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2009
Bilder © Walt Disney
** Hannah Montana - Der Film
peter chelsom


Miley Stewart ist ihr Erfolg als Sängerin Hannah Montana etwas zu Kopf gestiegen. So verpasst ihr Vater Robby Ray eine Auszeit auf dem Lande bei der Oma. Die hat nämlich Geburtstag. Doch ein Paparazzo taucht in der Kleinstadt in Tennessee auf um das Doppelleben des Teeniestars zu enthüllen.

Die Älteren unter uns werden möglicherweise mit dem Namen Miley Cyrus wenig oder nichts anfangen können. Fragt man pubertierende Mädels würde man wohl in strahlend-leuchtende Augen blicken. Denn Miley Cyrus genießt durch ihre Disney-Serie "Hannah Montana" Kultstatus unter den 6-14jährigen und hat eine ebenso erfolgreiche Karriere als Popsängerin vorzuweisen. Selbst John Travoltas Sprösslinge waren ganz aus dem Häuschen, dass Daddy mit Miley ein Duett für den Animations-Streifen "Bolt" aufnehmen durfte. Bei uns läuft die Hit-Serie "Hannah Montana" bei SuperRTL und ist über den Disney Channel zu empfangen. Mit 14 Jahren war Miley erstmals in der Rolle einer Schülerin zu sehen, die heimlich und mit blonder Perücke ein Doppelleben als Erfolgs-Sängerin Hannah Montana führt.

Vater und Manager in der Serie wie im richtigen Leben ist Countrystar Billy Ray Cyrus, der schon über 25 Mio. Alben weltweit verkauft hat (den 92er-Schunkel-Top-Hit "Achy Breaky Heart" wird auch der nicht Country-Fan kennen). Demnächst können wir ihn an der Seite von Jackie Chan (!) sehen - da bleibt der Martial-Arts-Fan am besten sprachlos . 2008 hatte man schon die Gelegenheit die Popgöre in Aktion zu sehen als ihr Konzertfilm "Best of Both Worlds" als 3D-Feature in den Kinos lief. Nun also spuckt die Kommerzmaschine den Film zur Serie aus und Disney gibt den Fans - wie auch schon mit dem TV-Produkt "High School Musical" - die Chance ihre Idole leinwandfüllend zu erleben. Die einen freut's, alle anderen mögen einen großen Bogen um dieses Pop-Märchen machen, denn was man serviert bekommt ist nichts anderes als eine aufgeblähte TV-Folge für sechsjährige, die über jeden blödsinnigen und unsinnigen Handlungseinfall nichtsahnend hinwegsehen weil Hannah/ Miley unschuldig und herzerweichend posiert.

Miley wird in ihrem Kinoausflug aufs Land geschickt, weil die bald 16jährige sich zu sehr im Erfolg sonnt und ihrer eigenen Familie und besten Freundin Lilly (mit aus der Serie rübergenommen wurde Emily Osment) weniger Aufmerksamkeit zeigt als die es verdient haben. Also soll das Anti-Glamour-Treatment der Oma helfen die verzogene Prinzessin wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. Dass ihr mal der Hintern versohlt wird soweit wagt sich das Drehbuch von Daniel Berendsen nicht vor, ein strenges Wort von Rays Mutter muss da reichen. Miley zieht dann zwar ihre trotzige Schnute, lässt das Songschreiben aber doch nicht. Zur Not müssen eben die Hühner leiden. Die können sich ja nicht wehren. Außerdem gibt's ja noch den schnuckeligen Blondschopf und Mini-Cowboy Travis (Lucas Till, "Dance of the Dead", "Walk the line"), der wie auch Mileys Klassenkameraden keine Ahnung vom Popstar-Doppelleben seiner Sandkastenliebe hat.

Travis findet ihre Songs ganz klasse aber da er ja kein Weltbürger ist erkennt er die Sanges-Stimme natürlich nicht (ihre Narbe auf der Stirn hat wohl auch keinen Wiedererkennungswert). Nachdem also die Liebesgeschichte in Gang gesetzt wurde wird auch noch Mileys mediales Auftreten thematisiert, denn ein böser Paparazzo ist hinter Hannah Montana her und dicht davor das große Geheimnis ihres Doppellebens platzen zu lassen. Dumm wie Stroh stellt der sich dann an, ein Tolpatsch eben, der sich leicht in die Irre führen lässt aber mit Hartnäckigkeit irritiert. In dieser heilen Disney-Fantasiewelt gibt es natürlich keine weiteren neugierigen Pressefuzzis und selbst als Miley in Hannah-Montana-Kostüm im Örtchen ein Benefizkonzert geben will um Geld dafür zu sammeln, dass die geplante Shoppingmall nicht gebaut wird (sie würde das Stadtbild verschandeln), ja selbst dann nimmt die große weite Welt der Paparrazzi keine Notiz.

Die Serie beruht ja eben auf dem wackeligen Grundgerüst, dass das normale Schülerleben in Kombination mit den Popstar-Attitüden unbemerkt parallel läuft und Miley nach außen hin eine ganz gewöhnliche Teenagerin ist. Dieses Konzept zerschießt Peter Chelsoms Film im unglaublich dramatischen Finale zunächst selbst um wenige Momente (und Songs) später an die Ehre des Heimatdorf-Publikums zu appellieren, das gelüftete Geheimnis doch bitte für sich zu behalten. Ok, allein schon bei hunderten von Fans mit Fotohandys dürfte es schwer sein keinen zu finden der so eine die fiktive Pop-Welt erschütternde Neuigkeit an die nächste Boulevardzeitung verkauft (aber für die kommende TV-Staffel muss ja dieses Spiel mit der Wahrheit weiter funktionieren). Für blöd verkauft wird da der denkende Zuschauer und die Kiddies nimmt man gar nicht ernst. Die speist man mit mäßig gelungenen Slapstik/ Screwball-Comedy-Elementen ab (z.B. prügelt sich Tyra Banks in einem Cameo-Auftritt mit Miley um Schuhe!) und besänftigt mit schmalzig-kitschigen Pferdeausritten zu zweit, die einer Marlboro-Werbung ohne Glimmstängel gleichen.

Es ist schon bedauerlich, dass sich der Brite Peter Chelsom für so eine seichte Nummer hergegeben hat. Chelsom inszenierte 1991 und 1995 mit "Hear my Song" und "Funny Bones" im Heimatland zwei wunderbar verschrobene Geschichten, die den britischen Witz mit gehobener Tragik verbanden. Kleine Geschichten mit großer Wirkung. Bei seiner ersten US-Produktion "The Mighty" mit Sharon Stone hatte er noch das Wohlwollen der Kritiker auf seiner Seite, doch zwei Jahre später, 2001, verspielte er sich mit der Warren Beatty-Komödie "City, Sex & Country" erstmal jeglichen Kredit. Danach kam die Liebeskomödie " Weil es dich gibt" mit John Cusack und Kate Beckinsale, die wieder versöhnte, das folgende Remake eines wunderbaren japanischen Films namens "Shall we dance" mit Richard Gere und Jennifer Lopez konnte man sich hingegen wieder sparen. Fünf Jahre später ist Chelsom jetzt Lieferant für kalkulierte weichgespülte Kinderkost garantiert ohne Klumpen. Alle möglichen Ecken und Kanten werden von der Hauptdarstellerin gnadenlos weggelächelt.

Damit nicht zu einseitig und ernst auf Teenieliebelei und Identitätskrise bei Heranwachsenden eingegangen werden muss (und um Sendezeit zu strecken) darf Papa Billy Ray im Nebenplot selbst mit einer feschen Frau anbandeln, die ganz nach seinem Geschmack auf dem Hof von Grandma zupackt und nicht davor zurückschreckt mal fachfraulich unter die Motorhaube zu gucken. Er darf sich auch mal etwas Abwechslung gönnen, ist er doch Witwer und alleinerziehender Vater von zwei Teenagern. Aber wie es familienpolitisch korrekt sein muss hat es die von Melora Hardin ("17 again") gespielte Lorelei schwer das Herz vom bodenständigen Familienvater zu erobern ("Miley braucht mich jetzt"). Vanessa Williams spielt auch noch mit aber ihr Auftritt als PR-Tante ist kurz und unbeeindruckend. Die Ex-Beauty-Queen gehört zur Stammbesetzung der US-Hit-Show "Ugly Betty" (in Deutschland gefloppt) und war auch früher mal prominenter im Kino zu sehen neben Christian Bale ("Shaft") , Arnold Schwarzenegger ("Eraser") oder Mickey Rourke ("Harley Davidson und der Marlboro Mann"). Jason Earles, Mitchell Musso, Moises Arias übernehmen wieder ihre Rollen aus der TV-Serie.

Die Teenie-Soap hat den Sprung vom Disney-TV auf die Kinoleinwand geschafft und bietet das was die Fans wohl erwarten. Eine auf 102 Minuten aufgeplusterte harmlos-naive, von Logik befreiter, an den künstlichen blonden Haaren herbeigezogene TV-Episode (oder besser der Film zum Soundtrack), in der Publikumsliebling Miley ihre Liebe zum Bauernhof entdeckt und erkennt, dass Familie und Freunde doch viel wichtiger sind als glamouröser Erfolg. Beides zu haben ist aber auch nicht schlecht, denn wer lässt schon gerne Millionen Dollars im Hühnerstall liegen. Mag man am Anfang noch neugierig-gelassen das Dargebotene betrachten und sich um ein Lächeln bemühen so setzt doch spätestens nach einem Drittel des Films die Ratlosigkeit ein und man erinnert sich an Danny Glovers Zitat "I'm too old for this shit". Die Zielgruppe (6-14 Jahre) wird aber wohl (man kann es wohl nicht anders prognostizieren) ihren Spaß haben. In den USA haben sie schon angebissen.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 09.05.2009

Hannah Montana: Der Film

(Hannah Montana: The Movie )

USA 2009. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 102 Min. Bildverhältnis: 1:1.85 Kinostart: 10.04.2009 (USA) 01.06.2009 (D). Budget: 35 Mio. USD Einspiel: 72.3 Mio. USD (USA) Regie: Peter Chelsom. Buch: Daniel Berendsen. Charaktere: Michael Poryes, Richard Correll, Barry O'Brien. Kamera: David Hennings. Schnitt: Virginia Katz. Musik: John Debney. Darsteller: Miley Cyrus, Billy Ray Cyrus, Emily Osment, Jason Earles, Mitchel Musso, Moises Arias, Lucas Till, Vanessa Williams, Margo Martindale, Peter Gunn, Melora Hardin, Jared Carter, Beau Billingslea, Barry Bostwick.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih