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2007
Bilder © Splendid /I-On
* Toxic - 1 Girl, 1 Curse, 17 Bodies
alan pao


Lucille, die Tochter von Gangster Van Sant, ist aus der Psychiatrie abgehauen. Das passt Daddy überhaupt nicht, weil er glaubt sie sei verflucht (!) und will sie deswegen nicht in seiner Nähe haben. Also schickt er seine beiden Killer los um das Mädchen zu suchen.

Wenn man sich trotz wenig zur Verfügung stehenden Geldes (3.8 Mio. USD ist im Filmbusiness heutzutage nicht viel) und einem langweiligen Drehbuch nicht davon abhalten lassen will einen Film zu drehen dann muss man tricksen. Das dachte sich wohl auch Regisseur Alan Pao bei seiner ersten eigenständigen Regiearbeit. Also heuerte er zahlreiche Schauspieler der prominenten B-Garde für Gastauftritte an, die irgendwann mal in einem etwas bekannteren Film mitgespielt haben und jetzt für das täglich Brot gar nicht mehr die Drehbücher lesen bevor sie für die Rolle zusagen. Dieser Eindruck drängt sich jedenfalls auf, wenn man sich Paos von nervenden Schnitteffekten und MTV- Optik geprägten Gangsterfilm ansieht.

Tom Sizemore war in den 90ern gut im Geschäft und hat in vielen interessanten Filmen seinen Beitrag geleistet. Doch "True Romance", "Heat" und "Strange Days" sind lange her. Seine letzte große Hollywoodproduktion war die Stephen King-Verfilmung "Dreamcatcher", die allerdings floppte. Seitdem machte er mehr Schlagzeilen durch sein wildes, drogenreiches Privatleben was sich auch negativ auf den beruflichen Werdegang auswirkte. Im Gegensatz zum früheren Bad Boy Robert Downey jr. (Iron Man), der sich wieder in die A-Liga hochgearbeitet hat, dümpelt Sizemore in der B-Movie-Liga herum, wenn er nicht versucht mit einem Pornofilm Geld zu machen wie anno 2005. In "Toxic" muss er nicht viel tun. Er sitzt lediglich in seinem Büro, schreit etwas herum und lässt sich von seiner Hellseherin, gespielt von Vielfilmerin Bai Ling (Crank 2), beraten wie er das Tochterproblem am besten lösen soll.

Aber auch ein Sizemore in der Jetzt-Verfassung kostet für eine Low-Budget-Produktion über mehrere Tage möglicherweise trotzdem noch zu viel oder wurde vielleicht auch als riskante Investition betrachtet. Jedenfalls übernimmt Corey Large die Hauptrolle, der auch die Idee zu dieser wirren Geschichte hatte. Schauspielerisches Talent hat er nicht, doch das kultiviert er schon seit über 10 Jahren. Da ist es natürlich gut, wenn man mit dem Regisseur gut auskommt und schon ein paar Projekte gemeinsam bearbeitet hat. Das Motto scheint hier: Wenn mir keiner eine Hauptrolle geben will, dann drehe, schreibe und produziere ich halt mit meinem Kumpel die Filme selber. Basta! Alan Pao und Corey Large kennen sich nämlich schon seit dem gemeinsamen Dreh von "Window Theroy" (2004) und seitdem sind sie ein Team.

Large verkörpert einen der beiden Killer, Sid nennt er sich, die auf Lucille (Charity Shea) angesetzt sind und wir sehen ihn ein Jahr später in einem Stripclub hinterm Tresen arbeiten und die Toiletten schrubben. Regisseur und Drehbuchschreiber Pao versucht vergeblich durch sein hin- und herspringen im zeitlichen Ablauf eine Spannung aufzubauen indem er nur nach und nach Informationen über das Verschwinden des psychisch kranken Mädchens preisgibt. Schreckliche Visionen von ihr plagen den Ex-Killer, wenn er nachts allein im Hinterzimmer des Clubs übernachtet. Spielt ihm der Verstand nur einen Streich oder ist etwa sein Boss Steve der Mörder ? Steve, sein Gönner und damit die einzig halbwegs glaubwürdige Figur im Film wird von einem vertrauten Gesicht der B-Movie-Szene verkörpert: Costas Mandylor, früher mal TV-Star in der Serie "Picket Fences" und kürzlich fürs Horrorkino wiederentdeckt in der "Saw"-Reihe. Preisverdächtig ist das allerdings auch nicht, was er da als humaner Stripclubbesitzer abliefert.

Wer hat sich sonst noch für einen Tag anheuern lassen … ? Z.B. Dominique Swain, die zu Beginn ihrer Karriere als 17jährige durch ihre Rollen in John Woos Actioner "Face/Off" und dem skandalträchtigen "Lolita" von Adrian Lyne auffiel. Seitdem kämpft sie sich durch qualitativ sehr unterschiedliche Independent-Streifen und muss versuchen ihr theatralisches Gespür als Prostituierte in Diensten von Möchtegern-Schauspieler und Rapper Master P einzubringen. Sie will aber raus aus diesem Elend, doch ihr Zuhälter, der seine Mädels vor fiesen Freiern beschützt, weiß was er an ihr hat und mag sie nicht gehen lassen. Der Klischee-Reigen geht noch weiter, denn die weibliche Hauptrolle in diesem Thriller ohne Thrill geht an Susan Ward in der Rolle der Michelle.

Populär durch die erfolgreiche Soap-TV-Serie "Sunset Beach" wurde sie dank ihres Aussehens fortan oft als Verführerin in diversen Direct-to-video-Streifen (Wild Things 2) und TV-Dramen besetzt. Diesmal versucht sie ernsthaft zu schauspielern und als geschiedene Mutter im Striplokal ihren Unterhalt zu verdienen. Überzeugend ist das nicht. Das Thema Sorgerecht wird einmal kurz aufgekocht und sie will sich sogar prostituieren um Anwaltskosten zahlen zu können. Dies ist aber im Grunde nur einer der Hintergrundgeschichten der vielen beiläufigen Protagonisten, die nicht fortgeführt werden weil sich die Macher des Films gar nicht recht drum kümmern wollen. Stattdessen wird neben einer möglichen Liebesromanze zwischen Ex-Killer Sid und Stripperin Michelle krampfhaft versucht doch noch einen coolen Actionthriller hinzukriegen indem eine Ballerei aus der Vergangenheit (wieder eine Rückblende) den Zuschauer wachrütteln soll.

Selbst da überzeugt der Film nicht, denn zum einen verfährt Alan Pao auch hier nach seiner wischiwaschi-Bildsprachen-Methode und nervigen Schnitten, zum anderen hat er kein Geld um wenigstens die Schusswechsel packend zu inszenieren. Im Klartext: Keine Special-Effects, keine Blutspritzerein, die Gangster sterben (bis auf eine Ausnahme) außerhalb des Sichtfeldes. Wenigstens das hätte man dem B-Movie-Freund gönnen sollen. Das immerhin gibt's bei Actiongurken von Steven Seagal. Wieder Geld gespart. Dabei haben doch schon neun (!) Produzenten zusammengelegt. Und trotzdem hat man selten die Budgeteinschränkungen so deutlich vor Augen geführt bekommen. Da sind Mini-Auftritte halbwegs bekannter Schauspieler nur eine fauler Trick, ein billiger Köder. Das DVD-Cover füllt sich nicht alleine mit Namen. Ein Wiedersehen gibt es auch noch mit Steven Bauer, der 1983 mal einen Gangsterfilm mit Al Pacino gedreht hat, Paul Johanssen, der böse Daddy aus der TV-Hit-Serie "One Tree Hill" (Johannsen kennt Pao und Large schon von "Window Theory") und C. Thomas Howell als Penner. 1986 durfte der sich noch mit dem "Hitcher" messen.

Wer ist Corey Large fragten sich da wohl auch die Cover-Designer von Splendid und verstecken den Namen des Hauptdarstellers verständlicherweise aus Marketinggründen auf der Rückseite. Der Genrefan lässt sich lieber mit Namen wie Danny Trejo (ein kleiner Auftritt als der 2.Killer), Bai Ling oder Tom Sizemore locken. Bei Lochlyn Munro (ein gutbeschäftigter Nebendarsteller) wird's da aber schon schwierig. Als Statisten laufen im Hintergrund zudem alternde Ex-Playboy-Bunnies und abgehalfterte Ex-Pornodarsteller (Ron Jeremy, wer sonst) durchs Bild. Was wichtiges zu sagen haben die bei diesem von holprigen Sätzen durchsetzten Script schon gar nicht und genug Geld dafür, dass sich Brande Roderick oder Kitana Baker in ihren Rollen als Stripperinnen hüllenlos präsentieren haben die Produzenten wohl auch nicht geboten.

Womit sich "Toxic" nun eigentlich das FSK18-Label verdient hat bleibt ein Rätsel. Da gibt's mehr Brutalität und Sex (auch bei der Duschszene mit Susan Ward gibt's rein gar nichts zu sehen) schon in vielen Filmen niedrigerer Altersstufen. Im Zusatz zum Filmtitel heißt es, dass 17 Personen dran glauben müssen. Das klingt martialisch, ist aber reine PR der Filmproduzenten. Aber mitzählen tut ja eh' keiner. Und man sollte sich auch von dem "Sin City"-Abklatsch-Bild auf dem deutschen DVD-Cover nicht in die Irre leiten lassen. So eine Szene gibt's im ganzen Film nicht und außerdem spielt Rodriguez' innovative Comicverfilmung in einer ganz anderen Liga. Im Juli veröffentlicht Splendid übrigens einen weiteren Film vom Dreamteam Alan Pao und Corey Large. "Loaded" heißt der Gangsterthriller, bereits 2006 gedreht, und hat Vinnie Jones als Gaststar. Und der ist bei seinen bisherigen Rollen auch nicht wählerisch gewesen.

DVD (Splendid-Label I-On New Media, PAL, 1 Disc, 88 min)

Das Bild wird im anamorphen 1.78:1-Format präsentiert. Dass die Optik hier in manchen Szenen beim Kontrast nicht überzeugt liegt aber am Ausgangsmaterial (z.T. variable Qualität) bzw. dem wohl gewünschten Stil des Regisseurs. Der Ton liegt in DD5.1 sowohl in englisch (mit optionalen dt. Untertiteln) als auch in deutsch vor. Im englischen sind die Dialoge bei der Duschszene schlecht verständlich. Da hat wohl der Tonmeister geschlafen. Extras sind spärlich gesät. Trailer gibt es außer für Toxic noch für weitere 10 andere Filme von I-On New Media. Der Film geht im übrigen knappe 88 Minuten und nicht wie auf dem Cover angegeben 92 Minuten (so steht's auch im FSK-Datenblatt).

* Die DVD wurde freundlicherweise von Splendid zur Verfügung gestellt

Überflüssiger geht's kaum. Der blutleere, unoriginelle Gangsterthriller mit schwachen Darstellerleistungen und einer Schar an "Schauspielerprominenz" in kleinen Nebenrollen nervt aber auch durch seinen monotonen visuellen Stil. Außer Jump-cuts, Slowmotion und langweiligen Überblendungen fällt dem Regisseur nichts ein und verärgert auch noch in vielen Szenen durch ein zu kontrastreiches Bild bei ideenloser Bildführung.

Zudem verliert sich die hanebüchene Geschichte oft in pseudo-philosophischen Dialogen, die so mies vorgetragen sind, als hätten die Darsteller selbst keine rechte Lust gehabt. Manche können es wohl auch nicht besser. Außerdem sind die Budgetbeschränkungen nicht nur bei der Auswahl der Hauptdarsteller deutlich spür- und sichtbar. Der Film sieht einfach billig heruntergekurbelt aus und langweilt. Da nützt auch der aufgesetzte Twist zum Schluss nichts mehr.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 30.05.2009

Toxic - 1 Girl, 1 Curse, 17 Bodies

USA 2007. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 88 Min. Bildverhältnis: 1.78:1 DVD-Start: 08.07.2008 (USA) 15.05./29.05.09 (D). Budget: 3.8 Mio. USD Einspiel: - Regie: Alan Pao. Story: Corey Large. Screenplay: Alan Pao, Kyle Kramer. Kamera: Roger Chingirian. Schnitt: Chris Levitus. Musik: Scott Glasgow. Darsteller: Susan Ward, Corey Large, Dominique Swain, Master P, Charity Shea, Danny Trejo, Costas Mandylor, Tom Sizemore, Paul Johansson, Ling Bai, Lochlyn Munro, Steven Bauer, Nick Chinlund, Brande Roderick, Kitana Baker, C. Thomas Howell, Ron Jeremy
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