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1975
Bilder © Code Red
*** Mean Johnny Barrows
fred williamson


Unehrenhaft aus dem Militärdienst entlassen kehrt Vietnamveteran Johnny Barrows in seine Heimatstadt Los Angeles zurück. Bei der Ankunft wird er gleich ausgeraubt und hat mangels Alternative keine andere Wahl als sich mit einem undankbaren Job als Putzmann bei einer Tankstelle abzufinden. Er könnte mit einem Schlag 100.000 US-Dollar verdienen, wenn er sich als Killer für einen italienischen Gangster anheuern lassen würde ...

Fred Williamson hat während seiner aktiven Zeit als Profi im American Football gelernt wie er sich und seinen (Spitz-)Namen "The Hammer" gewinnbringend vermarkten kann. Und da er keine Lust hatte nach der Sportkarriere als Architekt zu arbeiten beschloss er im Filmgeschäft Fuß zu fassen mit dem Ziel der erste schwarze Actionstar zu werden. Der Blaxploitation-Boom (bei dem auch die großen Studios mitmischten) hielt aber nur einige Jahre an und gute Rollen für schwarze Darsteller wie sie sich Williamson vorstellte wurden ihm später nicht mehr angeboten. Denn seine drei goldenen Regeln lauteten: Er gewinnt jeden Kampf, er kriegt immer das Mädchen, wenn er es will und drittens: er stirbt nicht. Folglich gründete der selbstbewusste Mittdreißiger seine eigene Firma Po' Boy Productions und kümmerte sich selbst um die Finanzierung seiner Projekte.

1976 kam eine ganze Reihe Filme (u.a. Death Journey) in die amerikanischen Kinos bei denen Williamson nicht nur die Hauptrolle spielte und Produzentenpflichten erfüllte sondern z.T. auch selbst die Drehbücher verfasste. Sein Anspruch war dabei Filme mit geringem Budget zu drehen, die trotzdem gut aussehen, eine interessante Besetzung haben um damit in Konkurrenz zu den großen Studioproduktionen zu treten. "Mean Johnny Barrows", in Deutschland unter dem Titel "Die Mafia kennt keine Gnade" vertrieben, ist ein Produkt aus dieser Zeit. Für schlappe 150.000 US-Dollar gedreht und mit Roddy McDowell (damals bekannt durch die "Planet der Affen"-Kinofilme und die gleichnamige TV-Serie) und "Mash"-Kumpel Elliot Gould in Nebenrollen besetzt konnte Williamson auch gleich zwei bekannte Namen und ihre Gesichter aufs Poster drucken. Große Rollen sind das freilich nicht, insbesondere Elliot Goulds 2-Minuten-Auftritt wirkt wie ein unnötiger Gag, der zur Story nichts beiträgt. Als Dank für den Freundschaftsdienst durfte Gould seinen Monolog selber schreiben.

Der Star ist aber ohne Frage Fred Williamson aber er inszeniert sich nicht als Hau-Drauf-Helden, als zornigen Ex-Soldat, der gleich zur Waffe greift, wenn man ihm blöd kommt. Überraschenderweise geht's die erste Stunde recht zahm zu und Williamson bringt tatsächlich Sozialkritik (!) unter. Seine Figur erleidet nämlich stellvertretend für viele Tausende Kriegsheimkehrer die ganze Palette an Demütigungen, die man sich als unehrenhaft entlassener Soldat ohne abgeschlossene Schulausbildung, ohne Familieanschluss, ohne Freunde und ohne Geld erdulden muss - ein Silver Star nützt dann auch nichts mehr. Stattdessen gehört Polizeischikane, das Essen aus der Mülltonne und die Drecksarbeit bei der Tankstelle unter Anleitung des weißen Chefs zum Tagesgeschäft. Wie tief Johnny Barrows gefallen ist wird auch noch dadurch unterstrichen, dass er früher, wie Williamson, ein gefeierter Footballer war. Aber das wichtigste ist, dass er ein integrer Charakter ist/bleibt und die Verlockung auf schnelles Geld durch illegale Tätigkeiten lange verweigert.

Aber denken wir an die Regeln, die Williamson aufgestellt hat. Er gewinnt jeden Kampf und auch wenn er persönlich erlittenes Unrecht bis zu einem gewissen Maße tolerieren kann - geht es gegen Personen, die ihm etwas bedeuten, dann ist Schluss mit lustig und die Fans bekommen ihren Fred in Actionstar-Modus. Bis es aber soweit ist wird auch gerne mal übers Leben und den Wert des Menschen philosophiert und die eingängige Titelmusik (Gordon Staples mit "Strung Out") immer und immer wieder gespielt. Bis Johnny Barrows die doppelläufige Schrotflinte auspackt wirkt die Geschichte nicht wie ein milder Rambo-Verschnitt (David Morrell veröffentlichte seinen Roman "First Blood" 1972, 10 Jahre später wurde er mit Sylvester Stallone verfilmt) sondern vielmehr inspiriert von der klassischen Westerngeschichte des Fremden, der in eine Stadt reitet, zwei konkurrierende Banden vorfindet und von beiden umworben wird. In "Mean Johnny Barrows" stehen sich zwei italienische Familien gegenüber. Die eine will Drogen über ein Blumengeschäft verticken, die andere Familie hat die kriminellen Geschäfte weitgehend hinter sich gelassen und will die Drogenflut verhindern.

