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2006
Bilder © Arsenal Filmverleih
***** Couscous mit Fisch
abdellatif kechiche


Slimane Beiji (Habib Boufares) hat die 60 schon überschritten aber noch lange nicht genug vom Arbeitsleben im Hafen vom südfranzösischen Sète. Doch seine Arbeitskraft ist nicht mehr gefragt und es gibt immer weniger für ihn zu tun. Also beschließt er seinen Traum in die Realität umzusetzen. Ein Restaurant auf einem Boot, einem alten etwas maroden Kahn, den er sein eigen nennt. Städtische Bürokratie und familiäre Spannungen drohen aber sein Unterfangen scheitern zu lassen.

Es gibt sie noch: Filme, die nachwirken und noch lange im Gedächtnis verweilen. Filme, die durch ihre Geschichte, durch ihre Erzählweise, durch ihre Natürlichkeit überzeugen, weil sie eine fast verlorene Glaubwürdigkeit vermitteln. Auch wenn es mitunter schmerzhaft ist die Geschehnissen als Beobachter zu begleiten. ‚4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage' ist so ein Film. Oder ‚Tuyas Hochzeit'. Und ‚Couscous mit Fisch' gehört auch dazu. Letztes Jahr lief der Film bereits bei den Französischen Filmtagen in Stuttgart-Tübingen und hatte als Abschlussfilm in Stuttgart leider nicht die Publikumszahl, die er verdient hätte. Um so schöner, dass ‚La Graine et Le Mulet' (Originaltitel) jetzt ins Kino kommt und die einen sich ein zweites Mal daran erfreuen und die anderen dieses Filmjuwel erst entdecken können. Regisseur Abdellatif Kechiche erzählt die Geschichte eines älteren Mannes, der ein Ziel hat und sich mit allen seinen Kräften dafür einsetzt, mit einer alltäglichen, ja fast beiläufigen Herangehensweise, die den Betrachter schnell gefangen nimmt, weil jede Künstlichkeit fehlt.

Und damit riskiert er den Drahtseilakt, ein aufmerksames, geduldiges Publikum zu fordern, und nicht mit einer hektischen Dramaturgie die ersten Akzente zu setzen. Die Bilder, die die Kamera einfängt sind auf den ersten Blick unspektakulär, weil sie den Alltag einer Einwandererfamilie mit ihren verschiedenen Generationen einfängt. Sie essen zusammen, sie trinken zusammen, sie lachen zusammen, sie verletzen die Gefühle des anderen, sie sind eifersüchtig, sie sind eine große Familie. Kechiche entfaltet damit die vertrauten Dynamik eines Personenverbundes. Andererseits legt er durch die Detailgenauigkeit bei der Porträtierung der vielen verschiedenen Charaktere mehrer Schichten frei. Facetten, die unbekannt, neu erscheinen und damit eine ungeahnte Spannung schaffen, die sich bis zum finalen Akt steigert.

2 ½ Stunden Zeit nimmt sich der 1960 in Tunis geborene Regisseur um seine Geschichte zu erzählen und das ist die Stärke des Films. Dadurch dass er sich Zeit nimmt die Szenen ausspielen zu lassen und auf optische Tricks oder komplizierte Kamerabewegungen verzichtet wird man nicht abgelenkt vom Wesentlichen und kommt nicht umhin sich in die Handlung hineinziehen zu lassen, starke Sympathien oder Vorbehalte einzelnen Charakteren gegenüber zu empfinden. Dass dies so bravourös gelingt hat der Film einer wunderbaren Besetzung zu verdanken, die zum großen Teil aus Laiendarstellern besteht. Wenn man denn jemanden hervorheben möchte, dann wären das sicher die von Habib Boufares und Hafsia Herzi gespielten Slimane und Rym. Slimane ist müde, er hat sein halbes Leben geschuftet, braucht aber noch eine Selbstbestätigung, weil er nicht wirklich zufrieden ist was er geleistet hat, was er für andere, für seine Familie getan hat.

Rym, die Tochter seiner Lebenspartnerin, gibt ihm als erste den nötigen Halt und die volle Unterstützung für sein Restaurantprojekt, hilft ihm bei der Projektplanung, bei den mitunter komplizierten Behörden- und Bankgängen. Die ohnehin schon vorhandene Vertrautheit ist in diesen Momenten besonders stark zwischen den beiden und Rym wie eine Tochter von Slimane. Die alleinstehende Mutter von Rym, die ein kleines Hotel am Hafen besitzt, und Rym selbst werden von Slimanes Familie, insbesondere von seinen bereits erwachsenen Töchtern argwöhnisch, fast feindselig betrachtet und als Bedrohung für den starken Familienverbund eingestuft. Verschiedene Aspekte wie kulturelle Unterschiede und Herkunft spielen ebenso eine Rolle in der Dramaturgie wie die Frage nach dem Zusammenhalt, wenn Hilfe benötigt wird. Die Handlungen der verschiedenen Personen werden dabei gekonnt und plausibel miteinander zu einem schlüssigen Ganzen verwoben und kulminieren dann in einer alles entscheidenden Nacht, deren Gelingen darüber entscheidet ob Slimane seinen Traum verwirklicht oder nicht. In Frankreich wurde ‚Couscous mit Fisch' mit mehreren Preisen (César) ausgezeichnet.

COUSCOUS MIT FISCH ist ein wunderbar natürlicher Film, der die belohnt, die sich Zeit nehmen und sich mitreißen lassen vom abwechslungsreichen Alltag einer munteren Familie. Ein Juwel des Erzählkinos !

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 27.08.08

Filmtitel

(Originaltitel)

Land Jahr. Farbe o. s/w. Originalsprache: n/a. Länge: n/a Min. Bildverhältnis: n/a Kinostart: n/a (USA) n/a (D). Budget: n/a Mio. USD Einspiel: n/a Mio. USD (USA) Regie: n/a. Buch: n/a. Screenplay: n/a. Kamera: n/a. Schnitt: n/a. Musik: n/a. Darsteller: n/a.
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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih