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1965
Bilder © Koch Media
Western Collection
Nr.12
*** Eine Pistole für Ringo
duccio tessari


Der schnelle Revolverschütze Ringo (Giuliano Gemma) soll für den Sheriff einer Kleinstadt nahe der US-Grenze zu Mexiko eine knifflige Situation lösen. Geraubtes Geld von einem Banküberfall zurückholen und mithelfen die Geiseln eines Landsitzes unbeschadet zu befreien. Da haben es sich nämlich Sancho und seine Bande auf der Flucht bequem gemacht.

Er trinkt Milch statt Whiskey, tötet seine Gegner immer in Notwehr und ist äußerst prinzipientreu. Das klingt nicht unbedingt nach dem typisch-ausgebufften Einzelgänger, der sich für Geld anheuern lässt um nach vollbrachter Arbeit schnell das Weite zu suchen. Doch Ringo, den sie dank seines netten Aussehens ehrfürchtig "Engelsgesicht" nennen, ist ein schlauer Fuchs, der genauso schnell mit dem Kopf denkt wie seine Pistole das Halfter verlässt. Gespielt wird die Titelfigur von dem Italiener Giuliano Gemma, der zuvor nicht in Westernrollen sondern vor allem in körperbetonten Italostreifen u.a. als Stuntman mitwirkte.

Seine recht erfolgreiche Filmkarriere verdankt Gemma dabei zum großen Teil auch Regisseur Duccio Tessari, der ihn bereits drei Jahre zuvor in "Kadmos, Tyrann von Theben" besetzte und auch in den Folgejahren immer wieder engagierte. Tessari selbst war mit dem Westerngenre bereits vertraut schrieb er doch zusammen mit Sergio Leone den Klassiker "Für eine Handvoll Dollar". Ein cooler Westernheld wie Clint Eastwood ist Gemma als Ringo aber nicht, denn als Plaudertasche hat er andere Taktiken um seine Gegner zu zermürben. So ist der Titel des Films schon der erste Hinweis darauf, dass unsere Protagonist lange Zeit auf ein Schiesseisen verzichten muss.

Ringos weihnachtliche Mission im Jahre 1894 ist nämlich die der Infiltration der Bande des grausamen Banditen Sancho (Fernandi Sancho), der zusammen mit seiner feurigen mexikanischen Geliebten Dolores (Nieves Navarro) und seinen schwerbewaffneten Männer einen kleinen Ausflug in die USA zum Geldraub nutzte. Belagert von den Leuten des Sheriffs hängen sie im Wohnsitz des wohlhabenden Maj. Clyde (Antonio Cassas) fest, dessen Tochter Ruby (Lorella de Luca) ausgerechnet die Angebetete des Sheriffs ist. Wie brenzlig die Situation ist wird dadurch unterstrichen, dass täglich zwei Angestellte des Majors erschossen werden bis der Bande der bedingungslose Abzug nach Mexiko gestattet wird.

Großartig spannend und actionreich ist dieser in Südspanien gedrehte Western aber nicht und auch die Einstufung "keine Jugendfreigabe" dürfte nur deswegen zu rechtfertigen sein, weil Sancho ohne mit der Wimper zu zucken und auf perfide Art und Weise unschuldige, wehrlose Menschen abknallt. Kurz und knapp. Da gibt es dann auch keine großartigen blutigen Effekte beim Niederschuss. Anders als z.B. bei Sam Peckinpah in "The Wild Bunch" wird hier das Sterben nicht in Zeitlupe zelebriert. Der Ton des Film ist dank der Figuren auch oft humoristisch angefärbt, vorwiegenden bestimmt durch die Rhetorik von Ringo und der Reaktion des intellektuell unterlegenen Sancho.

