2007
Bilder © 20th Century Fox
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** 28 Weeks Later
juan carlos fresnadillo
28 Wochen nachdem ein Virus in London ausbrach und die Bevölkerung zu
mordlüsternen Kreaturen machte hat sich die Lage in London etwas entspannt. US-Truppen haben eine Sicherheitszone
eingerichtet und eine begrenzte Anzahl an Zivilisten ist dabei wieder ein normales Leben zu führen. Das Virus gilt als
ausgerottet, die Infizierten sind längst verhungert und die Aufräumarbeiten sind in vollem Gange. Don (Robert Carlyle),
der seine Frau sechs Monate zuvor auf der Flucht vor den Infizierten zurücklassen musste, ist froh, dass seine beiden
Kinder endlich wieder zurück nach England kommen. Doch der glücklichen Familienzusammenkunft bleibt nicht viel Zeit.
Das Virus lauert im Verborgenen.
Es ist bereits fünf Jahre her seitdem Danny Boyle mit seinem fulminanten Ausflug ins
Horror-Genre für atemstockende Spannung sorgte. Von 28 DAYS LATER, relativ preisgünstig und unter Verwendung digitaler
Kameratechnik entstanden, und seinem damals international noch recht unbekannten Hauptdarsteller Cillian Murphy
erwartete man nicht viel. Doch der Film sorgte für die unerwartete Blutauffrischung des Genres - eine Chance, die die
thematisch ähnlich gelagerte Videospieladaption RESIDENT
EVIL ein Jahr zuvor nicht nutzen konnte. Die Geschichte in 28 WEEKS LATER knüpft nahtlos an den
Vorgängerfilm an, doch leider funktioniert der neue Aufguss bei weitem nicht so gut. Zwischen 2002 und 2007 gab es so
manche Horrorverfilmung auf der Leinwand, die sich mit Viren und Zombies beschäftigt haben und die Thematik bis zum
Erbrechen durchgekaut haben. War Zack Snyders hartes Remake im Jahre 2004 vom Zombie-Klassiker DAWN OF THE DEAD noch ein einfallsreiches spannendes Update so
enttäuschten Filme wie RESIDENT EVIL: APOCALYPSE (2004) und auch Romeros vierter Zombiefilm
LAND OF THE DEAD (2005).
Die Infizierten in 28 WEEKS LATER verhalten sich wie gewohnt, zeigen dabei
Verhaltensmuster wie die flinken, mit Brachialgewalt vorgehenden Zombies von Zack Snyder. Der wackelige Kamerastil
inmitten mancher schnell geschnittener Sequenzen unterstreicht dabei die gehetzt und unkontrolliert wirkende,
impulsartig hervorbrechende, rohe Gewalt der zu Killern mutierten Menschen. Die Wirkungskraft der Bilder ist allerdings
nur in diesen Szenen ähnlich effektiv wie in Danny Boyles Version, denn ansonsten findet sich hier eine Optik, die mehr
einem gestylten Kinofilm mit CGI-Effekten als einem halbdokumentarischen ungeschliffenen Schocker ähnelt. Problematisch
ist aber vor allem die wenig interessante, weil überraschungsarme Story, die nach einem starken Beginn, wenn Carlyle
auf einer Wiese um sein Leben rennt um einer Horde Infizierter zu entkommen, doch stark nachlässt. Untermalt ist diese
Szene von einem packenden Soundtrack. Auch grübelt man im Verlauf des Films über die Figur nach, die Carlyle darstellt
und deren Motivationen für seine Handlungen.
Plausibel ist das nicht mehr - im Gegenteil - sein Auftritt wird zum Ärgernis und man
kann nur vermuten, dass die Produktion ihren Hauptdarsteller und ihr Zugpferd nicht so schnell im Film opfern wollte.
Dabei hätte der von Selbstzweifeln und Selbsterhaltungstrieb gezeichnete Familienvater durchaus mehr erzählerisches
Potentiel in sich gehabt. So kommt es aber wie es kommen muss. Eine Gruppe zusammengewürfelter Menschen - ein
amerikanischer Scharfschütze mit Gewissen (Jeremy Renner), eine toughe britische Ärztin in Armeediensten (Rose Byrne),
die Kinder und noch einige Opferlämmer müssen sich vor aggressiven Mitmenschen und den Vernichtungsmaßnahmen des
US-Militärs in Acht nehmen. Im Klartext: Sie rennen meist durch menschenleere Strassen, wie wir sie ja bereits aus
28 DAYS LATER oder Geoff Murphy's THE QUIET EARTH (1985) kennen und
verstecken sich in Gebäuden. Solche Sprint-Szenen wurden in CHILDREN OF MEN (2006) von
Alfonso Cuarón aber doch noch packender inszeniert. Diese ewig lange Flucht wirkt auch mit der Zeit eintönig und wie
schon zig-mal gesehen.
Einige wenige nette Einfälle wie die Navigation durch Leichenberge mittels
Nachtsichtgerät in stockdunklen U-Bahn-Stationen lassen nur kurz einen Hoffnungsschimmer auf mehr Wendungen zu. Aber
dann ist's eh' zu spät. Dass früher oder später die Flüchtlingsgruppe sehr stark dezimiert wird ist voraussehbar und
auch das Ende, das schockieren will, kommt folgerichtig und wenig überraschend. Danny Boyle selbst produzierte die
Fortsetzung wieder zusammen mit Alex Garland und muss sich damit den Vorwurf gefallen lassen sein damaliges
Erfolgsrezept nur schlecht und ideenarm kopiert in Auftrag gegeben zu haben. Der spanische Regisseur Fresnadillo setzt
die von ihm und drei weiteren Schreibern erdachte Story zwar handwerklich solide um, aber auch dies und befriedigende
Schauspielerleistungen heben den Film nicht aus dem enttäuschenden Mittelmass heraus. Schade, denn Fresnadillos erster
Spielfilm INTACTO (2001) zeigte schon, dass man in Zukunft noch einiges von dem 40-jährigen
Spanier erwarten kann. Was nicht ist kann ja noch werden.
28 WEEKS LATER ist leider ein überflüssiges Sequel zum Überraschungshit von
2002. Zwar wirken die deutlichen Gewaltszenen auch durch den Stakkato-Schnitt bedingt sehr brutal, täuschen aber über
die Ungereimtheiten in der Story und ein Mangel an intelligenten Schocks nicht hinweg. Es scheint fast so als wären
kaum noch frische Ideen um todesbringende Viren im Umlauf. Die Ansprüche und Erwartungen, die bei der Ankündigung vom
Sequel aufkamen wurden also nicht erfüllt. Aber warten wir 2008 ab ... dann kommt Neil Marshalls futuristischer Horror
DOOMSDAY. Und Marshall hat mit DOG
SOLDIERS (2002) undTHE DESCENT (2005) ein gutes Gespür für perfekt
gesetzte Schocks bewiesen.
Text © Markus Klingbeil
VÖ: 01.09.2007
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