Was die dramaturgische Umsetzung dieser Ausgangssituation angeht kann Williamson mit seinen bescheidenen Mitteln sowohl in finanzieller als auch schauspielerischer Hinsicht geschweige denn vom inszenatorischen Blickwinkel einem Clint Eastwood oder Toshiro Mifune bzw. Sergio Leone oder Akira Kurosawa natürlich nicht das Wasser reichen. Williamsons vordringliches Ziel war es ohnehin sich das Image eines Black Dirty Harry aufzubauen. Bei dieser Regiearbeit hier verschenkt er aber Möglichkeiten. Die fast völlige Abwesenheit von Actionszenen in den ersten zwei Dritteln des Films wäre eigentlich eine Chance gewesen den von Roddy McDowall gespielten Gangstersohn besser in Szene zu setzen. Auch Robert Phillips, der als Fiesling in "Slaughter" glänzte hat in seinem Miniauftritt nichts zu tun. So hat Williamsons Methode auch Freunde und Bekannte möglichst für einen Gratiskurzauftritt zu rekrutieren auch seinen faden Beigeschmack. Böse formuliert könnte man meinen, einmal geblinzelt und das Cameo verpasst.

Wer aber zum Schluss noch seinen großen Auftritt hat ist der legendäre Martial-Arts-Promoter und Träger des schwarzen Gürtels in Karate Aaron Banks, der damals Fred Williamsons Trainer war und für den Film auch gleich den Hauptkampf choreographierte. Das was man sieht und auch vorher in einer Szene angedeutet wird ist allerdings unfreiwillig komisch, denn wie Banks und Williamson eine klassische Sequenz wiedergeben, die damals in fast jedem Kung-Fu-Film aus Hong Kong zu sehen war hat seinen ganz besonderen Reiz. Wer Williamsons Fußtritte und Handkantenschläge schon in anderen Filmen gesehen hat, der weiß wie "realistisch" diese Kampfszenen wirken. Das gibt dem ganzen dann noch eine trashige Note mit. Aber mit ausgeklügelten Kampfchoreographien wie Jackie Chan sie uns in Dutzenden Filmen vorgeführt hat darf man hier auch nicht rechnen. Immerhin lässt es sich Williamson nicht nehmen den Actionanteil kurz vorher noch mit einer improvisierten Autoverfolgungsjagd zu erhöhen. Und der Wille, die Fans zufrieden zu stellen muss ja auch was zählen.

DVD (Code Red, NTSC, Codefrei, 95 min)

Zum ersten Mal gibt's den Film im korrekten Bildformat (2.35:1, zudem anamorph codiert) und ungeschnitten auf DVD zu haben. Der Ton liegt in englischer Sprache DD2.0 vor. Untertitel gibt es keine. Das Bild hat zwar so seine Macken und Kratzer und Verunreinigungen, an manchen Stellen etwas mehr, aber insgesamt sieht das doch (bis auf ein paar farbliche Verirrungen) recht ordentlich aus. In Vergleich mit DVD-Veröffentlichungen von Genrefilmen dieser Zeit aus dem Hause Warner, MGM oder 20th Century Fox zieht das kleine Studio Code Red aber den kürzeren.
Dafür punktet man im Bereich der Extras, denn man hat Fred Williamson zum Audiokommentar geladen (warm haben das die anderen Studios nicht gemacht ?). Zusammen mit Independentregisseur Scott Spiegel und einem Vertreter vom Label Code Red gibt Williamson einen interessanten Einblick in die Entstehungsgeschichte von "Mean Johnny Barrow".
Desweiteren gibt es ein 19-minütiges Interview mit Williamson, in dem er chronologisch seine Filmkarriere durchplaudert. Teil 2 des Gesprächs findet man auf der DVD von "Death Journey", ebenfalls aus dem Hause Code Red. Trailer z.T.in grottenschlechter Qualität, teils auch anamorph codiert, gibt es zu den Filmen "Mean Johnny Barrows, Death Journey, No Way Back, Stigma, Family Honor, Changes, Challenge the Dragon, Brute Corps, Cry your purple Heart out, The Visitor, Choke Canyon, The Statue, Derby, The Dragon vs. Needles of Death".

Blaxploitation-Nachklapp mit sozialkritischem Touch ? Ja, denn Frieden ist die Hölle erklärt uns Actionman Fred Williamson und nimmt lange Anlauf bevor er seinen arg gebeutelten Vietnamveteranen mit Feuergewalt von der Leine lässt. Für Fans von Fred ist diese Low-Budget-Reise sicher ein Muss, vor allem da diesmal einer seiner goldenen Regeln aus dramaturgischen Gründen ausgehebelt wird, für unbedarfte und trashempfindliche Zeitgenossen wohl eher weniger interessant.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 13.08.2010

Die Mafia kennt keine Gnade

(Mean Johnny Barrows )

USA 1975. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 95 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: Januar 1976 (USA) . Budget: n/a Einspiel: n/a Mio. Regie: Fred Williamson. Buch: Charles Walker, Jolivett Cato. Kamera: Robert Caramico. Schnitt: Fred Williamson. Musik: Paul Riser. Darsteller: Fred Williamson, Roddy McDowall, Jenny Sherman, Stuart Whitman, Anthony Caruso, Luther Adler, Aaron Banks, R.G. Armstrong, Mike Henry, Robert Phillips, Elliott Gould.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih