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2009
Bilder © Paramount
**** Up in the Air
jason reitman


Ryan Bingham (George Clooney) hat einen Job für den er ständig auf Achse ist. Doch Modernisierungen und Kosteneinsparungen im eigenen Betrieb drohen mit dem ungeliebten Platz hinterm Schreibtisch. Ein letzter Trip mit der neuen jungen Mitarbeiterin, die noch den Praxistest absolvieren soll - dann soll's das gewesen sein mit dem Leben auf den vertrauten Flughäfen, den Erste-Klasse-Hotels und dem Sammeln von Flugmeilen.

Wer hätte das gedacht, dass man George Clooney noch als Terminator erlebt. Doch seine Waffe ist nicht mit Kugeln bestückt, denn er kommuniziert mit seinen Opfern. In der Rolle des Ryan Bingham teilt er Betriebsangehörigen in ganz Amerika die Kündigung der Jobs mit. Er übernimmt damit die Drecksarbeit der Chefs, die nicht den Mumm haben ihren Angestellten in die Augen zu sehen, wenn sie abserviert werden. Und dafür ist er 322 Tage im Jahr unterwegs, Flughäfen sind sein zuhause, feste Beziehungen hat er nicht und auch der Kontakt zur eigenen Familie ist praktisch nicht vorhanden.

Nach dem Überraschungshit "Juno" über eine Teenagerschwangerschaft verfilmt Jason Reitman in seinem Folgeprojekt den Roman von Walter Kirn, der die letzte "persönliche" Kündigungsrunde seiner Titelfigur beschreibt, weil betriebliche Veränderungen auch ihn selbst erfassen. Die Ironie darin ist offensichtlich, denn der Mann, der anderen die Entlassung als Chance zur Verfolgung unterdrückter Wünsche verkauft wird selbst von der Jugend überholt und seiner beruflichen Freiheit beraubt. Neue Methoden, neue Techniken, weniger Personal. Das Thema des Films passt in unsere heutige Zeit und zu den Folgen der Weltwirtschaftskrise auch wenn das Buch von Kirn bereits 2001 veröffentlicht wurde.

Mit George Clooney (Männer, die auf Ziegen starren, Burn after Reading) hat Reitman die ideale Besetzung des für den Beruf lebenden, beziehungsunfähigen Einzelgängers gefunden, der professionell seiner Arbeit nachgeht aber One-Night-Stands in Flughafenhotels nicht verachtet. Die klassisch-sympathische Titelfigur ist er zunächst nicht, doch als Veränderungen drohen und selbst Entlassungen würdelos per Internetkonferenz erfolgen sollen zeigt auch der im Job emotional sehr reserviert auftretende Bingham, dass er kein völlig abgezockter Bursche ist. Das Drehbuch von Reitman und Sheldon Turner sorgt zudem für weitere unerwartete Ereignisse, die Binghams Schutzpanzer Risse verleihen. Amors Pfeil trifft ihn und auch die nervige junge Kollegin bringt ihn zum Nachdenken über sein bisherige Art zu Leben.

Dargestellt werden diese personifizierten Lebenseinflüsse von Vera Farmiga (Orphan - Das Waisenkind, The Departed) und Anna Kendrick (Rocket Science, The Twilight Saga - New Moon). Farmiga spielt eine Frau mittleren Alters, die fast wie die weibliche Kopie von Bingham wirkt. Sie ist aus beruflichen Gründen viel mit dem Flugzeug unterwegs, redet nicht über familiären Ballast und sie ist nicht an einer ernsteren Beziehung interessiert. Doch je öfter sich die beiden auf den unterschiedlichsten Flughäfen des Landes zum Tête-à-Tête treffen verschiebt sich die emotionale Einstellung zueinander. Reitman ist aber klug genug die Geschichte nicht in kitschige Gefilde abgleiten zu lassen sondern weiterhin den realitätsnahen Anspruch zu verfolgen.

Bemerkenswert ist auch die Darstellung der 24-jährigen Anna Kendrick, die als Neuzugang Natalie Keener und Vertreterin der Twitter/Facebook-Generation mit ihren Ideen zur Einsparung und rationalem Getue ihre Unerfahrenheit im Beruf und persönlichem Umgang mit Menschen zu kaschieren versucht. Doch ein alter Hase wie Bingham gibt sich nicht so schnell geschlagen und dieses Aufeinanderprallen völlig verschiedener Ansichten entwickelt auf dem gemeinsamen Trip durch die USA eine äußerst unterhaltende Dynamik mit überraschenden Momenten. Überhaupt wirkt der Entwicklungsprozess, den die Hauptfiguren im Laufe der Geschichte durchmachen meist nachvollziehbar und ungekünstelt.

Die sorgfältige Inszenierung dieser Komödie mit ihren dramatischen Einschüben zeigt wiederum, dass Jason Reitman, Sohn von "Ghostbusters"-Regisseur Ivan Reitman, einer der interessantesten Regisseure der letzten Jahre ist. Schon mit seinem Spielfilmdebüt "Thank you for Smoking" (2005) um einen charismatischen Tabaklobbyisten begeisterte er die Kritiker und auch "Up in the Air" mischt bei der Vergabe diverser Filmpreise mächtig mit. U.a. haben Reitman/Turner bei den diesjährigen Golden Globes den Preis für das beste Drehbuch bereits abgeräumt. Eine oder mehrere Oscar-Nominierungen (Regie, Darsteller) sind da nicht abwegig.

Auch mit seinem dritten Spielfilm überzeugt Jason Reitman. "Up in the Air" ist eine unterhaltsame, interessante Geschichte mit aktuellem thematischen Bezug und einem George Clooney in Bestform, der mit Anna Kendrick und Vera Farmiga zwei ebenso überzeugende Mitspielerinnen an seiner Seite hat. Nicht verpassen!

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 22.01.2010

Up in the Air

USA 2009. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 108 Min. Bildverhältnis: 1.85:1 Kinostart: 23.12.2009 (USA) 04.02.2010 (D). Budget:25 Mio. USD Einspiel: 64.9 Mio. USD (USA) 72.1 Mio USD (weltweit) Regie: Jason Reitman. Buch: Walter Kirn Screenplay: Sheldon Turner, Jason Reitman Kamera: Eric Steelberg. Schnitt: Dana E. Glauberman. Musik: Rolfe Kent, Matt Messina. Darsteller: George Clooney, Vera Farmiga, Anna Kendrick, Jason Bateman, Amy Morton, Melanie Lynskey, J.K. Simmons, Sam Elliott, Danny McBride, Zach Galifianakis, Chris Lowell

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