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2006
Bilder © HBO Films
**** Rocket Science
jeffrey blitz


Hal Hefner (Reece Thompson), ein 15-jähriger Schüler der Plainsboro Highschool in New Yersey, hat eine Problem welches ihm den Alltag erschwert. Er stottert und kriegt das trotz verschiedener Tricks nicht so recht in den Griff. Als ihn die hübsche Ginny (Anna Kendrick) dazu ermuntert sich dem Debattierclub der Schule anzuschließen, lässt er sich darauf ein.

In Amerika gibt es Traditionen, die bei uns nicht so geläufig sind oder den selben Stellenwert haben: z.B. große Schulabschlussfeiern (Prom Night), Buchstabierwettbewerbe (Spelling Bee) oder den Debattierclub. Die beiden letzten Ereignisse werden zudem in Wettbewerbsform ausgetragen und mit Trophäen gekrönt. Wie engagiert die Kids beim Buchstabieren bei der Sache sind hat uns Regisseur Jeffrey Blitz in seiner interessanten Dokumentation "Spellbound" (2002) gezeigt. Für sein zweiten Film und gleichzeitig sein Spielfilmdebüt beschäftigt er sich wieder mit der Relevanz, die Sprache hat.

Das hat auch einen autobiographischen Hintergrund, denn Blitzer selbst hat in seiner Jugend heftig gestottert und sich quasi über die mehrjährige Teilnahme am Debattierclub selbst kuriert. Damit hören die Parallelen aber schon auf, denn mit Protagonist Hal Hefner erschafft Blitzer eine völlig andere Figur, die neben der eigenen Ausdrucksproblematik auch mit einem turbulenten Familienleben umzugehen hat. Denn da gibt es einen etwas älteren Bruder, der ihn oft nervt und gerne auch mal Sachen klaut und ein zerrüttetes Verhältnis der Eltern untereinander mit der Konsequenz, dass plötzlich ein neuer Lover der Mutter mit am Tisch sitzt.

Ausgerechnet noch der Vater von Hals koreanischem Schulfreund Heston (Aaron Yoo). Und wenn sich dann auch noch die Liebe in Gestalt der redegewandten Ginny Ryerson (Anna Kendrick) in sein Leben drängt, dann gerät schon mal das Gefühlsleben des unerfahrenen 15-jährigen Burschen durcheinander. Blitz hat ein gutes Gespür dafür wie sich pubertierende Jugendliche verhalten und so inszeniert er diese ungewöhnliche Geschichte auch so einfühlsam, dass sie glaubwürdig und natürlich rüberkommt ohne den Ernst der Situation ins Lächerliche zu ziehen. Er vermeidet es auch in das Fahrwasser der konventionellen Highschool-Junge-liebt-Mädchen-Geschichte zu geraten wie sie uns Hollywood so oft vorsetzt.

Die Ohren schlackern einem aber schon nach den ersten Minuten des Films, wenn man einen ersten Eindruck vom Wettbewerb des Debattierens bekommt und Darsteller Nicholas D'Agosto demonstriert wie gut er sich auf die Rolle vorbereitet hat. Da werden Argumente wie Maschinengewehrsalven auf dem Schlachtfeld heruntergerasselt, denn wie beim Blitzschach hat man nur eine geringe Minutenanzahl zur Verfügung. Als ungeübter Neuling dieser Sprachführung ist man einfach nur verblüfft und hat vermutlich mehr als die Hälfte nicht verstanden. Laut Blitzer hat er diese Art zu Reden für den Film sogar noch verlangsamt. Da steht dann das mühsame Reden von Hal im krassen Gegensatz dazu und ist dramaturgisch äußerst reizvoll.

Den hervorragenden Darstellern ist es aber vorrangig zu verdanken, dass der Film eine emotionale Tiefe schafft ohne irgendwelches Rührseligkeitsgedusel aufkommen zu lassen. Blitz wollte seine Protagonisten altersgerecht besetzten was sich am Ende auch ausgezahlt hat. Den richtigen Kandidaten zu finden, der das spezielle Stottern lernen konnte, war allerdings äußerst zeitaufwendig und das ganze Projekt wäre beinahe geplatzt, weil der richtige Kandidat erst nach sechs Monaten gefunden wurde - zwei Wochen bevor die Frist vom TV-Sender HBO auslief. Der 1988 geborene Kanadier Reese Thompson hatte zuvor schon in einigen TV-Serien gespielt und war auch im Kinofilm "Dreamcatcher" zu sehen.

Die drei Jahre ältere Anna Kendrick ist mittlerweile Millionen von Teenies durch die Erfolgsromanverfilmungen der "Twilight-Saga" bekannt. Der Älteste im Bunde mit satten 27 Jahren ist Aaron Yoo, der aber selbst heute noch als Berufsjugendlicher durchgeht und in "Rocket Science" auch optisch so verändert wurde, dass man ihm den Schuljungen noch abnimmt. Yo war bereits in Hollywoodstreifen wie "Disturbia", "21" und "Freitag, der 13" zu sehen. Ab 7.Januar dann im Gerard-Butler-Actioner "Gamer". Die Erwachsenen spielen im Film hier nur eine untergeordnete Rolle, sind aber für einige Lacher gut. Der Film gehört aber ohne Zweifel Reece Thompson, der die Hauptlast der dramaturgischen Entwicklung seiner Figur ohne Probleme und mit Bravour trägt.

Regisseur Blitzer wird nach einigen Regiearbeiten bei TV-Serien (z.B. The Office) im Januar 2010 auf dem Sundance Filmfest seine neue Dokumentation vorstellen. Da geht es dann um Lottogewinner und ist betitelt mit "Lucky". Auch "Rocket Science" hatte damals seine Weltpremiere beim Festival in Utah.

DVD (HBO Films/Optimum Releasing, PAL, Code 2, 97 min)

Der Film wird im anamorphen 1.78:1-Format präsentiert. Den Ton gibt's in englischer Sprache wahlweise in DD5.1 oder Stereo. Leider fehlen Untertitel. Die Extras umfassen ein ausführliches, sehr informatives Interview mit Regisseur Jeffrey Blitz (22 min; 16:9) sowie Kurzstatements von den Hauptakteuren (jew. ca. 2min). Die Interviews sind nicht auf der US-DVD enthalten. Außerdem gibt es noch einige Trailer: "Rocket Science", "Eagle vs. Shark", "Brick", Me and You and Everyone We Know".

Eine tolle, spannende und sehr warmherzige Komödie um einen Jungen, der stottert, sich aber engagiert seinem Problem stellt. Ein Independentfilm, der eben nicht den gängigen Klischees der Hollywoodproduktionen um Teenagerprobleme folgt. Nicht verpassen!


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 27.12.2009

Rocket Science

USA 2006. Farbe.Originalsprache: Englisch. Länge: 97 Min. Bildverhältnis: 1.78:1 Kinostart: 10.08.2007 (USA). Budget: 6 Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: Jeffrey Blitz. Buch: Jeffrey Blitz. Kamera: Jo Willems. Schnitt: Yana Gorskaya. Musik: n/a. Darsteller: Reece Thompson, Anna Kendrick, Vincent Piazza, Aaron Yoo, Nicholas D'Agosto, Utkarsh Ambudkar, Candace Scholz .

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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih