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2006
Bilder © Kinowelt
**** Interview
steve buscemi


Der normalerweise fürs Ressort Politik schreibende Journalist Pierre Peders (Steve Buscemi) wird für eine Trivialgeschichte nach New York geschickt um das von den Boulevardmedien gehypte Starlet Katya (Sienna Miller) zu interviewen. Durch ein Missgeschick landen die beiden in Katyas Wohnung und in einem Katz-und Maus-Spiel versucht man sich gegenseitig mit unterschiedlichen Tricks aus der Reserve zu locken.

Der Name Theo Van Gogh wäre vermutlich weitaus weniger Menschen bekannt wäre der niederländische Filmemacher nicht 2004 einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Van Goghs Art kontroverse Themen wie den Islam direkt und ungeschönt anzupacken kostete ihn das Leben. Ursprünglich wollten er und seine Produzenten selbst ein englischsprachiges Remake des Films drehen nachdem sein 2003 gedrehtes ‚Interview' positiv von der internationalen Kritik aufgenommen wurde. Die Produzenten beschlossen nach dem Tode Van Goghs den Gedanken fortzuführen und drei seiner Werke von amerikanischen Filmemachern neu verfilmen zu lassen. Steve Buscemi wurde für ‚Interview' ausgewählt, die anderen Regisseure sind Stanley Tucci für ‚Blind Date' mit Tony Shalhoub und Patricia Clarkson (ist bereits abgedreht) sowie Bob Balaban, der für ‚06' vorgesehen ist.

‚Interview' ist ein sehr dialoglastiger Film, der zwei Hauptfiguren fast ausschließlich an einem Schauplatz zeigt. Diese Ausgangslage kann leicht zur Bürde werden doch hier wird insbesondere das intensive, glaubwürdige Spiel der Akteure zum Schlüssel für ein faszinierendes Kinoerlebnis. Independent-Ikone Steve Buscemi, der sowohl in kleinen Produktionen (Ghost World) als auch in Blockbustern (Armageddon) zu finden ist führt hier zum vierten Male Regie bei einem Kinofilm. Als Journalist auf dem Abstellgleis erfüllt er nur widerwillig die ihm zugetragene Aufgabe obwohl er lieber in Washington wäre um über den aktuellen Politskandal zu berichten.

Im Verlauf seiner sich bis in die Nacht hinziehenden Konversationen mit Katya, dem B-Movie-Liebling der Klatschpresse, bröckelt auch seine kühle, desinteressierte Fassade und ein kaputter Typ mit sprichwörtlicher Leiche im Keller wird aus den Worthülsen gefiltert. Dass ausgerechnet das auf ihr Aussehen reduzierte Blondchen mit Sex-Appeal den erfahrenen Journalisten in Bedrängnis bringt wirkt auf den ersten Blick verblüffend aber durch den geschickten Aufbau und Fortgang der Geschichte auch nachvollziehbar. Ideal besetzt ist dabei die Rolle der Katya mit der britischen Schauspielerin Sienna Miller, selbst gerne abgelichtetes Objekt der Journalie in diversen Boulevardblättern. Miller machte zeitweilig mehr Schlagzeilen mit ihrem Privatleben als mit ihren Filmrollen.

Die waren vor ‚Interview' auch künstlerisch wenig wertvoll, war sie doch in Filmen wie ‚Alfie' und ‚Layer Cake' nur schmuckes Beiwerk bevor sie in ‚Casanova' ihre erste große Hauptrolle ergatterte. Unter der Führung von Regisseur und Schauspielkollege Buscemi liefert Miller in ‚Interview' ihre bisher beste Leistung ab und zeigt dass sie allein durch die Annahme der Rolle Sinn für Selbstironie hat und vor allem auch schauspielerisch beeindrucken kann. Die sich ständig wechselnde Stimmung zwischen zwei sich gerade erste kennengelernten, sehr verschiedenen Menschen ist wenig vorhersehbar und wirkt daher sehr erfrischend. Von Geringschätzigkeit, Neugier, Verachtung, Anteilnahme und Trickserei sind die kurzweiligen anderthalb Stunden durchsetzt.

Sind die Protagonisten verbal dicht aufeinander - nur selten gibt es längere Gesprächspausen - so bietet das weitläufige Loft von Katya wenigstens temporär die Möglichkeit von körperlicher Distanz. Da aber beide Egos aufeinanderkrachen müssen um sich zu messen, um herauszufinden wer die Oberhand behält - der kühle Journalist oder der koksende Filmstar - ist die körperliche Nähe fast zwangsläufig, ein Kontakt der auch unterschwellige sexuelle Spannung provoziert zwischen dem älteren Mann und der Frau, die seine Tochter sein könnte. Die überraschende Auflösung hat dann wieder etwas vom Thriller-Genre und straft jeden, der sich Meinungen über Themen, Menschen oder sonstige Dinge macht ohne sie versucht besser oder genauer zu verstehen.

Steve Buscemi und Sienna Miller meistern die Schwierigkeit einen fast theaterstückartig inszenierten Zwei-Personen-Auftritt interessant zu gestalten mit Bravour. Die Geschichte des Journalisten, der sich gegen das Blondchen aus der Boulevardpresse zu behaupten versucht und dabei selbst einen ungeplanten Seelenstriptease vorführt, bietet spannende und auch humorvolle Minuten bis hin zum konsequenten Ende. ‚Interview' ist bodenständiges Schauspielerkino, das sich lohnt.



Text © Markus Klingbeil
VÖ: 31.05.2008

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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