Und auch ein etwas sonderbares Liebesgeturtel zwischen dem verwitwetem Major und Gangsterbraut Dolores - stets mit Rock und Pistolengürtel unterwegs - verhindert ein Abdriften in allzu ernste Westerngefilde. Klar gibt's auch die obligatorischen Ballereien, Raufereien und gierigen Blicke ungehobelter Gangsterschergen, wenn die adrette Tochter des Majors auf der Bildfläche erscheint. Aber zum packenden Filmereignis reicht das alleine noch nicht. Und die kleine Rolle vom westernerfahrene George Martin als Sheriff ist eine undankbare, ja fast wirkt sie überflüssig. Alles wesentlich spielt sich im und um den Landsitz des Majors ab.

Für Eurofilm-Fans dürfte "Eine Pistole für Ringo" aber auch deswegen interessant sein, weil sich Guiliano Gemma hier zum ersten Male in einem Western profilieren konnte und Nieves Navarro (als Brünette!) hier ihren erst zweiten Auftritt in einem Spielfilm absolviert. Navarro drehte ab 1969 unter ihrem Künstlernamen Susan Scott und (oft freizügig und mit feuerroter Haarpracht) einen Gialli nach dem anderen, z.T. mit ihrem Ehemann, dem Produzenten und Regisseur Luciano Ercoli. Auch Gemma benutzte ein Pseudonym um für den internationalen Markt gerüstet zu sein. Als Montgomery Wood drehte er allerdings nur noch zwei weitere Filme und kehrte dann zu seinem eigentlichen Namen zurück.

Mit fast identischer Besetzung drehte Duccio Tessari noch im gleichen Jahr den Film "Ringo kommt zurück" (ebenfalls in der Koch Media Western Reihe erschienen), der nur namentlich wie eine Fortsetzung erscheint, inhaltlich aber andere Wege geht.

DVD (Koch Media, RC2, PAL, 94 min)

"Eine Pistole für Ringo" gehört zur 25-teiligen Western Collection des Labels Koch Media, die sich liebevoll um verschollene Klassiker und weniger bekannte Genreprodukte aus Europa kümmert. Das sieht man schon daran, dass das anamorphe Cinemascope-Bild (2.35:1) der DVD für einen über 40 Jahre alten Film wirklich gut aussieht und nur minimale Altersspuren aufweist. Auch beim Ton kann man sich nicht beklagen und hat die Auswahl zwischen der italienischen Sprachfassung und deutschem und englischem Synchronton.

Zudem hat man sich die Mühe gemacht Hauptdarsteller Giuliano Gemma und Nebendarstellerin Lorella de Luca (in den Filmcredits unter ihrem Künstlernamen Hally Hammond geführt), Ehefrau des 1994 verstorbenen Tessari aufzusuchen. In einem 20-minütigen Zusammenschnitt geben die Interviews viel Interessantes zur Arbeit am Film wieder. Als weiteres Extra liegt noch der Trailer in deutsch und englisch vor (miese Qualität aber 16:9 codiert) sowie eine Bildergalerie. Die DVD-Verpackung mit Prägedruck ist als aufklappbares Digi-/Kartonpack recht ansehnlich gestaltet, mit Textinfos unterfüttert und jeder Titel der Serie ist zudem nummeriert. Da freut sich der Sammler.

Ordentlicher Euro-Western, der seine Unterhaltsamkeit weniger aus spannenden Momenten als durch seine sehr unterschiedlichen Figuren zieht. Für Genre-Fans.


Text © Markus Klingbeil
VÖ: 30.04.2010

Eine Pistole für Ringo

(Una pistola per Ringo)

ITA/ESP 1965. Farbe. Originalsprache: Italienisch. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 12.05.1965 (ITA) 02.09.1966 (D). Budget: n/a Einspiel: n/a Regie: Duccio Tessari. Buch: Duccio Tessari, Alfonso Balcázar. Screenplay: Duccio Tessari. Kamera: Francisco Marín. Schnitt: Licia Quaglia. Musik: Ennio Morricone. Darsteller: Giuliano Gemma, Fernando Sancho, Lorella De Luca, Nieves Navarro, Antonio Casas, George Martin, José Manuel Martín, Francisco Sanz, Juan Cazalilla.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih