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2014

Bilder © Warner Bros.
*** American Sniper
clint eastwood


Als der 30-jährige Rodeocowboy Chris Kyle von Anschlägen auf US-Botschaften im Ausland hört beschließt er sich bei der US Navy zu verpflichten. In einer Spezialeinheit, den SEALS, dient er bei mehreren Militäreinsätzen im Irak als Scharfschütze seinem Land.

Ein Held. Ein amerikanischer Kriegsheld. Dies ist die Geschichte von Chris Kyle, einem U.S. Navy SEAL, der es sich nach den Anschlägen aufs World Trade Center zur Aufgabe machte für sein Land zu kämpfen. Als Scharfschütze hatte er vier Einsätze im Irak, war dort insgesamt über 1000 Tage, auch mal neun Monate am Stück. Seine Aufgabe war es Marines Feuerschutz zu geben was meist bedeutete stundenlanges Liegen auf einer erhöhten Aussichtsstelle, den Blick durchs Zielfernrohr gerichtet. Und wenn erforderlich Aufständische und sogar Zivilisten erledigen, wenn sie die Absicht haben US-Soldaten zu töten. Kyle veröffentlichte kurz nach dem Verlassen der Navy ein Buch über seine Erlebnisse im Krieg (ein Bestseller). Steven Spielberg wollte seine Geschichte verfilmen, verließ das Projekt aber im August 2013 angeblich wegen Budgetstreitigkeiten. Drei Wochen später übernahm Clint Eastwood (Gran Torino, Million Dollar Baby). Kyle war da schon nicht mehr am Leben. Er wurde am 2. Februar 2013 im Alter von 38 Jahren von einem Kriegsveteran erschossen. Welchen Stellenwert „der tödlichste Scharfschütze der US-Militärgeschichte“ (so der Zusatztitel der Autobiographie) in den USA hatte zeigt uns Eastwood kurz vor den (ohne Musik ablaufenden) End-Credits anhand von Original-TV-Aufnahmen. In Texas wird der Leichenwagen von mehreren Polizeiautos eskortiert, viele Menschen stehen entlang des Highways, auf Brücken mit US-Flaggen und beschriebenen Schildern. Im Footballstadion der Dallas Cowboys gibt es einen Gottesdienst. So gedenkt man Helden in Amerika.

Dass Eastwood „The Legend“ wie man Kyle, dem 160 Tötungen während seiner aktiven Zeit zugeschrieben wurden, also nicht schlecht aussehen lassen würde ist nicht verwunderlich. Gespielt wird der Navy SEAL von Bradley Cooper (Hangover-Trilogie, Silver Linings), der 20 kg Muskelmasse draufpacken musste um seinem realen Vorbild zu entsprechen. Eine Oscarnominierung hat es ihm eingebracht obwohl man sich fragt, warum eigentlich ? Denn viel Spielraum um schauspielerisches Können zu demonstrieren gibt ihm Eastwood nicht. Während der über zwei Stunden Spielzeit springt der Film hin und her zwischen kurzer Familienzeit und langen Kriegssequenzen. Alle vier Einsätze Kyles deckt auch der Film ab so wird viel geschossen und getötet, brutal & unbarmherzig – auf beiden Seiten. Emotionen offen zu zeigen ist einem harten Soldaten nicht möglich und so bröckelt die Fassade nur leicht als Kyle nach der Tötung eines Kindes (die Mutter hatte es mit einer Granate für die US-Soldaten losgeschickt) die Aktion reflektiert. Um die Kriegsmonotonie aufzuweichen und den Heldenstatus weiter zu zementieren gibt es für Kyle zudem zwei zusätzliche Feindbilder unter den „Barbaren“. Einen syrischen Scharfschützen, Mustafa (Sammy Sheik, Lone Survivor), der viele US-Soldaten getötet hat sowie den „Schlächter“, einen besonders grausamen Gegner, der Iraker, die den Amerikanern helfen, mit der Bohrmaschine foltert und tötet – auch Kinder. Kyle selbst wird unter den Aufständischen so sehr gefürchtet, dass man ein Kopfgeld (80.000 US-Dollar) auf ihn ausgesetzt hat.

Eastwood versucht dem unerschütterlichen Patriotismus Kyles immerhin in ein paar Sequenzen doch etwas entgegenzusetzen. Kyles jüngerer Bruder, der auch zum Armeedienst in den Irak ging, ist froh als er das Land wieder Richtung Heimat verlassen kann. Und auch Kyles Frau Taya (Sienna Miller, G.I. Joe – Geheimauftrag Cobra) zuhause mit den Kindern in Texas erkennt, dass der Krieg ihren Mann verändert und versucht unentwegt ihn daran zu erinnern, dass seine Familie ihn braucht. Emotional berührend sind diese Szenen aber nicht, wirken zwischen Bootcampdrill zu Beginn und zahlreichen Häuserkämpfen im weiteren Verlauf der Inszenierung fast schon wie Fremdkörper. Kyle ist bis zuletzt beim Gespräch mit einem Psychiater so sehr von seinem Handeln überzeugt, dass er sein Bedauern äußert nicht noch mehr US-Soldaten mit seinen Fähigkeiten (er konnte einen Todesschuss auf 1,92 km Entfernung setzen) das Leben gerettet zu haben. In den USA wurde der Film zum Publikumshit und für den 84-jährigen Eastwood zum kommerziell erfolgreichsten Film in seiner über 50 Jahre langen Karriere. Drei Wochen hielt sich „American Sniper“ an der Spitze der Kinocharts und wird in den nächsten Tagen die 400-Mio-Dollar-Einspielmarke weltweit knacken.

Ganz unspannend ist der Film nicht, die Kriegsszenen mit ihren Schusswechseln sind perfekt inszeniert, doch so richtig hinter die Maske des patriotischen Scharfschützen lässt uns Eastwood nicht blicken.

Text © Markus Klingbeil
21.02.2015

American Sniper

USA 2014. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 132 Min Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 25.12.2014 (US) 26.02.2015 (D). Budget: 58.8 Mio. USD Regie: Clint Eastwood. Drehbuch: Jason Hall. Buchvorlagen: Chris Kyle, Scott McEwen, James Defelice. Kamera: Tom Stern. Schnitt: Joel Cox, Gary Roach. Musik: n/a. Darsteller: Bradley Cooper, Sienna Miller, Kevin Lacz, Jake McDorman, Luke Grimes, Sammy Sheik, Tim Griffin, Eric Ladin, Cory Hardrict, Reynaldo Gallegos, Eric Close, Mido Hamada.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih