Home || Suchen || Aktuell || Kritiken || Festival & Co. || Coole Köpfe || Medien || Downloads || Links || Sitemap
Filmwahl > 0-9 | A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | X | Y | Z

 
2013

Bilder © Warner Bros.
** Her
spike jonze


Briefe schreiben ist Theodores Job. Privat hat er es schwer zu kommunizieren. Seine Ehe ist in die Brüche gegangen. Da kommt ein neues interaktives Computer- betriebssystem auf den Markt das mehr und mehr sein Leben dominiert.

Computer sind aus unserem täglichen Leben schon lange nicht mehr wegzudenken. Ob nüchterne Hilfsmittel zur Arbeitserleichterung oder Freudenspender - die Möglichkeiten sind vielfältig. Spike Jonze (Being John Malkovich), durch Musikvideos für Stars wie R.E.M. und Björk und Produzent von MTVs Jackass und deren Kinoableger bekannt geworden erzählt in seiner vierten Regiearbeit für die große Leinwand eine futuristische Geschichte, die in technischer Hinsicht gar nicht mal so weit hergeholt scheint. Social Media ist überall, der Austausch persönlicher Daten im WWW ist ein gefundenes Fressen für NSA & Co. Und natürlich werden auch Herzensangelegenheit diskutiert und der Wunsch nach Intimität über Chatforen und anderen Portale befriedigt. In Jonzes Welt muss man nur noch den Knopf (eine technische Wundereinheit) ins Ohr stecken und seine Kommandos sprechen und schon ist man mit seinem Rechner verbunden egal ob man sich draußen beim Spazierengehen, im Office oder zu Hause auf der Couch aufhält. Der von Joaquin Phoenix (The Master) gespielte Theodore lebt von dieser Technisierung unserer Welt. Er arbeitet für eine Firma, die sich Briefe aller möglichen Art im Namen ihrer Kunden ausdenkt und sie an den gewünschten Adressaten verschickt. Dass ein kleiner Poet in ihm steckt schätzt sein Boss an ihm. Theodores soziale Kontakte beschränken sich aber auf wenige Freunde wie Amy (Amy Adams, American Hustle), die er noch vom College kennt, und die ihn wieder unter Leute bringen, sprich mit einem Blind Date auf Trab bringen will. Soweit so gut.

Als Theodore aber ein neues auf ihn persönlich abgestimmtes Betriebssystem installiert (da sind erstaunlicherweise nur 2-3 private Fragen notwendig) blüht der in sich gekehrte Bursche wieder auf, denn „Samantha“, das Betriebssystem, ist mehr als eine Top-Sekretärin: superintelligent, witzig, geht auf den Kunden ein, hört sich Probleme aller Art an und liefert Lösungsvorschläge, lernt immer emotionaler zu reagieren was Liebesschwüre und Eifersucht mit einschließt. Ein menschlicher Conputer also ? Not so fast. Leider klingt das etwas spannender als es inszeniert ist, denn vergessen wird nicht, Samantha ist nur die Stimme ohne Körper, die bald in ewig langen, substanzlosen Quasselsessions mit Theodore dem Zuschauer die Ohren abkaut (böse Erinnerungen an das Nervpaar 2013 Delpy/Hawke werden wach!). Im Original kommt die Stimme von Scarlett Johansson (The Return of the First Avenger) zum Einsatz, die allerdings ihren Beitrag erst leistete als der Film schon abgedreht war. In der Postproduction beim Filmschnitt merkte Jonze, dass Samantha Morton, die ursprüngliche Besetzung für die Stimme, den Filmcharakter wie er ihn sich vorstellte, nicht getroffen hatte. Pech für Morton. Glück für Johansson, deren Leistung manche so toll fanden, dass sie eine Oscarnominierung für sie forderten, was aber für körperloses Spiel laut Academy-Regelwerk nicht geht. Phoenix wurde nicht ersetzt auch wenn er hier keine bemerkenswerte Leistung abliefert. Wie gut er sein kann zeigte er 2005 als Johnny Cash in „Walk the Line“. In seiner Rolle in „Her“ist er unfähig beständige Beziehungen mit realen Personen zu erhalten - seine Jugendliebe Catherine will die Scheidung - oder neu zu beginnen (sein williges Blind Date vergrault er nach dem ersten Treffen).

Theodore wird schnell abhängig von der ihn scheinbar so gut verstehenden Samantha. Das alles nur Fake ist, man könnte fast schon sagen ein übler Scherz cleverer Programmierer, kann oder will Theodore nicht wahrhaben. Thrillerelemente könnte man jetzt stärker betonen (Samantha lösch' doch wenigstens mal Theodores wichtige Emails ...) aber nein, Jonze will weiter auf der tristen Beziehungslügenschiene weiterfahren. Den Regisseur, der hier auch Drehbuchautor ist, kümmert es nicht, dass Langeweile den Zuschauer einnebelt, zieht er doch seine Geschichte weiter unnötig in die Länge. Sex mit dem Betriebssystem wird natürlich nicht ausgespart, geschieht zunächst über Dirty Talk und weil das irgendwann nicht reicht kommt die programmierte Stimme auf die Idee sich den Körper einer realen Frau zu leihen um Theodore und ihr selbst ein „echtes“ Gefühlserlebnis zu gönnen. Dass sie allerdings die Frau aussucht und nicht ihn nach seiner Phantasiefrau befragt, ihm die Wahl überlässt, ist dann nur ein Grund von mehreren warum dieses Sexperiment wie der ganze Film in die Hose geht. Phantasie und Realität sind eben doch oft zwei verschiedene Paar Schuhe.

Ein langweiliges Drehbuch mit nervigen Allerweltsdialogen bekommt den Oscar. Preisverleihungen sind schon merkwürdig. Spike Jonze gewinnt, das Publikum wird mit einem der schlechtesten Filme des Jahres beschenkt.

Text © Markus Klingbeil
25.03.2014

Her

USA 2013. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 126 Min. Bildverhältnis: 1.85:1 Kinostart: 18.12.2013 (USA) 27.03.2014 (D). Budget: 23 Mio. USD Einspiel: n/a Regie: Spike Jonze. Drehbuch: Spike Jonze. Kamera: Hoyte Van Hoytema. Schnitt: Jeff Buchanan, Eric Zumbrunnen. Musik: Arcade Fire. Darsteller: Joaquin Phoenix, Scarlett Johansson (Stimme) Chris Pratt, Rooney Mara, Amy Adams, Olivia Wilde .
Suchen || FAQ || Impressum || Sitemap
© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih