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2006
Bilder © Filmverleih
*** Frontier(s)
xavier gens


Vier kriminelle Jugendliche flüchten vor der Pariser Polizei Richtung Holland. Kurz vor der französisch-belgischen Grenze machen sie Halt bei einer abgelegenen Pension und geraten dabei in die Fänge eines Alt-Nazis und seiner sadistischen Sippe.

Wenn bei uns französische Filme regulär im Kino laufen, dann nur wenn es Arthaus-Dramen, leichte Liebeskomödien sind oder der Name Chabrol, Huppert oder Bonnaire assoziiert ist. Düsteres aus dem Nachbarland wie jüngst ‚Crime Insiders' und ‚Counter Investigation' wandert gleich in die Videothek. Fiese Schocker wie 'Haute Tension' oder der hier zu besprechende ‚Frontier(s)' findet man höchstens auf internationalen Festivals wie z.B. in Toronto oder in Deutschland beim Fantasy Filmfest.

Regisseur Xavier Gens, der in den 90er Jahren filmische Erfahrungen bei Hong Kong-Größen wie Tsui Hark und Ringo Lam sammelte, war zuletzt mit der Computerspiel-verfilmung ‚Hitman' auf bundesdeutschen Leinwänden vertreten. Bei seinem neuesten Streich ist es aber dank exzessiver Gewaltszenen und zahlreicher Referenzen zum Nationalsozialismus kaum vorstellbar, dass der Film ohne Schnitte bei uns auf DVD erscheinen wird. Insbesondere wenn man die Haltung der FSK zu diversen US-Horrorfilmen der letzten zwei Jahre bedenkt.

Was ‚Frontier(s)' auch vom gegenwärtigen Horrorfilm abhebt ist zunächst die Abwesenheit von Sympathiefiguren. Schon in der Eingangssequenz, die bei Unruhen in einem Pariser Vorort spielt - ausgelöst durch Ergebnisse der Präsidentenwahl - zeigt sich mit welcher Brutalität die jugendlichen Kriminellen gegen Polizisten vorgehen, eine Gewalt, die sie in weit größerem Ausmaß im Verlauf der Geschichte selbst erfahren müssen. Dadurch, dass aber die mörderische Familie unter Altnazi Von Geisler von Tabugrenzen keine Notiz nehmen und ihre ahnungslosen Opfer regelrecht abschlachten taugen die politikverdrossenen Jugendlichen schon eher, wenn man so will, als Identifikationsfiguren.

Die Idee für die Geschichte hatte Gens bereits 2002, als der rechtsextreme Politiker Le Pen es in den zweiten Wahlgang zur Präsidentschaftswahl schaffte und damit einen nachhaltigen Schockzustand Frankreichs verursachte. Die Jugendlichen im Film geraten sozusagen vom Regen in die Traufe, denn sie verfluchen eine rechtslastige Politik und werden dann brutal mit der Hitler-Ideologie vom Rassemenschen konfrontiert. Weil Gens Vision des Films nicht mit der des ursprünglichen Verleihs konform war (er sollte eine Altersfreigabe ab 12 Jahren liefern) sprang Eurocorp, Luc Bessons Produktions- und Verleihfirma ein. Eurocorp hatte z.B. auch schon den französischen Gewaltschocker ‚Haute Tension' von Alexandre Aja produziert. So konnte Gens die Splatterszenen, deren Realisierung er aus eigener Tasche finanzierte, wie geplant im Film unterbringen.

Gens' blutige Horrorfahrt erinnert stark an Tobe Hoopers ‚Texas Chain Saw Massacre', denn schon damals, 1974, verirrten sich junge Menschen in der Einöde und wurden von einer irren Familie zerlegt. Eindeutige Referenzen sind z.B. das erzwungene, geradezu zelebrierte Kannibalen-Familienabendessen mit Zwangsgast. Penetrant werden dem Zuschauer nicht nur in dieser Szene Nazi-Phrasen unter die Nase gerieben. Dabei entspricht der 82-jährige Schauspieler Jean-Pierre Jorris mit seiner hageren Statur, der Mimik, Gestik und seiner Aussprache dem verbreiteten Klischee des Alt-Nazis, der nicht nur mit Uniform und Pistole seiner dämonischen, menschenverachtenden Figur Ausdruck verleiht sondern seine Anweisungen an seine hörigen Töchter und Söhne auch in deutscher Sprache artikuliert. Wenigstens erspart Gens uns ein Strammstehen mit ausgestrecktem Grußarm.

Abgesehen von dem unnötig ausgewalzten Nazi-Subplot beschränkt sich Gens auf altbewährte Zutaten und würzt die Fluchtversuche der jungen Leute mit deftigen Splattereinlagen und Gewaltszenen, die im Zeitalter des ‚Torture-Porn' à la ‚Hostel' und der ‚Saw'-Reihe fast schon zwangsläufig vorhanden sein müssen um im Blut-und-Gedärme-Sumpf seine Markierung zu setzen. Wirklich neues bringt uns die Geschichte also nicht, trotzdem vermag sie ein gewisses Spannungslevel zu halten, so dass dieser Beitrag für hartgesottene Genrefans einen Blick wert ist. Schon bei ‚Hitman' hat man gesehen, dass Gens eine ansprechende Bildästhetik hat. Auch bei ‚Frontier(s)' ist die - trotz kübelweise Blut (es wurden 400 Liter Kunstblut verwendet) - nicht zu übersehen.

Samuel Le Bihan, der den gnadenlosen Götz verkörpert und sich für den Part 4 Kilo an Muskelmasse zugelegte , war u.a. in ‚Pakt der Wölfe' und ‚Wahnsinnig verliebt' in einer Hauptrolle zu sehen, ist das bekannteste Gesicht im Film. Hier begnügt er sich mit eine Nebenrolle, die er überzeugend ausfüllt. Außerdem mit dabei sind zwei ehemalige Models, Karina Testa als toughe Protagonistin Yasmine und Estelle Lefebure als Gilberte, die verführerische, schiessgeile Trash-Tochter von Von Geisler. Mit einigen Darstellern arbeitete Gens schon bei seinen Kurzfilmen zusammen. Der bereits 2006, also noch vor ‚Hitman', für 1.5 Millionen Euro gedrehte Debutfilm von Xavier Gens lief auf mehreren Festivals, darunter Toronto 2007, und im Januar 2008 auch mit mäßigem Erfolg in den französischen Kinos an - mit einer bei uns undenkbaren 16er-Freigabe (!).

Der Brutalo-Splatter aus Frankreich trägt mit dem Grundgerüst der realitästfernen Familie mit sadistischer Mordlust nicht gerade neues zum Horrorgenre bei, bleibt aber fast durchweg spannend auch wenn ausgewalzte Nazi-Phrasen einen schalen Beigeschmack hinterlassen und manche Gewaltszenen zu übertrieben präsentiert werden.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 13.04.08

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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