Leergut / Vratné lahve / Empties (Tschechische Republik 2007) von Jan Sverák mit Zdenek Sverák | komödie | reviews

Beppo (Zdenek Sverák), Mitte 60 und seit knapp 40 Jahren mit Eli (Daniela Kolárová) verheiratet, hat den Lehrerberuf satt und kündigt. Da aber die eheliche Flamme nicht mehr ganz so lodert wie früher und die Opa-Rolle ihn nicht ausfüllt, versucht Beppo sich an anderen Jobs bis er beim Supermarkt in der Leergutannahme landet. Und er merkt außerdem, dass er für außereheliche weibliche Reize empfänglich ist.

Kritik

‚Kolya' wurde 1997 als bester ausländischer Film mit dem Oscar ausgezeichnet (u.a. hatte Patrice Lecontes ‚Ridicule' das Nachsehen). Und auch in ihrer fünften Zusammenarbeit zeigt das Vater/Sohn-Erfolgsteam Sverák, dass das osteuropäische Kino wie bereits kürzlich mit ‚4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage' gesehen, bewegende, spannende, traurige und heitere Geschichten erzählen kann. In ‚Leergut' beschreibt Autor Zdenek Sverák, der Vater des Regisseurs Jan Sverák, eine Geschichte aus dem Leben eines älteren Ehepaares, bei denen der Alltag längst eingezogen ist und trotz aller routinierter Harmonie die Leidenschaft fehlt. Zdenek Sverák selbst übernimmt die altersgemäße Hauptrolle und verleiht der Figur durch sein überzeugendes Spiel sympathische, ehrliche Züge, sei es durch seine liebevolle Art mit dem Enkelkind umzugehen, die Freundlichkeit mit denen er den Menschen begegnet oder wie er daran arbeitet alleinstehende Menschen zu verkuppeln. Dabei versucht er aber auch mit allen Mitteln nicht zum ‚alten Eisen' zu zählen oder als ‚Nichtstuer' zu gelten und verweigert sich konsequent den Altersspaziergängen mit den Herren aus der Nachbarschaft.

Dass auch er kein Musterknabe ist und erotische Phantasien von Frauen aus seinem Lebensumfeld hat tut der Sympathie, die man ihm entgegenbringt keinen Abbruch. Es zeigt vielmehr, dass im Alter nicht immer die Sorge um Krankheit im Vordergrund stehen muss sondern auch ein zweiter oder dritter Frühling erlaubt ist. Da scheut sich Beppo dann auch nicht sich beim Ex-Schwiegersohn nach Potenzmitteln für einen potentiellen Seitensprung zu erkundigen. Erfreulicherweise bleibt Jan Sverák dem lockeren, subtil-komödiantischen Inszenierungsstil treu und verzichtet darauf ins melodramatische Fach abzugleiten. Dafür sorgen dann auch interessante Nebencharaktere, wie ‚Schwätzer' (Pavel Landovsky), der wortkarge, grummelige Kollege von der Leergutannahme oder ‚Wolf' (Jan Budar) von der Papier- und Kartonzerkleinerung, der mit wenig Selbstbewusstsein ausgestattet eine attraktive Kundin ins Auge fasst. Dazu darf ein Standesbeamter (Jan Vlasák, bekannt als fieser Geschäftsmann aus ‚Hostel') dafür sorgen, dass Ehefrau Eli, verwundert und leicht verärgert über das Verhalten ihres Mannes, etwas von der Frühlingsbrise abbekommt. Auch Beppos vom Mann verlassene Tochter wird vom Drehbuch nicht vergessen. Kuriosum am Rande: Mit Daniela Kolárová spielte Zdenek Sverák schon vor 30 Jahren im Film ‚Na Samote U Lesa' (1976) ein Ehepaar. Die Photos im Film sind also echt und nicht im Bildbearbeitungsprogramm entstanden.

‚Leergut' ist nach dem oscarnominierten Film ‚Volksschule' (1991) und ‚Kolya' (1997) der Abschluss von Sveráks Trilogie der Lebensalter, jeweils mit Sohn Sverák als Regisseur und Vater Sverák als Autor und Hauptdarsteller. In Tschechien war diese herzliche Komödie über das Leben im Alter ein Kassenschlager und avancierte mit 1 Million Zuschauer und umgerechnet 5 Mio. Dollar Einspiel zum kassenträchtigsten Film aller Zeiten. Vor 10 Jahren lief ‚Kolya' (man achte auf den TV-Programm-Gag!) sehr erfolgreich in den deutschen Kinos - 624.000 Zuschauer wollten damals die Geschichte vom 5jährigen Jungen und dem alten Mann sehen. ‚Leergut' hat gute Chancen auch hierzulande zum Publikumsliebling in den Arthaus-Kinos zu werden. Die diesjährigen Festivals in Cottbus und Hamburg waren schon einmal ein Vorgeschmack.

FAZIT

‚Leergut', der neue Film vom ‚Kolya'-Erfolgsteam aus Tschechien, beschreibt eine humorvolle, herzliche Geschichte ums Altern, um die Liebe im Alter, um Bedürfnisse im Alter und um den Familienzusammenhalt. Leicht und locker ohne kitschig zu wirken - dank eines tollen Hauptdarstellers und seinen nicht weniger überzeugenden Mitspielern.

[4/5]

Markus Klingbeil. 28.11.2007
Bilder (c) Kool Filmverleih