Home || Suchen || Aktuell || Kritiken || Festival & Co. || Coole Köpfe || Medien || Downloads || Links || Sitemap
Filmwahl > 0-9 | A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | X | Y | Z

 
2012
Bilder © Studiocanal
**** Flight
robert zemeckis


Der Absturz eines Passagierflugzeugs kostet sechs Menschen das Leben. Ein Sündenbock muss her. So gerät auch der Pilot und seine Lebensweise ins Visier der ermittelnden Behörden.

Es ist schon einige Jahre her, dass Regisseur Robert Zemeckis, berühmt geworden in den 1980ern mit seiner „Zurück-in-die-Zukunft“-Trilogie, einen Realfilm inszeniert hat. Das war vor 12 Jahren „Cast Away – Verschollen“ und da war wie in „Flight“ ein Flugzeugabsturz Auslöser dramatischer Ereignisse. Zemeckis beschäftigte sich in seinen letzten drei Filmen mit dem sogenannten Motion Capture-Verfahren bei dem der Schauspieler im fertigen Film zum quasi-realen Computeranimationsabbild wird. Eine Technik mit denen auch große Regisseure wie Steven Spielberg, Peter Jackson und James Cameron – allerdings erfolgreicher – arbeiten. Nun hat Zemeckis dieses technische Kapitel erst einmal beendet und lässt wieder Emotionen ungefiltert durch die Darsteller auf den Zuschauer wirken. Denzel Washington (The Book of Eli, American Gangster) spielt die Hauptrolle und nutzt die Gelegenheit einen gebrochenen Charakter, der sich sein Alkoholproblem nicht eingestehen will, eindrucksvoll zu verkörpern. Lange hat man ihn nicht mehr so gut spielen sehen und Zemeckis lässt ihn auch saufen, rauchen, Drogen konsumieren und anderen Versuchungen nachgeben. Unsympathisch wirkt er deswegen nicht, dafür menschlich. Aber sein Verhalten ist rücksichtslos und gefährdet das Leben anderer. Wer will schon während der Flugreise einen angetrunkenen Pilot im Cockpit sitzen haben ? Whip Whitaker, der erfahrene Pilot, dem der 57-jährige Washington ein Gesicht gibt, ist gerade wegen seiner Fehler eine interessante Figur.

Sucht begegnet uns auch in einer anderen drastischen Form. Kelley Riley (Eden Lake, Sherlock Holmes) spielt eine junge Frau namens Nicole, die ihr Leben nicht im Griff hat, sich Drogen spritzt und es hätte nicht viel gefehlt und sie wäre an einer Überdosis gestorben. Im Krankenhaus trifft sie auf Whitaker, der sie bei sich aufnimmt. Beide wissen, dass sie diesmal mit Glück mit dem Leben davongekommen sind und dass es an der Zeit ist sein Leben zu ändern. Aber leicht ist das nicht. Whitakers verheimlichtes Alkoholproblem droht im Zuge der Ermittlungen der Bundesbehörde für Flugsicherheit an die Öffentlichkeit zu kommen und könnte dafür sorgen, selbst wenn sein Promillegehalt im Blut nicht ursächlich für den Absturz war, dass er ins Gefängnis kommt. Störrisch, fast naiv glaubt er an seine Unschuld und erwartet das auch von den Ermittlern. „The plane was fucked“ sagt er an einer Stelle. Und die Medien, die sein waghalsiges Flugmanöver das 96 Menschen das Leben gerettet hat, feiern, geben ihm keinen Anlass den Ratschlägen zur Schadensbegrenzung von ihm wohlgesonnenen Menschen zu folgen. Dass die Pressemeute sein Versteck auf dem Lande allerdings lange nicht findet wirkt in unserer heutigen von Sensationsgier geprägten Medienwelt etwas merkwürdig. Und auch der Entzug und die Leiden der drogensüchtigen Nicole wird zu wenig thematisiert. Da zeigt sich, dass Nicole dann doch nur eine untergeordnete Figur ist, die nicht die volle Aufmerksamkeit bekommt, die sie haben sollte.

Über zwei Stunden nimmt sich Zemeckis Zeit dieses mit 31 Mio. US-Dollar relativ niedrig budgetierte Drama zu entfalten und findet eine gute Balance zwischen Spannungsmomenten, absurd-grotesken Handlungsabfolgen und ungeschönten Dialogen. Insbesondere die erste halbe Stunde, in der tricktechnisch äußerst überzeugend der Flugzeugabsturz geschildert wird, zieht den Zuschauer schnell in den Bann. Dass die Geschichte auch nach dem Schlüsselereignis nie langweilig wird, dazu tragen Washingtons Mitspieler bei wobei insbesondere Kelley Riley überzeugt. Don Cheadle (Iron Man 2, Die Liebe in mir) spielt den Anwalt, der Whitaker quasi aufgezwungen wird, und mit dem er sich hitzige Wortgefechte liefert. Bruce Greenwood (Thirteen Days, Antarctia) versucht die Fronten zu beschwichtigen. Melissa Leo (The Fighter) nimmt den Piloten ins öffentliche Kreuzverhör. Einen denkwürdigen und komischen Auftritt hat wieder einmal John Goodman (The Artist, The Big Lebowski), der als bester Kumpel Whitakers für die termingerechten Lieferungen von Koks, Wodka und Pornoheften zuständig ist und alle Tricks kennt, wie man einen von nächtlichen Exzessen geschundenen Körper in kürzester Zeit wieder präsentabel macht.

Einen leichtbekömmlichen Blockbuster liefert Zemeckis nicht, auch keinen kompromisslosen Beitrag zum Thema Sucht. Dennoch inszeniert er ein spannendes Drama um den Kampf mit den Lebenslügen. Denzel Washington spielt klasse, spult seine Rolle eben nicht im Autopilot-Modus herunter wie in einigen seiner letzten Filme. Sehenswert!

Text © Markus Klingbeil
18.12.2012

Flight

USA 2012. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 138 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 02.11.2012 (US) 24.01.2013 (D). Budget: 31 Mio. USD Einspiel: > 94 Mio USD. (weltweit) Regie: Robert Zemeckis. Drehbuch: John Gatins. Kamera: Don Burgess. Schnitt: Jeremiah O'Driscoll. Musik: Alan Silvestri. Darsteller: Denzel Washington, Kelly Reilly, Bruce Greenwood, Don Cheadle, John Goodman, Melissa Leo, Nadine Velazquez, Piers Morgan .
Suchen || FAQ || Impressum || Sitemap
© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih