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2009
Bilder © Concorde
*** Shutter Island
martin scorsese


Zwei US-Marshals des FBI (Leonardo DiCaprio, Mark Ruffalo) untersuchen auf einer Pazifikinsel, die gefährliche, geistig verwirrte Kriminelle beherbergt, das Verschwinden einer Insassin. Während ihrer Ermittlungen stoßen sie allerdings auf den Widerstand der Gefängniskrankenhausleitung, die nur eingeschränkt kooperiert.

Leonardo DiCaprio ist zurück in den 50ern. Nach seinem vielgelobten Auftritt in Sam Mendes Drama "Zeiten des Aufruhrs" in dem er sich mit Eheproblemen herumschlagen musste, legt er sich bei Martin Scorseses Romanverfilmung "Shutter Island" wieder Anzug, Krawatte und Hut zu. Diesmal geht's aber weitaus düsterer voran, denn als US-Marshal umgibt er sich mit Mördern und kämpft gleichzeitig gegen eigene schreckliche Albträume. DiCaprios Figur nennt sich Teddy Daniels und war vor seinem Job beim FBI als Soldat im Zweiten Weltkrieg bei der KZ-Befreiung in Dachau und dem Massaker an SS-Soldaten aktiv beteiligt.

Die Grausamkeiten, die er dort gesehen und erlebt hat lassen ihn auch Jahre später nicht los und besuchen ihn in seinen Horrorträumen abwechselnd mit Bildern seiner toten Frau Dolores (Michelle Williams, Deception), die bei einem Hausbrand zum Opfer fiel. Scorsese, bekannt geworden durch "Taxi Driver", "Wie ein wilder Stier" und "Goodfellas", drückt die Empfindungen des leidgeprüften Protagonisten in faszinierend-schaurigen Bildern aus, die nicht nur von Meisterhand fotografiert sind sondern auch durch die exzellenten Computereffekte in ihrer Wirkung unterstützt werden. Überhaupt ist der Look des ganzen Films (Produktionsdesign von Dante Ferretti, Sweeney Todd/ Gangs of New York) der große Pluspunkt von Scorseses erstem Spielfilm nach dem mehrfach oscarprämierten Gangsterstreifen "The Departed" (2006).

Zuständig für das Einfangen der Bilder ist Robert Richardson, der schon einige Male mit Scorsese zusammengearbeitet hat (zuletzt die Rolling-Stones-Konzertdokumentation "Shine a Light") und gerade für seine Arbeit an Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" für den Oscar nominiert wurde. Scorsese kann sich aber nicht nur auf visuelle Schauwerte bei seinem ersten Eintritt ins Genre des Mystery-Horror-Thrillers stützen sondern mit Leonardo DiCaprio (drehte mit Scorsese schon drei Filme) und Mark Ruffalo (Boston Streets, Zodiac) auch auf zwei überzeugende Darsteller, die wir durch luxuriöse Räume, vergitterte Festungen, dunkle Gänge bis hin zu den steilen Klippen der von einem Hurrikan geplagten Insel begleiten.

In der Rolle des Anstaltsleiters sehen wir Ben Kingsley, einst für seine Darstellung als Ghandi gefeiert, in den letzten Jahren bis auf wenige Ausnahmen (z.B. House of Sand and Fog, 2003) vorwiegend in wenig spektakulären Rollen und oft in B-Movies zu sehen, die direkt in der Videothek landen. Viel bewirken kann er hier auch nicht, ebenso wie ein weiterer Veteran in einer kleinen Rolle - Max von Sydow, der den Arzt mit dubioser Vergangenheit verkörpert. Teils kaum erkennbar finden sich noch eine ganze Reihe etablierter Darsteller wie Emily Mortimer, Patricia Clarkson, Jackie Earl Haley und Elias Koteas in Mini-Rollen. Wenn Scorsese ruft sagt man eben nicht nein. Die Last, die Handlung voranzutreiben liegt aber bei Leonardo DiCaprio.

Als Gesetzeshüter Daniels muss er ein Puzzle lösen und seine eigene Vergangenheit bewältigen, denn wie wir im Verlauf der Handlung erfahren ist es kein Zufall, dass ausgerechnet er sich jetzt auf der Insel befindet. Es passiert viel in Daniels Kopf, Realität und Fantasie vermischen sich und auch der Zuschauer wird zum angestrengten Mitfiebern eingeladen. Wie viel von dem was man sieht ist wahr ? Scorsese schürt mit jeder Minute die Erwartungen auf ein großes Finale, streut viele verwirrende Motive ein, die auch inhumane Naziforschungsexperimente und McCarthys Kommunistenhatz ins Spiel bringen. Ob dies nur Ablenkungen und Stolperfallen sind auf dem Weg zur Lösung des Falles mag vor allem den genreunerfahrenen Betrachter beschäftigen.

"Shutter Island" ist bereits die dritte Verfilmung eines Buches des 1966 geborenen amerikanischen Autors Dennis Lehane, der selbst auch einige Episoden für die Krimireihe "The Wire" schrieb. Doch Martin Scorsese wie auch Ben Affleck mit "Gone Baby Gone" schaffen es nicht aus den Vorlagen durchweg packende Filme zu kreieren und in beiden Fällen ist auch die Auflösung des Falles weitaus weniger überraschend als wohl beabsichtigt. Zu viel hat man diesbezüglich schon in Werken von anderen gesehen. Besser machte es da Clint Eastwood 2003 mit der Verfilmung von Lehanes Krimidrama "Mystic River" und überzeugenden Darbietungen von Sean Penn, Tim Robbins und Kevin Bacon. Für Penn und Robbins gab's dafür auch den Oscar.

Den wird es zunächst für keinen der an "Shutter Island" Beteiligten geben. Ursprünglich sollte der Film ja letztes Jahr noch ins Oscar-Rennen für die Verleihung 2010 eingreifen, doch das verantwortliche Filmstudio Paramount zog aus wirtschaftlichen Gründen die Reißleine und verschob den Kinostart weltweit kurzfristig um drei Monate. Manchen Unkenrufen zum Trotz hat es dem Film nicht geschadet, denn in Amerika platzierte sich "Shutter Island" mit einem Einspielergebnis von 41.1 Mio. Dollar gleich auf Platz 1 der Kinocharts und ist auf dem besten Weg Scorseses kommerziell erfolgreichster Film zu werden, wenn der Hype sich in stetiges Interesse verwandelt. Das Erfolgslabel klebt noch auf "The Departed", der mit 26.9 Mio. Dollar startete und weltweit insgesamt 290 Mio. Dollar an den Kinokassen einspielte.

Martin Scorsese überrascht mit diesem Genrefilm. Das Resultat ist keine Enttäuschung aber gehört sicher auch nicht zu seinen besten Werken. Optisch ein Genuss wird die Handlung leider nicht durchgängig packend erzählt und hat in den 138 Minuten so seine dramaturgischen Längen. Selbst wenn das Ende im Kern vorhersehbar ist werden Fans von Mysterythrillern bei dieser schauspielerisch gut besetzten Reise durch den menschlichen Verstand wohl ihren Unterhaltungswert finden.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 25.02.2010

Shutter Island

USA 2009. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 138 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 19.02.2010 (USA)25.02.2010 (D). Budget: 80 Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: Martin Scorsese. Romanvorlage: Dennis Lehane. Screenplay: Laeta Kalogridis. Kamera: Robert Richardson. Schnitt: Thelma Schoonmaker. Musik: n/a. Darsteller: Leonardo DiCaprio, Mark Ruffalo, Ben Kingsley, Max von Sydow, Michelle Williams, Emily Mortimer, Patricia Clarkson, Jackie Earle Haley, Ted Levine, Elias Koteas.

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