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2012
Bilder © X-Verleih/ Warner Bros.
** Cloud Atlas
tykwer/wachowski/wachowski


Verschiedene Schicksale werden über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten begleitet und werfen den Betrachter in ein Bildgewitter verschiedener Genre.

Im Vorfeld hieß es „unverfilmbar“. Keines der großen Produktionsstudios wollte das zunächst veranschlagte Budget von 170 Mio. US-Dollar aufbringen um die Vision dreier Filmemacher ins Kino zu bringen (offiziell spricht man jetzt von 100 Mio. USD, die aus verschiedenen unabhängigen Quellen abseits des Studiosystems stammen). Worum geht’s ? Um den 2004 veröffentlichten Roman-Bestseller „Cloud Atlas“ (Dt. Wolkenatlas) von dem Briten David Mitchell, der durch seine unkonventionelle Erzählstruktur eine Verfilmung zur großen Herausforderung machte. Tom Tykwer und die Wachowski-Geschwister haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie interessante Geschichten erzählen und gleichzeitig ein Mainstreampublikum bedienen können. Tykwers letzter großer Hollywoodfilm, der Thriller „The International“ (2009), spielte allerdings gerade mal die Produktionskosten ein. Die Wachowskis wagten sich nach der „Matrix“-Trilogie mit einem 120-Mio-Dollar-Budget an „Speed Racer“ (2008), einer verunglückten Realversion einer Anime-Serie, und gingen an den Kinokassen sang- und klanglos unter. Damit war das damalige Produktionsstudio Warner Bros. natürlich nicht zufrieden und wollte das Risiko nicht nochmal eingehen. Stattdessen sicherte man sich diesmal nur die Vertriebsrechte für 20 Mio. USD.

Gemeinsam mit Tykwer wollen die Wachowskis nun wieder visionäres Kino liefern und unsere Sehgewohnheiten durch einen Husarenritt vom Jahre 1849 bis ins Jahr 2346 herausfordern. Dafür hat man eine illustre Gruppe an Hollywoodprominenz (Tom Hanks, Susan Sarandon, Hugh Grant und Halle Berry) um sich geschart, die in den verschiedenen Episoden z.T. bis zur Unkenntlichkeit maskiert in verschiedenen Rollen und Geschlechtern (!) auftreten. Alles beginnt mit Tom Hanks, der die Eingangsworte als alter Mann nuschelt. Und dann sind wir schnell mittendrin in einem Mischmasch der Genres. Ob Sci-fiction, Abenteuer, Politthriller, Komödie oder Drama - als Zuschauer wird einem nichts erspart, nicht einmal der Kehlenschnitt bei rauen postapokalyptischen Grabenkämpfen (der verirrte Arthaus-Fan schreckt vielleicht jetzt auf). Dazu viele mehr oder weniger gelungene Verkleidungen der Darsteller mit falschen Nasen, ja die Nasen, und anderem Make-Up, das grotesk, teilweise auch sorglos aufgetragen oder einfach schlecht wirkt/ aussieht. Kaum zu glauben aber die Schauspieler wussten zum Teil gar nicht wer sich hinter der Maske des Mitspielers befand erklären Hanks & Co. in belustigenden Interviews. Ein Erkennungssuchspiel als Zugabe zum Kinoticket.

Sechs Jahresdaten, sechs Geschichten, sechs Schicksale werden hier stückchenweise, bunt gemischt, präsentiert. Das ist problematisch, weil eben keine chronologische Reihenfolge beim Erzählen der Geschichten besteht und man als Zuschauer immer wieder aus den Episoden herausgerissen wird, wenn man sich gerade hineingefunden hat, wenn es interessant wird. Z.B. in der Welt der Zukunft mit seinen Klon-Kellnerinnen, die Menschlichkeit, Liebe entdecken aber das nicht dürfen oder wenn wir zurückspringen ins Jahr 1973, in dem Halle Berry als Journalistin Atomkraftschweinereien aufdeckt und von Matrix-Veteran Hugo „Agent Smith“ Weaving gejagt wird. Vielleicht doch lieber die Tragödie um einen Komponisten und sein Werk, einen Schriftsteller, der unmenschliches an Bord eines Sklavenschiffs erlebt ? Oder soll es ein unfreiwilliger Aufenthalt im Altersheim sein ? Es mag jeder seine Lieblingsepisode finden, denn eine Auswahl bietet sich ja an. Dieses hin-und hergezappele, dieser Versuch allen Geschichten gleichermaßen gerecht zu werden und einen Reinkarnationsstrang aus Menschlichkeit zu flechten wird aber zum immer größer werdenden Ärgernis. So werden dann nach einer Stunde und dem Blick auf die Uhr die restlichen 112 Minuten zwar zum schön bebilderten Anblick, aber nette visuelle Ideen retten dieses langatmige Genrehopping mit Geschichten, die inhaltlich weniger ergiebig sind als zunächst gedacht, letztlich doch nicht.

Alles ist irgendwie verbunden im Leben will man uns sagen, doch hier haben sich die Macher übernommen und es nicht geschafft zu dieser These ein durchgängig interessantes Programm zu liefern, das unterhält, bewegt und im Gedächtnis hängen bleibt. Was aber bleibt ist ein teurer (u.a. mit deutschen Fördermitteln finanzierter) Flop, der gutes Sitzfleisch von der undefinierbaren Zielgruppe einfordert.


Text © Markus Klingbeil
28.10.2012

Cloud Atlas

D/USA/HK/SGP 2012. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 172 min. Bildverhältnis: 2.35:1 Kinostart: 26.10.2012 (USA) 15.11.2012 (D). Budget: 100 Mio. USD Einspiel: n/a Regie: Tom Tykwer, Andy Wachowski, Lana Wachowski. Drehbuch: Tom Tykwer, Andy Wachowski, Lana Wachowski. Romanvorlage: David Mitchell("Cloud Atlas"). Kamera: Frank Griebe, John Toll. Schnitt: Alexander Berner. Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek, Tom Tykwer. Darsteller: Tom Hanks, Halle Berry, Jim Broadbent, Hugo Weaving, Jim Sturgess, Susan Sarandon, Hugh Grant, Bae Doo-na, Zhou Xun, Keith David, Ben Whishaw, James D'Arcy.
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