Home || Suchen || Aktuell || Kritiken || Festival & Co. || Coole Köpfe || Medien || Downloads || Links || Sitemap
Filmwahl > 0-9 | A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | X | Y | Z

 
2009
Bilder © Constantin
**** Die Päpstin
sönke wortmann


Mitte des 9. Jahrhunderts nach Christi kommt ein Mädchen zur Welt, das sich äußerst intelligent und lernwillig gibt und dem vorherrschenden Frauenbild trotzt. Lernen beim Bischof ist ihr Wunsch und schon da wird ihr das Leben nicht leicht gemacht. Im folgenden gibt sie sich als junger Mann aus und es eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten, die sie bis nach Rom zum Stellvertreter Gottes auf Erden führen.

Ist es wahr oder erfunden ? Konnte eine Frau tatsächlich vor vielen Jahrhunderten zum Kirchenoberhaupt gekrönt werden ? Es gibt Argumentationsansätze dafür und dagegen. Der Roman-Bestseller "Die Päpstin" aus dem Jahre 1996 von der Amerikanerin Donna Woolfolk Cross spricht sich eindeutig dafür aus und der deutsche Regisseur Sönke Wortmann (Das Wunder von Bern) bringt die Geschichte als unterhaltsames Historiendrama auf die große Leinwand. Hollywood made in Germany könnte man meinen, denn die opulenten Bilder, die wir sehen und die Dramatik, die hier kreiert wird hat alle Zutaten, die man zunächst vom amerikanischen Kino erwarten würde. Die Gelder kommen aber aus Europa, bei der Besetzung gibt man sich international, auf englisch wurde gedreht und die Tür zur weltweiten Vermarktung steht damit offen.

Die Geschichte handelt von Johanna von Ingelheim, die in bescheidenen Verhältnissen aufwächst, heimlich vom Bruder im Lesen und Schreiben unterrichtet wird - der Frau im frühen Mittelalter waren solche Dinge strengstens untersagt (sonst schrumpft die Gebärmutter!) - und nur zu gerne in der Schule vom Bischof lernen möchte. Die Protagonistin wird dabei in dieser Phase von drei verschiedenen Darstellerinnen verkörpert (tolle Kinderdarstellerinnen) um die Entwicklung dieser energischen, klugen Frau ausführlich zu dokumentieren. Im erwachsenen Zustand ist es dann der durch Til Schweigers Komödie "Barfuss" bekannt gewordenen Johanna Wokalek vorbehalten den Film mit einer einprägsamen Darstellung zu einem kurzweiligen Ausflug in die Welt des Klerus zu machen. Ob ein eisernes Regime im Kloster von Fulda oder Mauscheleien in Rom, dem Amtssitz des schwächelnden Papstes - das Bild der Kirche ist keines der Nächstenliebe, Güte und Hilfestellung.

Wer sich bereits durch so manche mittelalterlichen Kirchenkrimis gezappt oder geblättert hat, der ist ob der vorherrschenden Dekadenz wenig geschockt. Und ein intelligenter Geist wie Johanna - im Schutz der Mönchskutte, dem Namen des Bruders und dem Erscheinungsbild eines jungen Mannes - scheint der richtige zu sein um die ursprünglichen Ziele und Lehren der Kirche wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Da wirkt der "Heiler aus Franken", wie Johanna schon genannt wird, wie der neue Messias. Bescheidenheit ist hier aber lebensnotwendig, denn karrieresüchtige Kirchenmänner im Dunstkreis des Papstes warten nur auf ihre Chance. Da wird auch vor Mord nicht zurückgeschreckt. Würde man entdecken, dass hier eine Frau der engste Vertraute des Papstes ist wären die Folgen schrecklicher Natur. Rationales Denken ist dann nicht gefragt. Regisseur Wortmann schildert diesen Balanceakt in schönen Bildern vor Schauplätzen in Deutschland und Marokko (Double für Italien).

Wo Wortmann erfolgreich für Spannung (z.B. Überfall der Normannen, Mordanschläge) und Lockerheit (John Goodmans Darstellung des Papstes) sorgt so scheitert er in der Darstellung des Zwiespalts in dem sich Johanna befindet. Als Frau ist sie der Liebe verfallen und zwar in der Person des verheirateten Grafen Gerold (David Wenham), der sie einst bei sich und seiner Familie aufnahm als sie beim Bischof unterrichtet werden sollte. Statt den inneren Konflikt (Allgemein- oder Eigeninteresse) interessanter zu beschreiben macht es sich der Regisseur einfach und verramscht seine Möglichkeiten im kitschigen Gefühlskino wie es ein Massenpublikum wohl verlangt. Das wirkt dann etwas platt, schmälert den guten Gesamteindruck aber nur geringfügig. Entschädigt wird man dafür mit einer wunderbaren Performance des Schweizers Anatole Taubman, der als herrlich hinterhältiger Intrigant und Möchtegern-Papst agiert.

Wenngleich nicht ganz so packend wie z.B. die beiden "Elizabeth" - Filme ist "Die Päpstin" aber unterhaltsames Historiendrama mit einer starken Hauptdarstellerin und guter Ausstattung. Da gehen die 2 ½ Stunden Laufzeit des Films recht flott vorbei.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 20.10.2009

Die Päpstin

(Pope Joan)

D/UK/ESP/ITA. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 148 Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: n/a (USA) 22.10.2009 (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: Sönke Wortmann. Buch: Donna Woolfolk Cross. Screenplay: Heinrich Hadding, Sönke Wortmann. Kamera: Tom Fährmann. Schnitt: Hans Funck. Musik: Marcel Barsotti. Darsteller: Johanna Wokalek, David Wenham, John Goodman, Iain Glen, Anatole Taubman, Lotte Flack, Christian Redl, Claudia Michelsen, Marc Bischoff.
Suchen || FAQ || Impressum || Sitemap
© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih