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2009
Bilder © Concorde Film
**** Das Kabinett des Doktor Parnassus
terry gilliam


Die Schaustellergeschäfte von Doktor Parnassus (Christopher Plummer) und seiner Truppe laufen schlecht. Als sie einen Burschen ohne Erinnerung (Heath Ledger) auflesen scheint dessen Initiative zu einer besseren Geschäftsperspektive zu führen. Doch Wünsche und Sehnsüchte bringen nicht immer positives zutage.

Die Filme des Briten Terry Gilliam (Brazil, König der Fischer), früher ein Mitglied der Komikertruppe Monty Python, sind keine für den Massengeschmack und haben auch oft eine schwierige Entstehungsphase hinter sich. Ob Geldmangel, Streitigkeiten über die finale Version fürs Kino oder wie im Fall von seinem aktuellen Projekt der Verlust eines Hauptdarstellers. Heath Ledger hatte seinen posthum mit dem Oscar ausgezeichneten Auftritt als Joker in "The Dark Knight" bereits abgedreht und war schon von Gilliam engagiert worden. Ein Teil der Aufnahmen seiner Rolle als vor Gangstern flüchtender charmanter Bursche war bereits im Kasten - die in der Realität in London spielenden Szenen. Tricktechnische Fantasysequenzen sollten anschließend im kanadischen Vancouver realisiert werden aber Ledger starb unerwartet am 22. Januar 2008.

Doch dank der Unterstützung der Familie des Verstorbenen und der Hilfe dreier Freunde konnte Gilliam den Film doch noch fertig stellen ohne dass man Ledger über Computereffekte künstlich wiedererwecken musste (s. Brandon Lee bei "The Crow"). Ohnehin ein Fantasyfilm ist die Änderung des Drehbuchs auch im Sinne des Genres äußerst gut gelungen. Ein Zauberspiegel ist nämlich ein Schlüsselelement in der Geschichte und jeder Gast, der durch den Spiegel auf die andere Seite geht bekommt es mit einer Visualisierung seiner Sehnsüchte und Wünsche zu tun, die aber auch in einem Alptraum münden können. Heath Ledger spielt eine Figur, die wir zum ersten Mal zu Gesicht bekommen als sie unter einer Brücke am Galgenstrick hängt. Gerettet wird er von der Truppe des zufällig vorbeifahrenden Dr. Parnassus (Christopher Plummer, Ein Russischer Sommer), einem Mann mit Rauschebart und unendlicher Lebensdauer.

Ohne Gedächtnis ist hingegen zunächst der Wiederbelebte und so verpasst man ihm den Namen Tony. Dass er in der Vergangenheit keine moralisch integre Person war lernen wir im Verlauf der Geschichte so wie auch seine Erinnerung zurückkehrt und er die Gesellschaft der Theaterspieler zu schätzen lernt. Der Spiegel ist es auch, der Tonys Vergangenheit in bizarrer Weise in die Gegenwart holt und da wendet Gilliam notgedrungen seinen dramaturgischen Kniff an. In dieser Traumwelt verändert sich das Bild von Tony und aus Heath Ledger werden in drei aufeinanderfolgenden Durchgängen Johnny Depp, Jude Law und Colin Farell . Noch mehr als die Figuren in dieser Phantasiewelt beeindruckt in diesem Moment aber die Weise wie die Welt gestaltet ist. Eine irre Collage aus einem unkonventionellen Märchenbuch in der sich auch ein Seelenfänger herumtreibt.

Doch auch in der realen Welt gibt es genug Abwechslung, die den Zuschauer bei Laune halten wird. Nicht nur Tony wirbelt die darbende Theatertruppe gehörig auf und löst obendrein und sehr zum Unmut des jungen Anton (Andrew Garfield, Boy A) einen Hormonausstoß bei der minderjähriger Tochter von Parnassus aus. Valentina (Lily Cole, Die Girls von St. Trinian) mit ihrem feuerroten Haar wird auch von einem diabolischen Fremden namens Mr. Nick begehrt. Der fordert von seinem alten Bekannten Parnassus seinen Tribut aus einer lang zurückliegenden Vereinbarung. Tom Waits (Coffee and Cigarettes) als Teufel spielt dabei seinen Part mit sichtbarer Freude und stiehlt dabei Heath Ledger fast die Show. Die gute Besetzung wird komplettiert durch Verne Troyer, bekannt geworden durch seine Rolle als Mini-Me in den "Austin Powers"-Filmen, der mit zynisch-sarkastischen Worten um sich wirft.

Dieses Fantasymärchen mit seinen düsteren Aspekten ist sicher nicht jedermanns Geschmack, doch wer Terry Gilliams Ideenreichtum zu schätzen weiß, der wird in diesem Film einen würdigen Abschluss von Heath Ledgers filmischen Schaffen sehen.



Text © Markus Klingbeil
VÖ: 06.01.10

Das Kabinett des Doktor Parnassus

(The Imaginarium of Doctor Parnassus)

UK/F/CAN 2009. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 122 Min. Bildverhältnis: 1.85:1 Kinostart: 25.12.09 (USA) 07.01.10 (D). Budget: 45 Mio. USD Einspiel: - Regie: Terry Gilliam. Buch: Terry Gilliam, Charles McKeown . Kamera: Nicola Pecorini. Schnitt: Mick Audsley. Musik: Jeff Danna, Mychael Danna. Darsteller: Heath Ledger, Andrew Garfield, Christopher Plummer, Lily Cole, Verne Troyer, Tom Waits, Johnny Depp, Jude Law, Colin Farrell, Peter Stormare.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih