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1973
Bilder © Joy Sales/ Fortune Star
**** Kung Fu Girl
lo wei


Peking, Anfang des 20.Jhdts. Die Stadt steht unter japanischer Aufsicht. Der Anführer einer Rebellengruppe, die sich gegen japanische Unterdrückung wehrt wird in der Gefangenschaft des Sicherheitschefs Lui vermutet. Siu Yiung (Cheng Pei-Pei) und ihre zwei Begleiter schleusen sich in dessen Haushalt ein um Informationen über den Aufenthaltsort ihres Anführers zu erfahren.

Das Jahr 1971 markierte sowohl für Regisseur Lo Wei also auch für Darstellerin Cheng Pei-Pei den Abschied von den Shaw Brothers Studios, die dort beide jahrelang unter Vertrag standen und zusammen fünf Schwertkampffilme drehten (u.a. Dragon Swamp, The Golden Sword). Lo drehte bis zur Gründung seines eigenen Filmstudios neben "Kung Fu Girl" noch ein gutes Dutzend anderer Filme für Golden Harvest. Am bekanntesten sind dabei seine beiden Filme mit Bruce Lee: "The Big Boss" und "Fist of Fury".

Cheng Pei-Pei nahm sich nach ihrem letzten Shaw-Film "The Lady Hermit" erstmal eine zweijährige Auszeit bevor sie noch einmal für zwei Filme bei Golden Harvest anheuerte um "Kung Fu Girl" und "Whiplash" zu drehen. Wieder vereint liefert das Erfolgsduo Lo/Cheng einen unterhaltsamen Kung-Fu-Film ab, der nicht nur durch seine Actionszenen unterhält sondern auch einen interessanten Plot liefert und Cheng auch mehr zumutete als mit Hand und Fuß Japaner und chinesische Verräter zu malträtieren.

Cheng Pei-Pei spielt in "Kung Fu Girl" die chinesische Widerständlerin Siu Ying, die einem Kameraden, gespielt von James Tien (Hand of Death, Dragon Fist), helfen will einen Anführer des Untergrundes zu befreien damit man dem Machtbestreben der Japaner Einhalt gebieten kann. Dazu muss sie sich aber als die Schwester von Sicherheitschef Lui (Au Wei) ausgeben um schnell sein Vertrauen zu gewinnen. Was der nämlich nicht weiß, ist das seine Schwester, die er zuletzt vor 18 Jahren gesehen hat, nicht mehr lebt.

Lo Wei, der nicht nur Regie führt, eine Nebenrolle spielt und für das Drehbuch verantwortlich ist, tut gut daran Au Wei nicht zum stereotypen Bösewicht zu machen sondern ihm Zeit gibt für eine facettenreiche Performance. Denn nie kann man sich sicher sein, ob die Figur des Sicherheitschefs, ein Kollaborateur, der mit beruflichen Aufstiegsambitionen schwanger ist, das durchtriebene Spiel seiner falschen Schwester erahnt oder die Freude über ein vermisstes Familienmitglied überwiegt.

Das Verhalten gegenüber seinen drei Gästen ist zunächst sehr freundlich, was auch noch einen zweiten sentimentalen Grund hat. Siu Ying ist zusammen mit ihrer Ziehmutter gekommen, jener Frau, die vor vielen Jahren auch Lui einmal vor dem Verhungern gerettet hat. Und die verabscheut innerlich wie sich der Bub entwickelt hat. Später lernen wir dann auch die skrupellose Seite des Beamten kennen, der es dem japanischen Konsul von Peking (Shishido Jo, bekannt aus "Asia-Pol" und "Branded to Kill") und seinem direkten Vorgesetzten Comissioner Wu (gespielt von Lo Wei) recht machen will.

Mit 27 Jahren hat Cheng in dieser 1973er-Produktion nichts von ihrem Martial-Arts-Können aus glorreichen Shaw-Tagen verloren und es ist schon ein hochinteressanter Moment, wenn sie in der ersten Filmhälfte auf einen jungen Jackie Chan trifft. Der war zu jener Zeit gerade mal 19 Jahre jung und auf Statistenrollen und Stuntdoubleparts abonniert. Sein großer Durchbruch als Leading Man sollte noch einige Jahre warten. Den wollte ihm Lo Wei verschaffen. Zunächst aber bekommt Jackie Chan in seinem Kurzauftritt als unverschämter Japaner von Cheng Pei-Pei kräftig den Hintern versohlt.

