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2008
Bilder © Sony
**** 96 Hours
pierre morel


Ex-CIA-Agent Bryan Mills (Liam Neeson) will die durch seinen Beruf bedingte häufige Abwesenheit von seiner Familie wieder gutmachen. Die Ehe mit Leonore (Fanke Janssen) ist zwar schon zerbrochen doch an seiner 17-jährigen Tochter Kim (Maggie Grace) liegt ihm so viel, dass er sogar nach Kalifornien gezogen ist um in ihrer Nähe zu sein. Als Kim auf ihrer Europa-Urlaubsreise in Paris von albanischen Mädchenhändlern gekidnappt wird bleiben Mills nur 96 Stunden um sie wiederzufinden.

Familienzusammenhalt ist wichtig und ein gerne verwendeter dramaturgischer Ausgangspunkt in Filmen. Auch das Verschwinden eines Familienmitgliedes wurde bereits in vielen Thrillern thematisiert wie z.B. in "Spoorloos" (1988), "Frantic" (1988) oder "Kopfgeld" (1996). Für Protagonist Bryan Mills ist Familie auch wichtig. Der erkennt das aber spät und so hatte der Beruf als Agent der Vereinigten Staaten von America sehr zum Leidwesen von Gattin Leonore immer Vorrang. Ein wichtiges Ereignis hat Bryan aber all die Jahre nie vergessen. Den Geburtstag der gemeinsamen Tochter Kim. Die lebt nun mit ihrer Mutter und deren neuen Ehemann äußerst luxuriös. Dagegen wirkt Bryans Domizil fast wie eine Absteige, doch was für ihn zählt ist die Nähe zur Tochter und die Normalisierung ihrer Beziehung zueinander. Die Verschleppung von Kim und die Vorstellung sie nie wieder zu sehen ist daher das Schlimmste was passieren kann. Diese kurz gehaltene Vorgeschichte ist Ausgangspunkt einer schnörkellosen Hetzjagd durch die Strassen von Paris, der Geburtsstadt von Drehbuchautor und Produzent Luc Besson, der diesen Thriller in Zusammenarbeit mit Robert Mark Kamen entwickelt hat.

Seit "Das fünfte Element" (1997) arbeiten Besson und Kamen zusammen an Drehbüchern zu actionreichen Unterhaltungsfilmen wie der "Transporter"-Reihe. Und mit Pierre Morel steht auch ein Regisseur zur Verfügung, der mit dem von Besson produzierten "Banlieu 13" (2004) schon seine Duftmarke im Actiongenre gesetzt hat. In einer Zeit wo Jack Bauer, James Bond und Jason Bourne als Actionhelden in TV & Kino mit kompromisslosen weitgehend ironiefreien Auftritten die Massen begeistern, da kommt so einer wie Bryan Mills gerade recht. Mills steht den Kollegen in Punkto Härte in nichts nach, wenn er in kalkulierter "Ein-Mann-sieht-rot"-Manier im Alleingang die Pariser Unterwelt aufmischt und sich weder um Regeln noch um rechtliche Konsequenzen schert. Als Ex-Agent hat er Fähigkeiten und nützliche Kontakte, so dass er sich den Luxus erlauben kann nicht die lokale Polizei einzuschalten. Die hat er ohnehin auf dem Hals, weil er immer mehr tote Gangster auf seinem Weg zum Ziel zurücklässt. Der 43-jährige Albert Dupontel zeigte erst kürzlich im Sci-fi-Thriller "Chrysalis" (2007), dass man auch als erfahrener Charakterdarsteller die körperlich anstrengenden Fights in Mann-gegen-Mann-Situationen überzeugend absolvieren kann. Nicht anders ist es mit Liam Neeson. Der großgewachsene Ire, Jahrgang 1952, überrascht in einer Vielzahl solcher Actionszenen, insbesondere wenn er es mit mehreren Gegnern gleichzeitig aufnimmt.

Da wird nicht lange gefackelt oder unnötig rumgequatscht sondern das erlernte Tötungshandwerk präzise angewandt. Das wirkt hier nicht platt oder monoton, weil die Szenenabfolge geschickt konstruiert ist und die Umgebung in der sich der Protagonist befindet ständig wechselt - damit die situationsbedingten Anforderungen. Neeson hat als Vater trotz seiner Wirkung als paranoider Kontrollfreak die Sympathien des Publikums auf seiner Seite. Wenn sich die düsteren Facetten seines Charakters, geprägt durch die Tätigkeit für Onkel Sam, zeigen und er jeden einzelnen, der an der Entführung der Tochter beteiligt war, eiskalt tötet, anstatt sie der Polizei auszuliefern, dann mutiert seine Rettungsmission zum Rachefeldzug und sein Handeln wird fragwürdig. Die äußerlich kaum zur Schau gestellte Verzweiflung wird von Mills ausgeprägtem Selbstbewusstsein überdeckt. So sind seine markigen Sprüche mehr als nur One-Liner zur Publikumsbelustigung. Dass er gut in seinem Job war und keiner ist mit dem man sich anlegen sollte wird früh im Film demonstriert und so hat man im Verlauf auch keine Probleme die Kaltschnäuzigkeit und das angelernte streng rationale Vorgehen von Mills zu akzeptieren. Dass dieses "Über-Leichen-gehen" im Endeffekt keine rechtlichen Konsequenzen für den Amerikaner in Paris hat und die fast spielerische Leichtigkeit mit der er über seine Gegner triumphiert sind leider auch Schwachpunkte des Drehbuchs.

Für schwere Rückschläge bleibt keine Zeit. Die brutale aber effektive Arbeitsweise des Ex-Agenten erhält seine moralische Begründung durch das menschenverachtende Handeln der albanischen Mafia, die junge Frauen kidnappt, mit Drogen gefügig macht und als Prostituierte verkauft. Das erinnert ansatzweise an die thematisch verwandten amerikanischen Horror-Streifen "Hostel" und "Hostel 2" wo sowohl junge Männer als auch Frauen während ihres Europaurlaubs gekidnappt und zwecks Tötungsabsicht an den Meistbietenden verschachert werden. Dieses perfide Bieten um menschliche Ware findet in "96 Hours" im elitären Kreis statt, wo bis zu 500.000 Euro für eine Frau bezahlt wird. Dass solche Erlebnisse besonders entwürdigend für die betreffende Person ist und als traumatisches Erlebnis nicht so ohne weiteres abgehakt werden kann, darauf verwendet die Geschichte aber keine Zeit. Auch wenn die Autoren nie einen sozialkritischen Beitrag im Sinn hatten sondern vorrangig den Action-Thrill bedienen wollten, verharmlost das Hollywood-Ende um ja keine düstere Endstimmung zu verbreiten. Doch mit einem ehrlicherem Schluß hätte der Film nur gewinnen können.

Luc Besson schreibt Drehbücher und produziert Filme wie am Fliessband. Mit "96 Hours" liefert er einen kurzweiligen, schnörkellosen Thriller mit einem überzeugendem Liam Neeson in körperlicher Höchstform. Nicht alles ist nachvollziehbar was sich da abspielt und ein besseres Ende wird verschenkt, nichtsdestotrotz liefert dieser Thriller spannende Unterhaltung und mehr wollten die Macher sicher nicht erreichen.
Text © Markus Klingbeil
VÖ: 06.12.2008

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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