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2009
Bilder © 20th Century Fox
** Avatar - Aufbruch nach Pandora
james cameron


2154. Ein querschnittsgelähmter Ex-Marine (Sam Worthington) heuert bei einem Großkonzern an und bekommt den Job seines verstorbenen Zwillingsbruders. Die Reise führt ihn zum fernen Planeten Pandora. Dort soll er einen Avatar , eine künstliche Kreatur, eine real existierende Körperhülle, die vom menschlichen Bewusstsein gesteuert wird, bedienen. Er wird auf eine Undercover-Mission geschickt: Ziel ist es das Vertrauen des dort lebenden primitiven Volkes der Na'vi zu gewinnen um einen wertvollen Rohstoff auf deren Planeten abbauen zu können. Plan B wäre dann der militärische Einsatz.

Sam Worthington ist ein Name, den die wenigstens Zuschauer wohl vorher gekannt haben. Vorher, das heißt vor dem apokalyptischen Sci-fi-Actionstreifen "Terminator - Die Erlösung", der im Sommer diesen Jahres in den Kinos lief. Dabei hat der 33jährige Australier schon in interessanten, kleineren Filmen wie "Macbeth", "Dirty Deeds" und "Somersault - Wie Parfum in der Luft" mitgespielt. Jetzt also unter der Regie vom oscargekrönten "Titanic"-Regisseur James Cameron zu sehen, demnächst dann in der Schlachtenplatte "Kampf der Titanen".

Worthingtons Karriere läuft wie geschmiert und wenn das so weitergeht, dann wird man auch seinem Namen nicht mehr mit Achselzucken und ungläubigem Gesicht begegnen. Bisher konnte er sich in seinen Hollywoodproduktionen aber schauspielerisch nicht beweisen und dazu gehört auch seinen Auftritt in "Avatar". Denn sein Regisseur James Cameron, bekennender 3D-Film-Enthusiast, kümmert sich mehr um optische Reizüberflutung als um eine interessante Geschichte. Die wirkt vielmehr zusammengeklaut aus Vorbildern wie "Der mit dem Wolf tanzt", "Jurassic Park", "Herr-der-Ringe" und "Star Wars".

Cameron wollte sein Sci-fi-Märchen eigentlich schon im Anschluss an "Titanic" (1997) drehen, doch war man damals mit der Entwicklung der Spezialeffekte nicht so weit und außerdem wären die Kosten für das Projekt ins unermessliche gestiegen. Wir erinnern uns, dass auch George Lucas mit der Realisierung seiner zweiten Star-Wars-Trilogy wartete bis die Entwicklung der gewünschten Computereffekte so weit war um ihn zufrieden zu stellen. Die 230 Millionen US-Dollar (oder mehr), die Cameron hier nun verpulvert sieht man schon auf der Leinwand, denn mehr als die Hälfte der Filmlänge wird der Zuschauer mit photorealistischen Bildern beglückt.

Wir erfahren von dem Stamm der Na'vi, die sozusagen ihr Zelt ausgerechnet dort aufgeschlagen haben wo die Quelle eines wertvollen Rohstoffs ist, den die Menschen für ihre eigene kaputte Erde gut gebrauchen können. Also schickt man eben den Ex-Marine Jack Sully (Worthington) mit der erfahrenen Wissenschaftlerin Dr. Grace Augustine (Sigourney Weaver, Aliens) zum Verhandeln hin, doch das Vertrauen muss erst erarbeitet werden. Da auf Pandora nicht genug Sauerstoff in der Atmosphäre vorhanden ist nutzt man die Hülle eines aus DNA der Na'vis und des Menschen geklonten Hybridwesens, das durch das Bewusstsein des Menschen gesteuert wird. Statt drei Jahre wie der Bruder hat Jack aber nur wenige Monate um sich mit seinem Alter Ego anzufreunden.

Dazu liegt der Steuermann bzw. die Steuerfrau auf einer speziellen Pritsche, die so aussieht als hätte man sie aus dem Solarium entwendet. Rollstuhlfahrer Sully läuft also als Avatar in der farbenprächtigen Dschungelwelt herum, freundet sich mit der Tochter des Klanchefs der Na'vis an, lernt Sprache und Sitten des Volkes und jagt mit Pfeil und Bogen. Das Prinzip der gedanklichen Steuerung kennen wir bereits aus dem Bruce-Willis-Thriller "Surrogates - Mein zweites Ich". Dort allerdings kommt es dank krimineller Energie zum unschönen Ereignis, dass man selber auch stirbt, wenn der Surrogate stirbt. Bei Cameron nennt der sich eben Avatar und wenn sich der Mensch abstöpselt um mal einen Happen zu essen, dann fällt die geklonte Marionette einfach um. Diesen Umstand einem primitiven Volk wie den Na'vis zu erklären ist ein Ding der Unmöglichkeit. Auch wenn sie die Sprache der Menschen besser sprechen als man erwartet.

