht interaktiv bei der Aufgabenbewältigung mitwirken dürfen.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 29.03.2011

Sucker Punch

(Sucker Punch)

USA 2011. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 109 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 25.03.2011 (USA) 31.03.2011 (D). Budget: 82 Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: Zack Snyder. Story: Zack Snyder . Screenplay: Zack Snyder, Steve Shibuya. Kamera: Larry Fong. Schnitt: William Hoy. Musik: Tyler Bates, Marius De Vries. Darsteller: Emily Browning, Abbie Cornish, Jena Malone, Vanessa Hudgens, Jamie Chung, Carla Gugino, Oscar Isaac, Scott Glenn, Gerard Plunkett, Jon Hamm.
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