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2007
Bilder © Piffl Medien
**** Yella
christian petzold


Yella (Nina Hoss) hat sich von ihrem Mann Ben (Hinnerk Schönemann) getrennt und beschließt Wittenberge, ihr Heimatdorf, hinter sich zu lassen um ein Jobangebot in Hannover wahrzunehmen. Bens Firma für Heizung- und Klimatechnik steht vor dem Aus und dies belastet ihn neben der Trennung von seiner Frau zusätzlich. Auf Bitten von Ben lässt sich Yella von ihm zum Bahnhof bringen, doch auf dem Weg dorthin gerät die Situation außer Kontrolle. Yellas Weg beginnt aber erst jetzt ...

Christian Petzold ist ein Regisseur, der sich Zeit nimmt seine Figuren zu entwickeln. Sowohl im Vorfeld bei ersten Proben mit den Schauspielern als auch im Film selbst. Dass Petzold die Hauptrollen für bestimmte Schauspieler schreibt (mit Nina Hoss arbeitet er bereits zum dritten Mal zusammen) und in der Besetzungsliste seiner Filme immer wieder dieselben Namen auftauchen schafft eine Vertrautheit und überträgt sich dank eines seit Jahren eingespielten Teams auch hinter der Kamera von Hans Fromm auf das Endresultat, den fertigen Film wie wir ihn im Kino sehen.

Jüngstes Beispiel ist ‚Yella', der Geschichte um eine Frau, die sich aus der ostdeutschen Provinz mangels Perspektivlosigkeit nach einem Job in der Stadt umsieht. Früher hat sie in der Buchhaltung in der Firma ihres Mannes gearbeitet, doch nicht nur der berufliche Erfolg ist zu Ende, auch das private Glück zerbricht. Dies will der Ehemann jedoch nicht wahrhaben. Yella Fichte heißt die Frau und wird bravourös von der 32jährigen aus Stuttgart stammenden Nina Hoss gespielt, deren Leistung bei der diesjährigen Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde. Viele Themen verknüpft Petzold in seiner neunten Regiearbeit. Themen, die aktuell sind, Themen, die diskussionswürdig sind.

In ‚Yella' geht es nicht nur um eine einseitige zerstörerische Liebe, um ein inniges Vater-Tochter-Vertrauensverhältnis sondern auch um die emotionslose Welt des Kapitalismus, um Firmenzerschlagungen, um Profitgier, um Ausbeutung und Täuschung, um Machtgehabe und Egoismus. Aber es geht auch um den Traum wie man sich selbst erfolgreich sieht, wie man sein Ziel erreicht. Der Film zeigt unmissverständlich, dass die Realität grausam ist. Es zählen Bilanzen. Nackte Zahlen. Und damit kennt sich Yella aus. Da wird sie erst verschaukelt und ihre Naivität ausgenutzt bevor gerade eben diese Naivität sie auf die Erfolgsspur führt. Und Phillip (Devid Striesow), der Deals für eine Investmentfirma abwickelt, eine sogenannte Private-Equity-Gesellschaft, gibt ihr die Möglichkeit sich der Wunschvorstellung ihres neuen Lebensabschnitts mit großen Schritten zu nähern.

Während die Geschichte stringent erzählt wird und teils wie ein spannender Wirtschaftskrimi funktioniert fügt Petzold immer wieder Szenen ein, die irreal und verwirrend zugleich wirken. Viele kleine Hinweise im Film laden dazu ein konzentriert und wachsam zuzusehen um dann am Ende festzustellen, dass man eine weitgehend schlüssige Geschichte erlebt hat. Denn auch wenn die Erzählweise nüchtern und die Bildsprache unaufgeregt, ja sachlich erscheint und die dadurch im Film realitätsnah dargestellte kühl-kalkulierte Abwicklung von Wirtschaftsinteressen sehr gut unterstützt wird, lässt das Aufeinandertreffen von Yella und Phillip hoffnungsvolle Momente aufblühen. Man fühlt mit der Figur der Yella auch wenn ihr Verhalten zuweilen sprunghaft und ihre Wahrnehmungen für den außenstehenden Betrachter unerwartet und verstörend sind.

Am 5.9.07 war Premiere von ‚Yella' in Stuttgart im Beisein von Christian Petzold und Nina Hoss (Fotos zum Event gibt's HIER). Moderiert wurde die von SWR2 im Delphi Arthaus Kino organisierte Veranstaltung von Filmredakteur Herbert Spaich, der den Film schon in seiner Anmoderation als "den besten Film des Jahres" ausrief und ihn als "makelloses Meisterwerk" bezeichnete. In dem rund 30-minütigen Gespräch vor ausverkauften Saal und zufriedenem Publikum kamen zwar Zuschauerfragen nicht vor, der gut aufgelegte Christian Petzold erzählte aber bereitwillig und detailliert von seinen Dreherfahrungen, seiner Affinität zu Stuttgart und wie er zusammen mit Nina Hoss an der Figur Yella schon im Frühstadium des Drehbuchs zusammen gearbeitet hat.

Hoss überließ das Reden weitgehend Petzold und der gab unumwunden zu, dass er nach Fertigstellung von ‚Yella' 5 Monate erst mal gar nichts Konstruktives auf die Reihe brachte sich aber dank des Studiums von Filmen seines Lieblingsregisseurs Roberto Rossellini und dem wiederholten Lesens von James M. Cains Roman ‚Wenn der Postmann zweimal klingelt' wieder aufrappelte. Sein nächstes Projekt, dass im Frühjahr 2008 in Produktion gehen wird, ist im übrigen seine Interpretation des oben erwähnten Romans von John M. Cain. Schauplatz dann Ost-Deutschland. Und Nina Hoss, so Petzold, wird "die Schlampe" spielen. Außerdem plant Petzold auch wieder einen Film mit Benno Führmann in der Hauptrolle. Führmann hatte bereits 2003 in ‚Wolfsburg' und 2005 in ‚Gespenster' mit Petzold gearbeitet.

‚Yella' ist starkes, interessantes und sehenswertes Kino aus Deutschland, dass Wirtschaftsthemen, kaputte Beziehungen und Wunschträume in schnörkellosen Bildern und beeindruckendem Spiel der beiden Protagonisten Nina Hoss und Devid Striesow gekonnt verknüpft. Wer sich auf den Film einlässt wird sicher nicht enttäuscht werden. Ob es das prognostizierte Meisterwerk ist muss jeder selbst entscheiden. ‚Yella' wirkt nach und es steckt vieles im Film was man vermutlich beim ersten Ansehen gar nicht bewusst wahrnimmt. Und das spricht wiederum für den Film und eine erneute Begutachtung nach einer gewissen zeitlichen Distanz.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 06.09.2007

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih