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2007
Bilder © Concorde
**** Ein fliehendes Pferd
rainer kaufmann


Helmut und Sabine Halm (Ulrich Noethen, Katja Riemann) verbringen wie die letzten 12 Jahre zuvor ihre Sommerferien am Bodensee. Doch die Idylle wird gestört als Klaus Buch (Ulrich Tukur), ein alter Bekannter aus Studienzeiten, mit seiner jungen Freundin Helene (Petra Schmidt-Schaller) auftaucht und für gehörig Gefühlschaos sorgt.

Martin Walsers 1978 veröffentlichte Novelle ‚Das fliehende Pferd' ist nicht zum ersten Mal Gegenstand einer filmischen Interpretation. Bereits 1985 wurde die Erzählung fürs Fernsehen aufbereitet. Jetzt gelingt also der Sprung auf die Kinoleinwand und unter der Regie von Rainer Kaufmann kommt es zu einem überaus erfreulichen Resultat, das in der Tat seine Kino-Berechtigung hat. Pfiffige Dialoge vorgetragen von großartig agierenden Schauspielern machen den Film von Beginn an zu einem freudigen Ereignis. Einen der vier Hauptdarsteller hervorzuheben ist kaum möglich, denn jede Figur, jeder Charakter hat seine interessanten Facetten, die sich allmählich entfalten. So wie der Zuschauer die Protagonisten kennen lernt so müssen sich auch die beiden Paare erst einmal aneinander gewöhnen.

Insbesondere der von Ulrich Noethen verkörperte etwas spießige Lehrer für Deutsch und Geschichte hat da so seine Schwierigkeiten diese Eindringlinge in seine Privatsphäre agieren zu lassen. Doch die Erscheinung der jungen Helene, die höchstens halb so alt ist wie er, weckt in ihm verloren geglaubte Emotionen. Da erinnert man sich dann nur zu gerne an die Figur des Lester Burnham in ‚American Beauty' (1999), der durch die attraktive Freundin seiner Tochter aus seiner Lethargie gerissen wird. Und beide Charaktere - sowohl Helmut Halm als auch Lester Burnham versuchen dieser jungen Frau zu imponieren. Der eine, Halm, fühlt sich durch das Interesse von Helene an seiner Person und seinen Hobbys geschmeichelt, der andere, Burnham, nimmt die Begegnung mit Tochters Freundin zum Anlass sein Leben radikal umzukrempeln. Und es ließen sich noch viele Parallelen aufzeigen, die Unlust am Sex mit der eigenen Ehefrau ist da nur ein Beispiel.

Der Reiz der Geschichte liegt eben darin wie die Personen aufeinander reagieren. Und das sie es tun wird schnell klar. Helmut beschäftigt sich mit Helene und Klaus macht Sabine eindeutige Avancen. Die frische Brise, die dieses Aufeinandertreffen hervorruft droht allerdings in einem unangenehmen Sturm zu enden, denn insbesondere Tukurs Figur stichelt in der Vergangenheit, stellt Helmut bloß um ihn aus der Reserve zu locken. Und so entsteht parallel zum Amüsement, das der Betrachter ohne Zweifel geniesst, auch eine unterschwellige Spannung, die sich z.B. bei einem harmlosen Tischtennisspiel plötzlich entlädt. Erotisch-frivole Anspielungen werden einerseits unverhohlen aber auch unschuldig-naiv vorgetragen und enden mitunter in köstlichen Peinlichkeiten. Die Darsteller sind ungemein spielfreudig und ordnen sich bedingungslos den Neurosen ihrer Figuren unter was deren Glaubwürdigkeit fördert. Ulrich Tukur als Lebemann mit teuflischen Verführercharme, Petra Schmitt-Schaller als etwas naive, unbeschwerte mit Natürlichkeit verzaubernde personifizierte Versuchung, Ulrich Noethen als überforderter Schwärmer für die jugendliche Schöne und Katja Riemann, die sich ihrer Faszination für den charismatischen Klaus hingibt.

Die oft in der Kritik stehende Riemann überzeugt nach ihrer Rolle in ‚Das wahre Leben' erneut und ihre mutige Spielweise in ‚Das fliehende Pferd' ist sicher auch mit der Vertrautheit zu Regisseur Rainer Kaufmann zu begründen, der mit Riemann bereits bei einigen anderen Projekten zusammenarbeitete (z.B. Stadtgespräch (1995), Die Apothekerin (1997) oder ‚Long Hello und Short Goodbye (1999)). Die Entdeckung des Films ist aber zweifelsohne die 27-jährige Petra Schmitt-Schaller (die Tochter von ‚Soko Leipzig'-Kommissar Andreas Schmitt-Schaller) von der man sicher in Zukunft noch einiges hören und sehen wird . Martin Walser selbst, der das Projekt von Anfang an begleitete, hat sich übrigens positiv über das Resultat geäußert - auch wenn außer den Motiven nur noch wenige Textzeilen an den Roman erinnern. Sein Urteil: Als Kinofilm gelungen.

‚Ein fliehendes Pferd' ist eine der gelungensten Filmkomödien des Jahres, die mit einer erstklassigen Besetzung, Tragik, Humor und Leichtigkeit überzeugt. Kino aus deutschen Landen das Verstand und Zwerchfell anspricht.
Text © Markus Klingbeil
VÖ: 16.09.2007

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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