Zwei Brüder wollen durch eine Entführung der Stieftochter eines Gangsters 100.000 Pfund erpressen um ihre eigenen Zukunftspläne verwirklichen zu können. Dummerweise durchschaut Papa schnell wer dahintersteckt und auch das Töchterchen wehrt sich mit Händen und Füßen.
Mit dem sehenswerten Drama "London to Brighton" gab der 33jährige englische Regisseur Paul Andrew Williams 2006 ein vielbeachtetes Langfilmdebüt. Ernst, düster und schonungslos porträtierte er das Schicksal einer Prostituierten, die sich mit einem minderjährigen Mädchen auf der Flucht befindet. Beim Folgeprojekt lässt er alle Ernsthaftigkeit beiseite und inszeniert eine bitterböse Gaunerkomödie, die besten britischen Humor und so einige bluttriefende Situationen in die Waagschale wirft. Und bei dieser geschilderten Entführung geht alles schief was nur schief gehen kann. Erinnerungen werden wach an "Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone" (1986) vom legendären ZAT-Team.
Andy Serkis ist David, bekannt als der Mann, der Gollum in der "Herr-der-Ringe"-Trilogie zum Leben erweckt hat. Er braucht sich diesmal nicht hinter einer CGI-Maske zu verstecken sondern muss seine ganze Energie gegen die Dummheit seiner Komplizen, die Zähmung einer widerspenstigen Geisel und den Tötungswahn eines irren Killers einsetzen. Wer mit Amateuren arbeitet, der zieht Ärger magisch an, dabei war doch alles exzellent geplant und das Lösegeld so gut wie in der eigenen Tasche. Theoretisch. Denn einige Faktoren erweisen sich als unberechenbar. Und die Summe aller gleicht einem Desaster das nicht aufzuhalten ist.
Da wäre zum einen Davids Bruder Peter (Comedian Reece Shearsmith, League of Gentlemen), ein Weichling, der sich von seiner Frau herumkommandieren lässt und als bedrohlicher Krimineller ein Totalausfall ist. Oder Komplize Nummer zwei, der Stiefbruder der Entführten, der die Liebenswürdigkeit in Person ist und wohl "treudoof" zu seinem Lebensmotto auserkoren hat. Variable Nummer 3 - das Opfer selbst. Ein attraktives, vorlautes Blondchen, Tracey (Jennifer Ellison), die mit Schimpfwörtern nur so um sich schmeißt und scheinbar Gangster-Daddys Cleverness und Abgebrühtheit übernommen hat. Da sehen die Entführer schon bald sehr alt aus.
Mit Witz und Schwung serviert uns Williams seine Gaunergroteske, die fabelhaft besetzt ist und durch eine ideenreiche Inszenierung begeistert. Denn aus dem anfänglichen Kammerspiel in einem abgelegenem Landhaus entsteht eine Fluchtsituation, die sich über Wiesen und Äcker zu einem Bauernhof erstreckt, der schon bessere Zeiten gesehen hat. Verhalten sich dann auch noch Einwohnern des angrenzenden Dorfes merkwürdig und warnen vor nächtlichen Ausflügen, ja dann haben wir offiziell die Genregrenze zum Horrorfilm überschritten. Da wird dann genüsslich in Klischees gebadet und mit frecher Schnauze und irrwitzigen Situationen gekontert.
Die Mischung aus Komödie und Horror inklusive derb-blutiger Effekte ist in den letzten Jahren regelmäßig in Filmen aus unserem nördlichen Nachbarland zu sehen. An die Zombiefilmhommage "Shaun of the Dead" (2004) kommt zwar auch Williams Beitrag nicht heran, doch bleibt immerhin mehr Spaß und Abwechslung als in Christopher Smiths "Severance - Ein blutiger Betriebsausflug" (2006) oder Jake Wests Männerwochenende mit unfreiwilligem Aderlass in "Doghouse" (2009). Kürzlich hat auch der Deutsche Andreas Schaap mit dem Low-Budget-Streifen "Must Love Death" seine Liebe für die amerikanischen Horrorfilme verarbeitet. Resultat eher unbefriedigend.
Dass "The Cottage" so gut funktioniert liegt auch mit an der stimmungsvollen musikalischen Untermalung der einzelnen Szenen, die eine gehörige Bandbreite zwischen Ironie, Lockerheit, Ernsthaftigkeit und Spannung vermittelt. Verantwortlich dafür ist Laura Rossi, die bereits mit Williams bei einem seiner Kurzfilme und seinem Langfilmdebüt zusammenarbeitete.
DVD (Pathé, Code 2, PAL, 87 min)
Die britische DVD bietet eine hübsch animierte Menüführung mit vielen Extras. Der Film selbst wird im anamorphen 2.35:1-Format präsentiert. Tonspur ist DD5.1 Englisch. Das Bonusmaterial ist reichhaltiger als das der deutschen und amerikanischen DVD von Sony. Wer also zusätzlich ein Making of und den Audiokommentar des Regisseurs will, dem bleibt keine Wahl als zur UK-Disc zu greifen. Ostereier gibt es auch zu suchen. Außerdem noch deleted scenes, Outtakes, Cast & Crew Biographien, Photogalerie und Originaltrailer.
Diese schwarzhumorige, kurzweilige Komödie aus Großbritannien lohnt sich. Wer allerdings eine Aversion gegen Kunstblut hat, der sollte diesen Film lieber meiden.