Für die weiteren Actionszenen sorgen neben einer Meute unbenannter Stuntmen auch der Actionchoreograph des Films, Han Ying-Chieh, der sich als Attentäter in einer Szene auch höchstpersönlich mit Hauptdarstellerin Cheng prügelt. Han hat in unzähligen Filmen den Stars die nötigen Schritte für aufregende Martial-Arts-Sequenzen beigebracht, u.a. auch Bruce Lee, Jackie Chan oder Jimmy Wang Yu um nur einige wenige zu nennen. Bei der wegweisenden Genre-Produktion "Come Drink With Me" (1966) arbeitete er erstmalig mit Cheng Pei-Pei zusammen und verhalf ihr zum gelungen Start als Actionheroine für eine Vielzahl an Filmen in den nächsten acht Jahren.

James Tien kämpft auch. Er redet zwar nicht viel im Film (viele Szenen hat er ohnehin nicht), darf aber effektiv mit Hand und Fuß gegen japanische Bösewichter vorgehen und damit seinen Einsatz für die gemeinsame Sache demonstrieren. Wenn dann die Konfrontation der gekauften Chinesen mit den Patrioten seinen Höhepunkt erreicht ist, dann ist auch für Tien die Leidenszeit unwiderruflich gekommen. Überhaupt kommt so mancher Tod überraschend und auch das Schicksal von Cheng Pei-Pei ist in dieser Form im Vergleich zu ihren Rollen früherer Filme doch etwas unerwartet.

Die Grundstimmung des Films ist aber keineswegs so penetrant anti-japanisch wie in so manch anderem Hong-Kong-Film. Dazu versammelt Lo Wei zu viele übergelaufene Chinesen und einen wenig diabolisch agierenden japanischen Konsul in seiner Geschichte.

VCD (Joy Sales / Fortune Star)

Leider gibt es diesen Film (noch) nicht auf DVD, d.h. die einzige Option Cheng Pei-Peis Golden-Harvest-Premiere zu sehen ist momentan die VCD aus Hong Kong, veröffentlicht von Fortune Star/ Joy Sales unter ihrem "Legendary Collection"-Banner. Anstatt aber den Weg von Celestial Pictures (restaurierte Shaw-Brothers-Filme) zu gehen wurde die Billiglösung gewählt und der Kunde muss sich hier mit einer schlechten Filmpräsentation zufrieden geben.

Deutliche Kompressionsartefakte, Laufspuren, Kratzer und Verschmutzungen zieren das Bildmaterial die gesamte Filmdauer über. Phasenweise wirkt das Bild so als wäre es von mehreren Ameisenvölkern belagert oder von einer Büffelherde zertrampelt worden. Über Kontrast- und (Un)Schärfeschwankungen fängt man am besten gar nicht an sich zu beschweren. Die Bildauflösung beträgt auch nur lumpige 352 x 288 Pixel. Die im Film verankerten Untertitel in chinesisch und englisch sind schwer lesbar, zum einen wegen ihrer weißen Farbe (insbesondere bei hellem Hintergrund), zum anderen sind sie sehr klein und z.T. horizontal halbiert (!). Man muss also eine gewisse Interpretationsfähigkeit mitbringen und vorausschauend lesen um den zahlreichen Dialogszenen zu folgen.

Jetzt aber zum positiven Aspekt. Immerhin bleibt das Cinemascope-Format (1:2.35) bestehen und der Original-Mandarin-Ton ist vorhanden. Auch wenn letzterer ordentlich rauscht und knackst. Diese durch den Einsatz in den Lichtspielhäusern bereits abgenutzte Filmvorlage trägt im übrigen noch den ursprünglichen, patriotischer klingenden englischen Titel im Vorspann. Der lautet: "None But The Brave". Nur echte Fans von Cheng Pei-Pei kämpfen sich durch diese VCD ;)

Lo Wei inszeniert das selbstverfasste Drehbuch mal wieder selbst und schickt Actionheldin Cheng Pei-Pei in munter inszenierte Auseinandersetzungen (sowohl körperlicher als auch verbaler Natur) mit japanischen Abgesandten und verräterischen Chinesen, die sich Peking und das Umland untereinander aufteilen wollen. Das sind unterhaltsame 110 Minuten, die aber arg getrübt werden durch die lustlose Präsentation auf Video-CD von Joy Sales / Fortune Star. Für Fans sollte das aber kein Hindernis sein, zumal das 2er-CD-Set für etwa 3 Euro zu haben ist.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 16.06.2009

Kung Fu Girl
(aka None But The Brave,
aka Attack of the Kung Fu Girls,
aka Tie wa.)

Hong Kong 1973. Farbe. Originalsprache: Mandarin. Länge: 110 Min. Bildverhältnis: 1:2.35 Kinostart: 26.04.1973 (HK). Budget: - Einspiel: - Regie: Lo Wei. Buch: Lo Wei. Kamera: Chan Ching-Kui. Schnitt: Peter Cheung Yiu-Chung. Musik: Joseph Koo. Darsteller: Cheng Pei-Pei, Au Wai, James Tien, Lo Wei, Shishido Jo, Han Ying-Chieh, Jackie Chan, Corey Yuen Kwai.

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