Äußerst vorhersehbar entfaltet sich die Geschichte also, zeigt gierige Kapitalisten, deren Augen beim Anblick eines Rohstoff-Klumpens so leuchten wie die von Dagobert Duck, wenn er als Goldgräber ein Nugget findet. Und wir sehen quasi die Fortsetzung des auf Zerstörung gepolten Militärs aus Michael Bays Transformers unter dem Kommando eines fast schon zur Karikatur mutierten Colonels, der mit zwei fiesen Narben im Gesicht entschlossen Bäume fällt. Und damit bekommt die Geschichte auch ihren politisch korrekten Öko-Touch, denn Cameron hält uns den Spiegel vor wie wir nicht mit der Natur umgehen dürfen.

Insbesondere wenn ein Volk, das aussieht wie eine in den blauen Farbtopf gefallene Kreuzung aus afrikanischen und amerikanischen Ureinwohnern (auch Raubkatzencharakteristika sind mit im Genpool versammelt), ja wenn dieses Volk einfach nur in Frieden gelassen werden will. Eine Störung der traditionellen Rituale und Raubbau im heiligen Land mit hoch in den Himmel ragenden Bäumen und Wurzeln, die wichtige Verbindungslinien sind, ist nicht ok. Findet dann auch Soldat Sully, der gerne mit dem Flugdrachen unterwegs ist, mit der Häuptlingstochter abhängt und es genießt via Avatar wieder laufen zu können (Höhepunkt der Verbrüderung ist dann seine persönliche "Independence-Day"-Ansprache").

Actionszenen bekommt der Zuschauer auch genug sehen. Cameron ist kein Mann, der auf leisen Sohlen daherkommt. Und er will ja auch zeigen, was er die letzten vier Produktionsjahre so getrieben hat. Ob Roboter oder schweres futuristisches Kriegsgerät, ob riesige Flugdrachen in Angriffsformation oder der gute alte Schuss mit Pfeil und Bogen. Zum Ausklang des Jahres bekommen wir noch einmal akustisch was auf die Ohren. Dies und ein visuelles Erlebnis wird dem einen oder anderen wohl auch reichen für einen unterhaltsamen Abend. Die Neugier wurde ja bereits flächendeckend bei den ersten Schnupperminuten vom Film vor drei Monaten entfacht. Und das begleitende Computerspiel steht schon jetzt in den Verkaufsläden.

Was bleibt nach Ansicht des über die Maßen gehypten und von manchen schon als Meisterwerk ausgerufenen Sci-Fi-Werkes ? Die Optik stimmt und führt uns in märchenhafte Umgebungen, die einfach toll aussehen. Und der 3D-Effekt wirkt, verleiht dem Raum greifbare Tiefe auch wenn Cameron hier nicht selbstzweckhaft vorgeht wie Patrick Lussier in "My Bloody Valentine". Doch die große Enttäuschung ist, dass Cameron sich nicht um eine interessante Geschichte bemüht und uns mit altbekannten Versatzstücken abspeist, die langweilen. Style over substance nennt man das im englischen. Als Pionier in Sachen neuer filmischer Instrumentarien wird der 55jährige Kanadier seinem Ruf wieder gerecht. Sein Kino-Comeback als Filmemacher ist misslungen.

Text © Markus Klingbeil
VÖ: 14.12.2009

Avatar - Aufbruch nach Pandora

USA 2009. Farbe. Originalsprache: Englisch. Länge: 162 Min. Bildverhältnis: 1.78:1 (IMAX) 2.35:1 Kinostart: 18.12.2009 (USA) 17.12.2009 (D). Budget: 230 Mio. USD Einspiel: - Regie: James Cameron. Buch: James Cameron. Kamera: Mauro Fiore . Schnitt: John Refoua, Stephen E. Rivkin. Musik: James Horner Darsteller: Sam Worthington, Zoe Saldana, Sigourney Weaver, Stephen Lang, Michelle Rodriguez, Giovanni Ribisi, Joel Moore, Dileep Rao.

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© Layout, Text: Markus Klingbeil, Bilder: Filmverleih