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2013

Bilder © Universum Film
**** Und morgen Mittag bin ich tot
frederik steiner


Lea ist todkrank und sie will sterben. Also fährt sie in die Schweiz um den Zeitpunkt ihres Todes selbst zu bestimmen. Es soll an ihrem Geburtstag sein und ihre Familie soll sie an diesem Tag verabschieden.

Ein schwieriges Thema hat sich Regisseur Frederik Steiner für seinen ersten Kinofilm ausgesucht. Humanes Sterben, Sterbehilfe, der Tod auf Rezept. Und eine Hauptfigur, die sich mit gerade mal 22 Jahren die krankheitsbedingte Quälerei zur Lebenserhaltung nicht mehr zumuten will. Lea hat Mukoviszidose. Sie ist eine von etwa 8000 Personen in Deutschland, die an dieser unheilbaren Erbkrankheit leiden bei der vor allem die Lunge und die Bauchspeicheldrüse betroffen sind. Im Alltag heißt das für Lea tägliche Therapie vor allem um die Lunge von zähem Schleim zu befreien. Keinen Schritt kann sie ohne zusätzlichen Sauerstoff machen. Wenn sie verreist muss ein 20-Liter-Flüssigsauerstoff-Behälter mit. Treppensteigen ist eine Qual. Lea hat die Schnauze voll von der „Scheißkrankheit“ an der schon ihr geliebter Bruder trotz Lungentransplantation gestorben ist. Ihr Vater ist kurz nach der Diagnose vor über 20 Jahren abgehauen, weil er es nicht verkraften konnte. Umso mehr kümmerte sich die Mutter um sie, immer um Zuversicht bemüht. Aufgeben kommt für sie nicht in Frage. Doch Leas Entschluss steht fest. Sie hat in Zürich einen Verein für humanes Sterben gefunden und einen Arzt, der ihre aussichtslose gesundheitliche Situation bestätigt, sie damit das Rezept bekommt für den tödlichen Cocktail. Die Patientenverfügung ist für alle Fälle hinterlegt. Das alles hat sie heimlich organisiert, der Schwester, der Mutter, dem Ex-Freund nichts davon gesagt. Nur die Oma war eingeweiht. An ihrem Geburtstag will sie im Kreise ihrer Familie Abschied nehmen.

Im britischen Film wird das Thema Tod oft mit schwarzem Humor serviert, bei den amerikanischen Filmen (wie zuletzt bei „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) gerne mit Kitsch und Rührseligkeit verkleistert. Frederik Steiners Film macht betroffen und Taschentücher in der Nähe zu haben ist sicher kein Fehler aber der Film wirkt sehr realistisch, ist gut recherchiert. Insbesondere was die Darstellung der Krankheit Mukoviszidose durch eine äußerst beeindruckende Liv Lisa Fries angeht. Zur Vorbereitung hat sich Fries in Berlin intensiv über mehrere Monate Informationen aus erster Hand von zwei Mukoviszidose-Patientinnen geholt (eine starb im Alter von 46 Jahren; ihr ist der Film gewidmet), die Körpersprache studiert um die Auswirkungen der Krankheit möglichst überzeugend wiederzugeben. Da stimmen selbst kleine Details, Handgriffe, die man leicht übersieht, weil man auf die ständig um Sauerstoff ringende Hauptdarstellerin fokussiert ist. Die Umstände sind gegen sie aber Steiner macht die Geschichte von Lea deswegen nicht zum simplen Rührstück sondern zeigt eine selbstbewusste junge Frau, die nicht mit bissigen Kommentaren geizt. Auch die Reaktionen der Familie auf die für sie überraschende Entscheidung Leas wirken nicht überzogen oder gekünstelt sondern in dieser Art und Weise nachvollziehbar. Emotionen werden richtig dosiert gezeigt. Neben Fries ist dies auch besonders Lena Stolze zu verdanken, die als Mutter am schwersten daran zu knabbern hat, dass ihr Kind den selbstbestimmten Tod wählt. Steiner versteht es gut diesen Übergang vom emotionalen Schock hin zum Verständnis für die Tochter in Szene zu setzen. Auf die Frage der Mutter „Was soll ich denn machen ohne dich ?“ hat Lea auch eine Antwort parat: „Weiterleben“.

DVD (Universum Film, PAL, 98 min) - seit 15.08.2014 im Handel

Nach Einlegen der Disc werden zwei Trailer abgespiel (Heute bin ich blond, Now is good).

Bild: 2.35:1 (16x9); gut
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte (optional)
Ton: DD 5.1 Deutsch; gut
Extras: Trailer zum Hauptfilm, Trailershow (7)

Selbstbestimmtes Leben, selbstbestimmter Tod. Steiners Film urteilt nicht sondern regt zum Nachdenken und Diskutieren an. Und die Performance von Liv Lisa Fries wird man so schnell nicht vergessen.

Text © Markus Klingbeil
28.08.2014

Und morgen Mittag bin ich tot

D 2013. Farbe. Originalsprache: Deutsch. Länge: 98 Min (PAL)Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 13.02.2014 (D). Budget: n/a Regie: Frederik Steiner. Drehbuch: Barbara Te Kock. Kamera: Florian Emmerich . Schnitt: Bernd Schlegel. Musik: Daniel Sus. Darsteller: Liv Lisa Fries, Lena Stolze, Sophie Rogall, Max Hegewald, Bibiana Beglau, Johannes Zirner, Kerstin De Ahna, Minh-Khai Phan-Thi, Robert Hunger-Bühler
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih