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2011
Bilder © Universum Filmverleih
**** Drive
nicolas winding refn


Ein Automechaniker/Stuntman gerät durch die Bekanntschaft zu einer jungen Frau in eine Spirale aus Rache, Gewalt und Tod.

Es wirkt schon mal verdammt cool was uns hier der Däne Nicolas Winding Refn (Valhalla Rising) gleich zu Beginn in eleganten Bildern serviert. Denn wir beobachten einen Fahrer, der elegant den Fluchtwagen für zwei Einbrecher durch die Straßen eines nächtlichen L.A.s manövriert. Taktisch klug geht er vor und nicht wie die meisten Idioten, die glauben nur penetrant aufs Gaspedal drücken zu müssen um die Cops auf der Straße und in der Luft abzuschütteln. Später gibt es noch eine weitere etwas länger andauernde, aufregende Verfolgungsjagd, die so manchen Actionfan nach mehr dürsten lassen wird. Doch Refn verzichtet leider darauf was das große Manko des Films sein dürfte. Er kann diese Art Action stilsicher inszenieren, doch er entscheidet sich dafür die Geschichte vorrangig über eine charakterliche Ebene zu definieren indem er die Darsteller direkt miteinander agieren lässt. Viele Worte verliert seine Hauptfigur deswegen aber nicht. Der zur Drehzeit 30-jährige Kanadier Ryan Gosling übernimmt den Part des introvertierten, äußerlich sehr ruhigen, disziplinierten Mannes, der keine sozialen Kontakte pflegt und auch regelmäßig seine Unterkunft in der Stadt wechselt.

Wie auch Jason Statham als „Transporter“ in den gleichnamigen Luc-Besson-Action-Produktionen hat auch Goslings Figur Regeln an die er sich hält, die ihm das Überleben sichern (z.B. nur 5 Minuten wird am Treffpunkt gewartet; er fährt nur das Auto, trägt keine Knarre). Doch einmal wird er schwach indem er anderen zu helfen versucht. Eine diesmal strohblonde Carey Mulligan (Wall Street 2 - Geld schläft nicht) tritt in sein Leben, Irene heißt sie hier, und man merkt sofort, dass da etwas in der Luft liegt, die zarte Pflanze einer Romanze am erblühen ist aber sich doch nicht so recht traut. Irene hat einen kleinen Sohn und einen gewalttätigen Ehemann, der bald aus dem Knast entlassen wird. Entgegen den Erwartungen oder sonstigen Gangsterfilmklischees respektiert Goslings namenloser Stuntdriver die Familiensituation auch wenn ihm die Zeit mit Irene und dem Jungen selbst gut tut. Zudem will sich Irenes Mann ändern hat aber ein unlösbares Problem, das ihn und seiner Familie den Tod bringen könnte. Der Überfall auf eine Pfandleihe sorgt aber statt für Erlösung für fiese Rachegelüste, denn ein hinterhältiger Mordanschlag bringt selbst den coolen Driver aus der Ruhe. Und wenn der böse wird, sollte man besser die Beine in die Hand nehmen. Spätestens Oldboy hat uns gelehrt, wie weh ein Hammer tun kann.

Gosling hat man in letzter Zeit öfters in Hauptrollen im Kino gesehen (The Ides of March – Tage des Verrats, Crazy, Stupid, Love, Blue Valentine), andere Darsteller, die hier Eindruck hinterlassen eher weniger. Bryan Cranston als Goslings Jobbeschaffer heimst sonst Preise mit der TV-Drama-Serie „Breaking Bad“ ein und wird demnächst in der neuen Version von „Total Recall“ zu sehen sein. Als jüdische Gangster, die sich in L.A. profilieren wollen aber ihre Karten beschissen ausspielen, kommen Ron Perlman (TVs Sons of Anarchy) und Albert Brooks zum Einsatz. Insbesondere Funnyman Brooks hat sich rar gemacht nach seinem Flop „Looking for Comedy in the Muslim World“ (2005); er spielt hier den Gangster auch deutlich besser als der überschätzte William Hurt in „A History of Violence“, wurde aber trotzdem für dieses Comeback nicht für das Oscar-Rennen berücksichtigt. Einen prestigeträchtigen Preis hatte „Drive“ aber bereits bei den Filmfestspielen in Cannes 2011 erhalten. Nicolas Winding Refn wurde als bester Regisseur ausgezeichnet. Das hätte man nicht erwartet, denn „Drive“ ist kein Arthauskino oder wälzt wichtige Probleme sondern ist ein nach dem Look der 80er-Jahren gestyler Thriller mit abrupten Gewaltexzessen, die auch den abgebrühten Genrefan nicht unberührt lassen sollten.

Weniger (Auto)Action als erhofft bietet dieser atmosphärisch dicht erzählte Thriller im visuell ansprechenden Retrolook, überzeugt aber vor allem mit Charakteren, die etwas tiefer blicken lassen als wir es von vergleichbaren Genreprodukten gewohnt sind.


Text © Markus Klingbeil
25.01.2012

Drive
(Drive)

USA 2011. Originalsprache: Englisch. Länge: 103 min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 16.09.2011 (US) 26.01.2012 (D). Budget: 15 Mio. USD Einspiel: n/a Regie: Nicolas Winding Refn. Romanvorlage: James Sallis. Screenplay: Hossein Amini.Kamera: Newton Thomas Sigel. Schnitt: Matthew Newman. Musik: Cliff Martinez. Darsteller: Ryan Gosling, Carey Mulligan, Bryan Cranston, Albert Brooks, Oscar Isaac, Christina Hendricks, Ron Perlman, Kaden Leos, Jeff Wolfe.

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